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Dann mach ich eben Schluss

Dann mach ich eben Schluss

Titel: Dann mach ich eben Schluss
Autoren: Christine Fehér
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erst ewig gemeldet und gewartet, bis die Lehrerin sich mal herablässt, mich dranzunehmen.«
    Â»Kann ich mir vorstellen. Du bist ja jetzt noch eine kleine Rebellin.« Jonathan zwinkert ihr zu.
    Â»Manchmal riefen die Lehrer nachmittags bei uns an, um sich zu beschweren. Vor allem meinem Vater war das furchtbar unangenehm, aber das hat er den Lehrern nicht gezeigt.«
    Â»Sondern?«
    Â»Er hat mich verteidigt. Das Gute war ja, ich habe nie schlechte Noten nach Hause gebracht, und dagegen konnten die Lehrer nichts sagen. Sonst hätte ich vielleicht richtig Stress haben können.«
    Â»Du bist also immer genau das, was dein Bruder nicht ist«, schlussfolgert Jonathan.
    Â»Meine Eltern fingen irgendwann an, mir Max als Vorbild hinzustellen. Warum bist du nicht wie er, Max hat noch bessere Noten und macht nie Ärger, sei nicht immer so renitent. Ich musste mich abgrenzen, sonst hätte ich das Gefühl gehabt, wir verschwinden beide.«
    Â»Was meinst du damit?«
    Â»Max hat immer versucht, unseren Eltern alles recht zu machen. Wenn sie sonntags mit uns einen Ausflug machen wollten, stieg er ins Auto und fuhr mit, obwohl ihm jedes Mal so schlecht wurde, dass er am Ziel noch auf dem Parkplatz kotzte. Mit mir hätten sie das nicht machen können. Ich habe so lange gemosert, bis ich zu Hause bleiben und mit meinen Freunden spielen durfte – oder einen von ihnen mitnehmen, um nicht vor Langeweile zu sterben. Genug Platz im Auto hatten wir ja.«
    Â»Max hat sich übergeben, und trotzdem musste er immer wieder mit?«
    Â»Meine Mutter fand irgendwann ein homöopathisches Mittelchen, damit wurde es etwas besser. Also fuhr er weiter mit.«
    Â»Oft genug hätte er bestimmt lieber gemalt.«
    Â»So ist es. Aber er wollte nicht, dass sie sauer auf ihn sind. Also dachten sie, es sei alles wieder in Ordnung. Und so war es immer. Max war der gute Junge, hatte überall Einsen, lernte Klavier, ging in den Ruderverein und zum Tennis, alles vorzeigbar. Er half hier und da mal im Haushalt mit oder wenn mein Vater das Auto von innen sauber machte … wer sollte da auf die Idee kommen, dass es ihm nicht gut ging? Beklagt hat er sich nie.«
    Plötzlich sieht sie Jonathan an, muss sich räuspern.
    Â»Was ist?«, fragt Jonathan.
    Â»Hast du wirklich so viel Zeit, dir das alles anzuhören? Ich komme mir gerade so komisch vor … wir haben uns noch nie gesehen, und jetzt sitzen wir hier am Springbrunnen und ich labere dich mit meinem Zeug voll. Warum machst du das?«
    Â»Wenn es dir unangenehm ist, musst du nicht weiterreden.«
    Â»Ist es nicht.« Sie schüttelt heftig den Kopf. »Aber du machst das alles, nur damit ich die Sachen rausrücke, die sowieso dir gehören … ich geb sie dir schon. Nur im ersten Moment war ich geschockt, weil ich nicht wusste, dass Max sie versteigert hat.«
    Â»Im Augenblick kann ich mir noch nicht vorstellen, sie zu benutzen. Es beginnt gerade, sich so anzufühlen, als hätte ich ihn gekannt. Außerdem mag ich es nicht, nur Small Talk zu reden. Und du bist mir sympathisch, Zeit hab ich auch … passt schon.«
    Â»Mir kommt es auch so vor, als ob wir uns länger kennen als erst ein paar Stunden.«
    Â»Aber sag Bescheid, wenn du nach Hause musst.«
    Â»Du weißt nicht, wie ungern ich zurzeit dort bin. Was willst du hören?«
    Â»Mehr über dich.«
    Â»Ich bin nicht geheimnisvoll«, weicht sie aus. »Ich sage immer, was ich denke, Geheimnisse habe ich kaum. Typen wie Max sind interessanter. Aber die werden kaum beachtet.«
    Â»Für mich bist du interessant.« Jonathan sieht sie an, sein Blick ist so intensiv, so voller Wärme, dass ihr einen Moment lang schwindlig wird. »Du hast eine Tiefe, die ich kaum von anderen Mädchen kenne, du ziehst dich außergewöhnlich an, und du spielst ein Instrument, das auch nicht alltäglich für Mädchen ist.«
    Â»Das Saxofon?« Natalie lacht, hört selbst, dass es ein wenig bitterer klingt als beabsichtigt. »Eigentlich wollte ich Schlagzeug lernen. Aber da war mit meinem Vater nicht zu reden.«
    Â»Als überarbeiteter Top-Manager will er vielleicht keine Schießbude im Haus, auf die du jeden Tag stundenlang eindrischst.«
    Â»Das hätte ich ja noch verstanden, aber es war nicht der Grund. Schlagzeug ist kein Instrument für ein Mädchen, das ist seine Meinung, und ich hatte mich danach zu richten. Das
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