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Daphne - sTdH 4

Daphne - sTdH 4

Titel: Daphne - sTdH 4
Autoren: Marion Chesney
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mit den bösen Geistern unter dem Himmel.‹«
    Sir Edwin
rieb sein Lorgnon am Ärmel blank und musterte dann Hochwürden. »Du klingst wie
ein verdammter Radikaler«, sagte er.
    Der Pfarrer
ließ es sich nicht verdrießen. » ›Gehorchen ist besser als opfern‹«,
sagte er, als ob es sich um ein Gespräch handelte, » ›und zuhören ist besser
als das Fett von Schafböcken.‹ «
    »Was zum
Teufel ist mit dir los?« wollte Sir Edwin schlechtgelaunt wissen. »Bist du an
den Kommunionswein gegangen?«
    »Nein«,
sagte der Pfarrer zornig. »Ich meide Alkohol. Ich verabscheue Tee.«
    »Ausgezeichnet«,
bemerkte Sir Edwin boshaft. »Ichhabe gerade ein Faß erlesenen Portwein aus der
Stadt bekommen und wollte dir ein Glas anbieten, aber jetzt erübrigt sich das wohl.«
    Das linke
Augenlid des Pfarrers zuckte.
    »Josephine
endlich an einen Squire gebracht«, sagte er auf seine alte Art.
    »O ja, ein
sehr schätzenswerter Mann. Der Verkauf deiner Meute und deiner Pferde hat in
der Grafschaft große Aufregung verursacht, Charles. Ich wundere mich, daß du es
fertigbringst, dich von ihnen zu trennen. Hast du nicht das Gefühl, du nimmst
die Religion ein bißchen zu ernst?«
    »Es ist
meine Aufgabe, sie ernst zu nehmen«, schnauzte der Pfarrer. »Ich bin ein
Gottesmann.«
    »Und welchem
Umstand haben wir das Vergnügen dieses Besuchs zu
verdanken?« fragte Sir Edwin.
    »Deine
Töchter sind nicht bei der Beichte gewesen.«
    »Oh, na,
na! Wirklich, Charles, du gehst zu weit. Sie gehen schon zur Beichte, wenn sie
wollen. Es ist uns allen ganz gutgegangen unter deinem Kooperator, Mr.
Pettifor. Er ist sanft und anspruchslos. Wir sind es in Hopeworth nicht
gewöhnt, uns von einem Methodisten züchtigen zu lassen.«
    »Ich bin
kein Methodist«, brüllte der Pfarrer, »und wenn ich nicht so ein guter Mensch
wäre, würde ich dich dafür zum Duell fordern. «
    »Ach,
verschwinde aus meinem Haus«, sagte sein Bruder, der es satt hatte, »und komm wieder,
wenn du dich beruhigt hast.«
    Der Pfarrer
stapfte wütend aus dem Herrenhaus und machte sich auf den Weg nach Hause. Er
hatte vor, den Rest des Nachmittags über der Bibel zu verbringen. Bald saß er
gemütlich in seinem Studierzimmer und las im Evangelium des hl. Markus. Mit
zornigem Angesicht bewegten sich seine Lippen zu den Worten: »Denn von innen,
aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Dieberei,
Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, List, Schwelgerei, Mißgunst, Lästerung, Hoffart,
Unvernunft. All diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den
Menschen unrein.«
    »Wahr.
Furchtbar wahr«, murmelte der Pfarrer mit düsterer Befriedigung.
    Die Tür zu
seinem Studierzimmer öffnete sich knarzend, und seine Tochter Diana stand auf
der Schwelle. Ihre wilde Mähne war vom Wind zerzaust, ihre weit geöffneten
Augen funkelten trotzig in dem schmalen Gesicht mit den hohen Backenknochen.
    »Hat Daphne
etwas zu dir gesagt?« wollte sie wissen.
    »Nein,
meine Liebe«, sagte der Pfarrer zuckersüß.
    »Dann gibt
es keine Hoffnung«, sagte Diana und ließ sich müde in einen abgewetzten
Ledersessel vor dem Schreibtisch fallen. »Komisch! Daphne war immer die Brave,
und doch habe ich gedacht, sie würde es irgendwie fertigbringen, daß du deine
Meinung änderst.«
    »Über was?«
    »Darüber,
daß ich auf die Jagd gehe.«
    »Es tut mir
leid, mein armes Kind. Ich habe dich in Sünde und Übel erzogen. Ich habe vor,
dieses furchtbare Laster zu verkaufen.«
    »Hör mit
diesem Unsinn auf!« schrie Diana. »Hör sofort auf, ich sag's dir. Weißt du
eigentlich, wie heuchlerisch du daherredest? Weißt du, was du tust? Du
verkaufst eine der besten Meuten von England stückweise. Du terrorisierst die
Gemeindemitglieder mit deinen markerschütternden Predigten. Du treibst die
Leute aus der Kirche.«
    Sie senkte
ihre Stimme und stützte einen Ellenbogen auf den Schreibtisch. Dabei schaute
sie ihren Vater aus hellwachen, wilden Augen an. »Hör zu, Vater. Einmal hast du
mich ein Weilchen mit dir gehen lassen, oben auf der Anhöhe über Hopeworth.
Kannst du dich noch erinnern? Es war vor zwei Jahren. Wir sind den Weg mit den
tiefen Furchen hinaufgegangen; der Tag brach an, und der purpurrote Himmel
färbte sich golden; wir haben auf die Bauernhäuser und den Fluß, aus dem der
Frühnebel stieg, hinuntergeschaut. Erinnerst du dich an die goldenen
Buchenwälder im frühen Sonnenschein, an das gelbe Laub über den moosbewachsenen
Wurzeln? Und die Erregung. Wie die
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