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Daemonenhunger

Daemonenhunger

Titel: Daemonenhunger
Autoren: Timothy Carter
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Bruder kramte hastig zwischen etlichen »Sag ja zu Akne«-Tafeln und Schildern mit der Aufschrift »Das Fitnessstudio – ein Blendwerk des Teufels«, bis er das Richtige für den heutigen Abend gefunden hatte. Er wählte drei Schilder aus und hatte sie im Kofferraum verstaut, noch ehe Vincent und sein Vater die Haustür erreichten.
    »Gegen welchen Film wollt ihr denn protestieren?«, fragte Vincent, als sie eintraten.
    »Er handelt von einem Jungen, der zaubern kann«, erwiderte sein Vater und ging hinter ihm die Kellertreppe hinunter.
    »Aha«, sagte Vincent. »Dann stehen eure Chancen nicht schlecht. Die anderen Gruppen haben nämlich nach dem vierten Teil das Handtuch geworfen.«
    »Wir hätten deine Hilfe gut gebrauchen können«, fuhr sein Vater unbeirrt fort. »Aber dir fehlt es eindeutig am rechten Geist. Ich kann nur beten, dass die Erleuchtung bis zum Freitag über dich kommen möge.«
    Vincent schwieg. Er hatte bereits einen Plan ge schmiedet und wollte auf keinen Fall, dass ihm sein Va ter dazwischenfunkte, indem er ihn womöglich nicht in die Kapelle einschloss.
    »Kann ich nicht wenigstens noch einen Happen essen?«, fragte er.
    »Auf gar keinen Fall«, tönte es zurück. »Das Fasten wird deinem Geist guttun.«
    »Meinem Bauch aber nicht«, grummelte Vincent, während sein Vater ihn in die Kapelle schob.
    »Das reicht jetzt.« Die Flügeltüren fielen lautstark hinter ihm zu. »Fang an zu beten. Hoffentlich erweist dir das Triumvirat Gnade.«
    Lediglich ein Altar stand in dem kleinen, fensterlosen Raum. Die Wände waren kahl, der Boden bestand aus nacktem Beton, und die Tür war von außen mit einem mächtigen Vorhängeschloss gesichert. Prediger Impwell hatte seine Glaubensbrüder und -Schwestern dazu ermutigt, sich eigene Kapellen zu bauen. »Ihr werdet sie brauchen, wenn das Ende aller Zeiten gekommen und es sogar für Mitglieder des wahren Glaubens zu gefährlich ist, sich ins Freie zu wagen«, hatte er gesagt. Bis dieses Ende aller Zeiten nahte, ließ sich der Raum ausgezeichnet zur Disziplinierung unartiger Kinder verwenden.
    Vincent kniete auf dem kalten Betonboden nieder und senkte fromm den Kopf, als würde er beten. Kurz darauf ließ sein Vater das Vorhängeschloss zuschnappen und lief hastig die Treppe hoch.
    Vincent wartete zur Sicherheit, bis er den Wagen auf die Straße einbiegen hörte, dann ging er ans Werk.
    Er hatte die vielen Stunden in der Kapelle nicht um sonst abgesessen, sondern eine Menge dabei gelernt. Et wa konnte er sich stundenlang mit Gedankenspielen beschäftigen und fürchtete sich nicht mehr im Dunkeln. Inzwischen schlief er mühelos auf dem harten Untergrund ein, und er traute sich einiges zu.
    Die wichtigste Erkenntnis dieser vielen Stunden bestand jedoch in der Entdeckung, dass das Vorhängeschloss zwar nahezu unzerstörbar war, die Türflügel sich jedoch mit Leichtigkeit aushängen ließen. Die Tür saß nämlich ziemlich locker in den Angeln. Ein tüchtiger Schubs genügte, und sie rutschte heraus.
    Fachmännisch packte Vincent die Tür an Griff und Unterseite. Er wusste inzwischen längst, dass er nur einen Flügel auszuhängen brauchte, der sich dann, zusammen mit dem zweiten, wie eine ganz normale Tür aufschieben ließ. Vincent drückte den rechten Flügel vorsichtig nach oben, bis er aus der Angel glitt. Er öffnete die Tür, trat in den Keller und schloss sie von außen.
    Tadellos. Vier Stunden unbeschwerter Freiheit lagen vor ihm. Er hätte alles Mögliche unternehmen können, und normalerweise wäre er losgezogen und hätte es sich bei Big Tom gemütlich gemacht.
    An diesem Abend jedoch musste er unbedingt mit jemandem über das sonderbare Geschöpf reden, das er auf dem Schülerforum der Wissenschaft gesehen hatte. Big Tom kam nicht in Frage, der konnte ihm keine Antwort auf seine Fragen geben, und seine eigenen Eltern ebenso wie sein Bruder Max schieden ebenfalls von vornherein aus.
    Damit blieb nur eine Person übrig, an die er sich wenden konnte. Vincent hastete die Stufen hoch, griff eilig nach seiner Jacke und war auch schon zur Haustür hinaus. Fünf Minuten später stand er vor dem Bungalow von Chanteuse Sloam.
    Wie erwartet saß Chanteuse noch in derselben Haltung auf dem Rasen. Auf seinem Schulweg, der an ihrem Haus vorbeiführte, hatte er sie schon häufig beim Meditieren beobachtet. Autofahrer veranstalteten bei ihrem Anblick nicht selten Hupkonzerte oder riefen ihr Gemeinheiten zu, was sie jedoch zu Vincents Bewunderung nicht aus der Ruhe
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