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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4
Autoren: Marion Chesney
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abzuholen. Der Butler
hatte ihm aber eisig erklärt, daß Miss Daphne nicht zu Hause sei und Ihre
Ladyschaft nicht empfange. So war er alleine ins Theater gefahren, wo er
mißgestimmt auf und ab wanderte, bis er sicher war, daß Daphne nicht dort war.
    Er wünschte
von Herzen, daß er Watier's nie betreten hätte. Und als er, weil er sich
beobachtet fühlte, direkt in die wütenden bernsteinfarbenen Augen von Mr.
Garfield blickte, wünschte er es noch mehr.
    Mr. Garfield
lehnte sich über den Tisch, nahm Mr. Archers Weinglas und schüttete es ihm ins
Gesicht.
    »Warum
haben Sie das getan?« schrie Mr. Archer und wischte sich über das Gesicht.
    »Mir
gefällt Ihre Weste nicht, Sir«, sagte Mr. Garfield. »Sie beleidigt das Auge.«
    Die Spieler
um den Tisch machten keine Bewegung. Mr. Garfields kalte Wut hatte etwas so
Schreckliches an sich, daß niemand seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte.
Und Mr. Archer hatte keine Freunde.
    Mr.
Garfield ging um den Tisch herum, packte Mr. Archer am Kragen und stellte ihn
grob auf die Füße. »Ich hätte wissen sollen, daß es eine ›Lady‹ wie Sie
nicht wagt, mich zum Duell zu fordern«, spottete er.
    Mr. Archer
brach der kalte Schweiß aus. Das letzte, was er wollte, war jemanden zu
fordern, am wenigstens Mr. Simon Garfield.
    »Sie sind
betrunken!« brachte er kläglich hervor.
    »Dann
lassen Sie uns an die frische Nachtluft gehen. Kommen Sie ohne Aufhebens mit,
oder muß ich sie hinaustragen?«
    Mit einem
fast weiblichen Aufschrei klammerte sich Mr. Archer an den Tisch und krallte
seine langen Nägel in den grünen Filz. »Hilfe!« schrie er.
    Die
Klubdiener kamen gerannt.
    Mr.
Garfield sah sie eiskalt an, nahm seine Hand von Mr. Archers Kragen und schlug
ihm mit der Faust aufs Kinn. Mr. Archer fiel über den Tisch.
    »Schon
wieder betrunken«, sagte Mr. Garfield kopfschüttelnd. »Ich muß ihn
heimbringen.«
    Er blickte
sich in der Runde um. »Ich bin überzeugt davon, daß keiner vorhat«, sagte er
mit seidenweicher Stimme, »mich davon abzuhalten, meinen Freund Mr. Archer
heimzubringen.«
    Die Spieler
räusperten sich, die Würfelbecher wurden wieder geschüttelt, und die Diener
zogen sich zurück.
    Mr.
Garfield schwang sich Mr. Archer über die Schulter und verließ den Club.
    Mr. Archer
erlangte allmählich das Bewußtsein wieder. Als er die vertraute Umgebung seiner
Wohnung sah, war er zuerst ungeheuer erleichtert. Dann merkte er, daß er nicht
allein war. Er lag auf seinem Sofa, und Mr. Garfield blickte auf ihn herab.
    »Töten Sie
mich nicht«, jammerte Mr. Archer und versuchte aufzustehen.
    »Ich werde
Sie nicht töten, so gern ich es auch täte«, sagte Mr. Garfield. »Mein lieber
Freund, Sie werden jetzt eine lange Reise machen. Sie werden jetzt auf die
Grand Tour gehen. Sie haben es gewagt, Miss Daphne mit einem Skandal zu
drohen. Ausgerechnet Sie! Was, wenn London von dem Gespielen erführe, den Sie
vor ein paar Jahren gehabt haben? Darauf steht die Todesstrafe. Ich könnte Sie
den Behörden übergeben.«
    »Davon
können Sie doch nichts wissen. Er starb am Fieber. Es gibt keine Beweise.« Mr.
Archer war weiß bis in die Lippen.
    »Nein, aber
es gibt die Waffe des Klatsches, und ich werde nicht zögern, sie gegen Sie
einzusetzen, wenn Sie innerhalb der nächsten zwei Stunden London nicht verlassen
haben. Ich habe Ihren Dienern gesagt, daß Sie verreisen. Ihre Koffer sind
gepackt.«
    »Ich geh'
ja schon. Ich geh' ja schon. Schlagen Sie mich nicht wieder«, stammelte Mr.
Archer.
    »Gut. Sagen
Sie mir nur noch eins, Mr. Archer, warum wollte jemand wie Sie heiraten?«
    Mr. Archer
ließ den Kopf hängen. Eine große Träne fiel auf den Holzfußboden.
    Mr.
Garfield hatte plötzlich Mitleid mit ihm. »Sorgen Sie nur dafür, daß Sie morgen
nicht mehr hier sind«, sagte er ruhig. »Die phantastische Geschichte, die Sie
über Mr. Armitage unter die Leute bringen wollten, entbehrt jeder Grundlage.
Sie haben also keine Waffen mehr.«
    Er machte
auf dem Absatz kehrt, verließ die Wohnung und ging die Treppe hinunter.
    Draußen
stand er einer dichten Nebelwand gegenüber.
    Ein
Taschentuch vor den Mund gepreßt, tastete sich Mr. Garfield vorsichtig durch
die Straße, während Mr. Archer zitternd mit verschränkten Armen auf seinem Sofa
saß und auf die Schritte lauschte, die sich in der Nacht verloren.

Achtes
Kapitel
    Mr.
Garfield ging durch
den Nebel, bis er in den Hanover Square einbog. Es war nach Mitternacht, aber
immer noch tasteten sich Kutschen im dichten Nebel
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