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Daemonenhunger

Daemonenhunger

Titel: Daemonenhunger
Autoren: Timothy Carter
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Hinsicht niemand das Wasser reichen. Seit Beginn des Schuljahres hatten Vincents Eltern ihn bereits auf sage und schreibe drei Weltuntergangskundgebungen geschleppt, und er hatte sich jedes Mal zu Tode gelangweilt.
    Immerhin – was die Vorbereitung des Projektes anging, hatte sich Vincent nicht gerade überarbeiten müssen. Wenn etwas im Hause der Familie Drear im Überfluss vorhanden war, dann Weltuntergangspamphlete. Nur aus diesem und keinem anderen Grund empfand Vincent heute der Familienreligion gegenüber eine gewisse Nachsicht. Da sich alle förmlich überschlagen hatten, um ihm bei seinem Projekt unter die Arme zu greifen, war ihm reichlich Zeit geblieben, Big Tom zu helfen.
    »Ach du Schreck, da kommt die Jury«, zischte Big Tom. »Was soll ich jetzt machen?«
    Vincent verdrehte die Augen. Tom war zwar ein guter Freund, aber leider nicht gerade das hellste Licht.
    »Wenn sie dir Fragen stellen, wirfst du einfach einen Blick auf meine Notizen.« Er tippte nachdrücklich auf den Papierstapel auf Big Toms Tisch. »Und wenn sie eine kleine Demonstration sehen möchten, gießt du Essig auf das Backpulver.«
    »An den Teil kann ich mich noch ganz gut erinnern«, sagte Big Tom und griff hastig nach der Essigflasche. »Es ist bloß … du hilfst mir ein bisschen, ja?«
    »Na klar«, erwiderte Vincent. »Entspann dich. Das ist nur ein Schülerforum.«
    »Schon«, gab sein Freund zurück. »Aber ich will unbedingt den ersten Preis holen.«
    »Das schaffst du sowieso nicht«, erklärte Vincent. »Ebenso wenig wie ich. Natürlich gewinnt Barnaby Wilkins, das ist doch jedes Jahr so.«
    Darauf fiel Big Tom keine Antwort ein. Beide warfen einen Blick auf den Tisch in der Mitte der Turnhalle und das dazugehörige Riesenplakat mit der Aufschrift: »Regierungsverschwörung«. Hinter dem Tisch stand ein langer, sportlich wirkender Junge in Khakihosen, Polohemd und Sweatshirt mit V-Ausschnitt. Er sah zwar nicht aus wie der klassische Schulrüpel, aber die beiden Freunde wussten nur zu gut, dass in diesem Fall der Schein trog.
    Barnabys Beitrag bestand aus einer Diashow, die auf zwei Laptops zugleich ablief, mit Soundeffekten und einem Sprecher, dessen Stimme aus riesigen Lautsprechern dröhnte. Die bombastische Begleitmusik allerdings war für Vincents Geschmack des Guten eindeutig zu viel.
    Obendrein hatten sich Barnabys Leibwächter Bruno und Boots auf beiden Seiten des Tisches einschüchternd aufgebaut. Sie trugen schwarze Anzüge und Sonnenbrillen und gaben gelegentlich Sätze wie »Normalerweise halten wir diese Informationen unter Verschluss« oder »Du hast genug gesehen« von sich.
    »Jedenfalls weiß er, wie man so was aufzieht, das muss man ihm lassen«, sagte Vincent seufzend.
    Barnabys Vater, Francis Wilkins, war reich. Vielleicht nicht gerade steinreich, aber er besaß auf jeden Fall mehr als genug und noch ein bisschen dazu. Er gehörte zu den Topmanagern von Alphega, einem der größten und profitabelsten Großkonzerne weltweit, und er wurde unverschämt gut bezahlt. Jahr für Jahr scheute er keine Ausgaben, um die Projekte seines Sohnes zu unterstützen. Die anderen Kinder waren deswegen ziemlich neidisch, doch die Jury geriet vor Begeisterung jedes Mal aus dem Häu schen.
    »Na, was haben wir denn da?«, sagte einer der Preisrichter, als die Gruppe vor Big Toms Tisch stehen blieb. Er war klein, verschwitzt, hatte eine Glatze und verströmte einen leichten Käsegeruch.
    »Das ist … also mein Projekt beschäftigt sich mit Vulkanen«, erklärte Big Tom.
    »Aha, das soll also einen Vulkan darstellen?«, äußerte ein weiterer Preisrichter und klopfte leicht auf das Pappmache. »Und ich dachte, das wäre ein Schornstein.« Er war groß, dünn und hatte auch nicht mehr viele Haare. Außerdem waren seine Brillengläser so dick, dass sie seine Augen eulenhaft vergrößerten.
    »Das ist ein Vulkan«, erklärte Vincent mit fester Stimme und funkelte ihn böse an.
    »Zu dir kommen wir gleich noch, junger Mann«, sagte der Preisrichter, der nach Käse roch.
    Das dritte Jurymitglied, eine Frau, wandte sich nun ebenfalls an Tom. »Deiner Ansicht nach werden also Vulkane unsere Erde vernichten, richtig?« Sie sah aus wie eine überdimensionierte Birne: schmaler Oberkörper, mächtige Schenkel und ein ausladendes Hinterteil. Sie hatte viel zu viel Make-up aufgelegt, und ihre langen Finger ähnelten Spinnenbeinen.
    »Ah, ja … genau. Das ist mein Projekt«, bestätigte Big Tom mit einem panischen Seitenblick auf seinen
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