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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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bemerkt Jonathan. »Natürlich nur, wenn es dir recht ist.«
    Â»Ich weiß nicht, ob es ein Porträt von mir gibt«, erwidert Natalie. »Gezeigt hat er mir keines, jedenfalls nicht in letzter Zeit. Eines hat er mir mal geschenkt, als ich dreizehn war und er fünfzehn. Da hatte ich gerade ziemlich kurze, bunt gefärbte Haare, die fand er lustig. Klar kannst du das Bild irgendwann sehen.«
    Sie biegen in eine Seitenstraße ein und entdecken ein kleines italienisches Restaurant, vor dem nur drei Tische stehen; einer wird gerade frei. Jonathan nimmt Natalies Hand und beeilt sich, den Tisch zu ergattern. Als der Kellner die Speisekarte bringt und Natalie einen Blick darauf wirft, zuckt sie zusammen; hier war Max mit Annika, schießt es ihr durch den Kopf, vor ein paar Wochen erst, hinterher wirkte er unruhig und durcheinander, als ob er etwas klären wollte, aber nicht zum Zuge kam. Sie hält sich den Kopf.
    Jonathan bestellt eine Portion Bruschetta zum Teilen und zwei Cola. Nach einer richtigen Mahlzeit ist beiden nicht zumute.
    Â»Wenn Max so gut zeichnen konnte«, beginnt Jonathan vorsichtig von Neuem, sobald die Gläser vor ihnen stehen und der Kellner sich wieder entfernt hat, »wollte er das nicht später auch beruflich machen? Es gibt ja viele Möglichkeiten in dem Bereich.«
    Natalie spürt, wie erneut die Wut in ihr hochkocht, obwohl sie weiß, dass Jonathan nichts dafür kann. Obwohl er so behutsam, fast unnatürlich sensibel mit ihr umgeht, obwohl er weder sie noch Max jemals vorher gesehen hat. Er ist auch nicht anders als alle Leute, denkt sie; immer dieses Gerede über Max’ Begabung, oooh, so fantastische Bilder, aber als er jemanden gebraucht hat, der ihn wirklich ermutigt, mehr daraus zu machen, war niemand da und jetzt ist es zu spät. Sie stößt einen verächtlichen Laut aus.
    Â»So wie du, oder wie?«
    Jonathan blickt verdutzt. »Wie ich? Was meinst du damit? Ich studiere Kunst, ja klar. Ist doch normal, dass man sich das aussucht, was einem am meisten liegt, oder?«
    Â»Normal.« Natalie beugt sich vor, starrt auf die Tischplatte und dreht ihr Glas hin und her. »Sicher ist das normal. Für jemanden wie dich vielleicht. Wie du da schon sitzt mit deinem langen Zopf und den alternativen Klamotten, gehören die überhaupt dir oder hast du sie ganz spontan von jemandem aus deiner WG geliehen, weil du so schön unangepasst und außergewöhnlich bist?«
    Â»Was soll das denn jetzt?« In Jonathans Stimme schwingt Ärger mit, aber auch Verblüffung. Er blickt an sich herunter und schüttelt den Kopf. »Natürlich sind das meine, und was die WG betrifft: Ich wohne alleine, seit meine Freundin vor drei Wochen ausgezogen ist. Du bist nicht die Einzige, der es mies geht.«
    Natalie atmet tief durch und winkt ab. »Schon gut«, lenkt sie ein. »Das wusste ich nicht. Es tut mir leid. Vielleicht sollte ich besser nach Hause gehen, bevor ich den Abend ganz verderbe.«
    Aber im selben Moment kommt der Kellner und bringt den kleinen Imbiss. Sobald der Duft nach geröstetem Brot, Tomaten und Knoblauch zu ihr aufsteigt, spürt sie Appetit und nimmt sich eine der Scheiben.
    Â»Wir müssen nicht weiter darüber reden«, sagt Jonathan, und sie hört, dass er noch verwirrt und verletzt ist. So soll dieser Abend nicht enden, denkt sie, aber sie spürt jetzt auch die Anstrengung des langen Spazierganges, es ist das erste Mal seit dem Unfall, dass sie so lange zu Fuß unterwegs war, zur Schule geht sie noch nicht wieder, da die Sommerferien vor Kurzem begonnen haben. Die Kopfschmerzen drohen unerträglich zu werden, sie sehnt sich jetzt doch danach, sich auf ihrem Bett auszustrecken und den Nacken nicht mehr aufrecht halten zu müssen, es war eindeutig zu viel heute, aber vielleicht kann sie besser schlafen, so müde, wie sie jetzt ist. Durchschlafen, erfrischt aufwachen. Dieses Gefühl kennt sie schon gar nicht mehr. Vielleicht würde es ihr etwas Zuversicht verleihen, wenigstens für ein paar Minuten.
    Auch Jonathan nimmt sich eine Bruschetta und beißt hinein; er hat schöne Hände, denkt Natalie. Leicht gebräunt und mit hervorschimmernden Sehnen, die Nägel gepflegt, es würde ihr guttun, wenn er über den Tisch nach ihrer Hand greifen würde und sie halten, sachte über ihre Finger streichen. Aber er tut es nicht, berührt nur sein Stück Brot und danach
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