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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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hol dir was Neues, wenn du so dringend was brauchst. Max ist tot, er kann dir die Sachen nicht geben.«
    Â»Tot?« Der junge Mann reißt die Augen auf. »Ach so, deshalb … das konnte ich nicht ahnen, das tut mir leid, also … dann ist es klar, dass er nicht antworten kann, wenn er … nein, das klingt zu makaber. Entschuldige, dagegen ist diese blöde Auktion natürlich völlig unwichtig, auch das mit dem Geld, also Schwamm drüber, so viel war es ja nicht, du hast jetzt ganz andere Sorgen, aber das wusste ich nicht, ehrlich, ich geh dann mal jetzt.«
    Natalie nickt.
    Â»Wer ist denn da an der Tür?«, ruft ihre Mutter aus Max’ Zimmer, und Natalie denkt, dass sie jetzt bloß nicht herkommen soll und noch weniger ihr Vater, keiner von beiden, sie würden den jungen Mann sofort wegschicken, der Vater mit harten, unfreundlichen Worten, die Mutter überfordert, und Natalie will auch nicht mehr zu ihnen in Max’ Zimmer, das eilt doch alles nicht, sie erträgt die Enge darin nicht und auch nicht, wie Stück für Stück von Max’ Sachen abgebaut werden, in Kartons verpackt, in Säcke für die Altkleidersammlung gelegt, oder willst du damit mal zum Flohmarkt gehen, Natalie, du kaufst doch selber manchmal da, auch wenn du das weiß Gott nicht nötig hättest. Nein, will sie nicht.
    Â»Ist für mich«, ruft sie in die Wohnung und hofft, dass ihre Mutter es damit gut sein lässt , nicht weiter drängt und dass auch ihr Vater nicht auf irgendwelchen Prinzipien beharrt, von wegen es sei Trauer im Haus und jeglicher Besuch von Natalies jungen Leuten unangemessen.
    Der junge Mann begreift, nimmt seinen Fuß von der Schwelle, bleibt aber stehen. Natalie betrachtet ihn, weiß plötzlich nicht mehr, was sie sagen soll, aber eigentlich wirkt er nicht unsympathisch, er muss nicht sofort gehen, so war das nicht gemeint. Sie stellt fest, dass er einen offenen, freundlichen Blick hat mit seinen hellen Augen, die blau sind oder grau, seine langen Haare hat er in der Mitte gescheitelt, nicht mit dem Kamm sondern nur irgendwie, auch nicht besonders gründlich gebürstet, hinten hat er sie zu einem Zopf gebunden. Seine Lederjacke, die irgendwann vielleicht mal cognacbraun gewesen ist, stammt sicher auch vom Flohmarkt, dazu trägt er eine rostrote Baumwollhose und beigefarbene Sneakers, ein verwaschenes Shirt. Kein übler Typ, wirklich nicht. Kein gelackter Affe wie Paul.
    Â»Bist du Max’ Freundin?«, fragt er leise, und auf einmal begreift Natalie, dass er zu einer neuen Zeit in ihrem Leben gehört, der Zeit nach Max’ Tod, er kennt ihn nicht und wird ihn nie kennenlernen, er ist erst danach aufgetaucht, steht plötzlich hier vor der Tür und hat keine Ahnung, keine Ahnung von Max und was Natalie gerade durchmacht.
    Â»Seine Schwester«, erläutert sie knapp und deutet auf die Halskrause, die sie seit dem Unfall tragen muss. »Ich hab überlebt, sogar nur leicht verletzt, aber er …« Sie spürt wieder die aufsteigenden Tränen, nicht jetzt, nicht jetzt. Sie atmet tief durch. Vielleicht ist es gut, mit ihm zu reden, rauszugehen und einfach diesem Fremden alles zu erzählen. Die kreisenden Fragen, den zähen Brei, der aber allein durch den Grund seines Kommens schon ein wenig flüssiger geworden ist. Dann war es doch Selbstmord. Wenn Max vorher seine Malsachen ins Netz gestellt hat, war es Selbstmord. Sonst hätte er das nie gemacht, nie.
    Â»Wenn du jetzt lieber allein sein willst …«, sagt er und wendet sich schon zum Gehen, aber Natalie hält ihn am Jackenärmel fest.
    Â»Nein«, flüstert sie, räuspert sich und strafft ihren Körper, versucht sich zu fangen. »Vielleicht gebe ich dir die Sachen doch mit. Aber erst will ich wissen, zum wem sie kommen. Ob Max das gewollt hätte, dass sie bei dir landen. Wenn ich kein gutes Gefühl habe, kannst du es vergessen, das sag ich dir gleich. Wir können ein bisschen rausgehen, wenn du noch Zeit hast.« Sie langt hinter sich an die Garderobe und tastet nach ihrer Jacke, aus Leder wie seine, nur schwarz statt hellbraun, schwarz wie alles, was sie trägt, immer schon, die Trauer um Max macht da keinen Unterschied. Dann will sie nach draußen treten und die Tür hinter sich zu ziehen, doch jetzt ist er es, der sie aufhält.
    Â»Sag deinen Eltern Bescheid, dass du weggehst.«
    Natalie blickt ihn verwundert an, tut aber, was
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