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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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Gleiche gilt für den E-Bass.«
    Â»Es gibt viele Bands mit einer Drummerin oder Bassistin.«
    Â»Ich weiß, aber über die rümpft er auch die Nase. Über das Saxofon, das meine dritte Wahl gewesen ist, eigentlich auch, aber da hat meine Mutter eingegriffen und ihm klargemacht, dass er seinen Kindern nicht im Weg stehen darf, indem er nur nach seinen Interessen geht. Da hat er nachgegeben. Ihr Hauptargument war dabei aber, dass Klavier und Sax gut miteinander harmonieren. Max spielte Klavier und mein Vater steht auf Ragtime und Jazz. Da konnte er nichts mehr einwenden.«
    Â»Spielst du denn gerne?«
    Natalie nickt. »Inzwischen könnte ich mir nichts Passenderes mehr vorstellen. Ich kann damit unheimlich gut ausdrücken, was ich gerade fühle. Nur aus dem Zusammenspiel mit Max wurde nicht viel. Nach der ersten Begeisterung als Kind spielte er nur noch unseren Eltern zuliebe, außer wenn er sich unbeobachtet fühlte und einfach so herumklimpern konnte.«
    Â»Habt ihr an Wettbewerben teilgenommen?«
    Â»Max nicht. Da hat er sich immerhin doch mal durchgesetzt. Er ging zum Unterricht bei irgendeiner alten Schreckschraube, aber zu Wettbewerben ließ er sich nie hinreißen. Er wäre auf der Bühne wahrscheinlich zusammengebrochen vor Aufregung.«
    Â»Und du?«
    Natalie öffnet die Lippen um zu antworten, doch im selben Moment nimmt sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und schreckt auf. Eine Gruppe Fußballfans mit Schals und Trikots in den Farben ihres Lieblingsvereins wandert grölend auf den Platz zu und verteilt sich auf die freien Bänke um den Springbrunnen.
    Â»Komm hier weg«, sagt Natalie, hebt ihre Füße aus dem Wasser und klaubt ihre Jacke, Schuhe und Strümpfe auf. »Das halte ich jetzt nicht aus. Gehen wir irgendwo was Trinken?«

    4.
    Noch ehe Jonathan antworten kann, klingelt Natalies Handy.
    Â»Meine Mutter«, erklärt sie ihm nach einem Blick auf das Display. »Ich geh kurz ran.«
    Sie entfernen sich vom Springbrunnen, erst nach der Straßenecke kann Natalie die Hand von ihrer Ohrmuschel nehmen, mit der sie versucht hat, die Stimmen der Fußballfans abzuschirmen.
    Â»Wo bleibst du nur so lange?«, hört sie ihre Mutter mit gedämpfter Stimme fragen. »Hast du nicht gesagt, du würdest nur kurz mit dem jungen Mann rausgehen, der am Nachmittag an der Tür war? Jetzt ist schon Abendbrotzeit und du meldest dich nicht.«
    Â»Entschuldige«, antwortet sie. »Wir haben uns ein bisschen verquatscht. Ich war so lange nicht mehr einfach so draußen.«
    Â»Aber so viel ich mitbekommen habe, kennst du den jungen Mann doch kaum, Natalie. Nicht, dass dir auch noch was passiert.«
    Im Hintergrund hört sie die Stimme ihres Vaters.
    Â»Ihr müsst euch keine Sorgen machen. Jonathan ist total in Ordnung. Darf ich nicht noch ein bisschen bleiben?«
    Â»Wo bist du denn überhaupt? Doch nicht etwa bei ihm zu Hause?«
    Natalie verdreht die Augen. »Wir gehen einfach nur spazieren und reden«, berichtet sie. »Es ist tolles Wetter und er tut mir gut.« Mehr kann sie nicht sagen, in sich spürt sie den Impuls, aufzubrausen und sich zu wehren gegen die Sorge ihrer Mutter, die sie auch jetzt als übertrieben empfindet; am Tonfall des Vaters hört sie heraus, wie er verlangt, sie solle auf dem schnellsten Wege nach Hause kommen, es sei keinesfalls zu viel verlangt, wenn die Tochter sich gerade jetzt ein wenig an die Regeln des Familienlebens halte.
    Familienleben. Eine Familie ohne Max ist eine andere Familie als die, die es vorher gegeben hatte.
    Â»Ich komme nach Hause«, verspricht sie ihrer Mutter. »Nur eine Stunde noch, oder zwei. Es geht mir gut, wirklich. Ihr könnt auch schon schlafen gehen.«
    Minutenlang starrt sie vor sich hin, nachdem sie aufgelegt hat. Schlafen gehen. Was für ein absurder Vorschlag, wo sie doch weiß, dass die Mutter seit dem Tod ihres Sohnes nur noch mit starken Beruhigungsmitteln überhaupt in ein paar kurze Stunden unruhigen Schlummers fällt. Den Vater hört sie nachts oft durch die Wohnung tigern, über das Parkett im Wohnzimmer, jeden Schritt hört sie, wenn sie selbst nicht einschlafen kann. Sie will noch nicht, nicht wieder diese Schritte hören, jetzt noch nicht. Noch nicht zurück. Noch nicht fort von Jonathan, nicht von dem Beginn einer vorsichtig aufschimmernden neuen Zeit.
    Sie streifen weiter durch die Stadt, der
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