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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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setzt und mit der Hand über die Stirn reibt. Es ist so schwer, für alle, so schwer und wird nicht leichter, egal wie viel Zeit vergeht. Erst ein paar Wochen sind seit Max’ Tod vergangen. Der Vater hat eine leere Umzugskiste in die Mitte des Raumes gestellt und öffnet Max’ Kleiderschrank, irgendwann müssen sie anfangen, es hilft nichts, weiter so zu tun, als käme der Sohn jeden Moment zur Tür herein. Seine Frau hatte gesagt, es sei ihr noch zu früh.
    Natalie geht durch den Flur zur Wohnungstür, drückt auf den Summer und lauscht, ob von unten jemand die Treppe hoch kommt oder nur Reklame in die Briefkästen im Eingangsbereich verteilt wird.
    Es kommt jemand, junge Schritte, die glatt von Max stammen könnten. Aber Max kommt nicht, Max kommt nie mehr nach oben, nie mehr nach Hause, und bei diesem Gedanken schießen sofort wieder Tränen in Natalies Augen wie seit seinem Tod immer wieder. Ihr Blick fällt in den Spiegel an der Flurgarderobe, ich sehe aus wie ausgespuckt, denkt sie, die Augen erloschen; meine und Mamas sind mit denen von Max gleich mit erloschen. Es ist so schlimm, so schlimm. Es gibt keine Worte dafür und keine Gedanken, nur Fetzen davon, die immer wieder von selbst in einem zähen Brei kreisen, den sie kaum umrühren kann, sie kommt nicht weiter, es kommen immer nur Tränen. Aber jetzt nähern sich die Schritte auf der Treppe, sind auf der Etage angekommen, Max’ bester Freund Paul kann es auch nicht sein, der liegt noch im Krankenhaus. Natalie linst durch den Türspion, wer ist denn das, sie kennt den Typen nicht, es ist keiner aus der Schule, sie tupft sich mit ihrem zerknüllten Papiertaschentuch über die Augen, seit Max’ Tod hat sie immer eines in der Hosentasche, ihre Lider fühlen sich entzündet an, sie kann es nicht ändern. Der Fremde zieht den Messingring hoch, der die Klingel an der Wohnungstür auslöst, Natalie öffnet, sieht ihn fragend an, spricht keinen Gruß aus. Erst mal soll er sich erklären.
    Â»Hi«, beginnt er, Natalie sieht, dass ein entschlossener Ausdruck in seinem Gesicht einem erschrockenen, verlegenen weicht, unwillkürlich tritt er einen halben Schritt zurück. »Ich wollte eigentlich meine Sachen abholen, die ich ersteigert habe. Vielleicht passt es gerade nicht, aber so langsam will ich die jetzt mal haben. Bezahlt habe ich sie schließlich gleich. Vor über drei Wochen.«
    Â»Was für Sachen?« Natalie verzieht das Gesicht. »Ich hab dich noch nie gesehen, und bei uns versteigert auch niemand was. Klingel mal bei den Nachbarn, vielleicht wissen die mehr.« Schon will sie die Tür schließen und ihn stehen lassen, doch der junge Mann reagiert schnell und setzt seinen Fuß auf die Schwelle.
    Â»Ich bin hier richtig«, beteuert er und zieht ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Jackentasche, faltet es auseinander und zeigt es ihr. »Das hier ist der Ausdruck von der Auktion. Mal- und Zeichenutensilien wegen Hobbyaufgabe zu versteigern, ich war Höchstbietender mit 37,36 Euro. Das Geld habe ich sofort online überwiesen; wenn du willst, zeige ich dir auch den Kontoauszug.«
    Natalie reißt ihm den Ausdruck aus der Hand, starrt darauf. Starrt auf das Foto, sieht Maximilians Ölkreidestifte, seine Acryl- und Aquarellfarben, die Radiergummis und Bleistifte, seine Blöcke in verschiedenen Größen, zwei kleinere Leinwände auf Keilrahmen. Alle Sachen liegen unverkennbar auf seinem Schreibtisch, und ganz unten steht es auch: Verkäufer Maximilian Rothe, Bamberger Straße 10.
    Â»Max hat seine Malsachen verkauft?«, fragt sie trotzdem, mehr sich selbst als ihn. »Sorry, das wusste ich nicht.« Sie schüttelt den Kopf, starrt noch einmal auf das Blatt, dann geht ein Ruck durch ihren Körper, sie blickt wieder auf und gibt es ihm zurück.
    Â»Und es geht auch gar nicht«, sagt sie. »Tut mir echt leid, aber … du kannst die Sachen nicht haben.«
    Â»Wieso nicht?« Der Käufer hat noch immer seinen Fuß in der Tür. »Sie gehören mir, und da dieser Maximilian weder das Paket losgeschickt noch auf E-Mails reagiert, geschweige denn mir das Geld zurücküberwiesen hat, wollte ich die Sachen jetzt abholen. Er kann froh sein, dass ich den Fall nicht im Portal gemeldet habe. Noch nicht.«
    Â»Trotzdem rücke ich sie nicht einfach raus. Geh doch in einen Laden für Künstlerbedarf und
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