DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Riesentruck oder Monstertruck fahren. All die Mädchen, was war eigentlich immer mit denen los? Pferde erinnerten mich an abgelegte Träume. Reiten war für mich desillusionär, da sich Frauen mit der Tätigkeit des Reitens immer nur abfanden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits erahnten, dass sie niemals ausreichend Geld verdienen würden, um sich ein eigenes geiles Auto finanzieren zu können. Die Anführer von Motorradbanden waren in der Regel auch männlich. Das nervte!
Die Mädchen schraubten ihre Ansprüche also immer weiter runter, bis nur noch ein Pferd darunter passte und ergaben sich einer rosa Traumwelt, in der sie andere Langhaarige liebevoll pflegten, kämmten und bis zur totalen Erschöpfung ausführten. Für mich war das die totale Opferung und die Eltern bezahlten sogar auch noch dafür. Immerhin hatten die Mädchen in dieser Welt noch die Chance die Beste zu werden, indem sie lernten, wie sie andere Frauen unterdrücken konnten. "Stutenbissigkeit" nannte man das. Die Chancenungleichheit riss schon früh tiefe Wunden in die jungen Mädchen, die dann von den Eltern nur notdürftig mit Pferdepflastern geflickt werden konnten. Pferde waren einfach der Mikrokosmos der Depression. Ich hatte diese Tatsache damals nur verstanden, weil ich zeitlebens nie geritten bin und diese ewigen Erschütterungen doch bestimmt ganz schön aufs Gehirn gegangen sein mussten!
Pferdehaltung ist für mich auch heute noch ein schwieriges Thema. Ein Pferd passt zwar größentechnisch exzellent in eine dreißig Quadratmeter Altbauwohnung im dritten Stock, ohne Aufzug, und daran ist rein gar nichts auszusetzen, aber ein bisschen ist ein Pferd immer auch wie ein ziemlich schwerer Pflegefall: Haare bürsten, untenrum säubern, ab und zu ausführen und bei Bedarf in die Badewanne heben. Nur ist dieser Pflegefall leider ziemlich aggressiv und ein potenzieller Killer, was mit der Altenpflege von ehemaligen SS-Mitgliedern zu vergleichen sein muss. Wahrscheinlich fühlt sich der Job dann auch gar nicht mal so richtig an, denn man weiß ja schließlich wen man da gerade pflegt. Das ist bei Pferden auch so.
Die Augen von Pferden scheinen sehr eng zu stehen, obwohl sie an unterschiedlichen Seiten des schier endlosen Kopfes lose befestigt sind. Ihr trüber Blick ist durch den Hass, den ein solches Tier in sich trägt, manchmal so stark verengt, dass unter ungünstigen Umständen tödlicher Laser entstehen kann. Man fragt sich in Gegenwart der bedrohlichen Schlachtschiffe ständig: Wenn die Mafia immer nur Pferdeköpfe in Betten legt, wo liegt dann eigentlich der Rest? Hängen sich Pferde auch Poster von kleinen Mädchen in den Stall? Und warum ist das Pferd überhaupt ein "stolzes" Tier? Was sind die genauen Auflagen, um diesen wertenden Titel tragen zu dürfen? Gibt es eine internationale Kommission, die darüber entscheidet? Im Telefonbuch findet sich jedenfalls keine Telefonnummer von "Adjektive für Tiere - die Kreativagentur". Und selbst wenn ich die entsprechenden Kriterien finden würde, wäre mein Druckertoner vermutlich wie immer leer.
Jemand sollte eine Art Bausparvertrag erfinden, bei dem man nach Jahren der Einzahlung von Kleinstbeträgen irgendwann in der Lage ist, sich einen neuen Druckertoner zu leisten, ohne seine Nieren dafür verkaufen zu müssen. Das wäre sozial. Aber wie das so ist, die besten Ideen werden nie umgesetzt und dabei hätte ich doch gerne ein kontroverses Thema für die Nagetier-Debattierabende mit meinem Zwergkaninchen, bevor ich mich kurz vor Weihnachten von seinem köstlichen Körper emotional distanzieren muss.
Also, man betritt nichtsahnend die eigene Wohnung, greift mit seinen plumpen Händen an die gewohnte Wandposition und ZACK, plötzlich ist es taghell und natürlich ist man nie wirklich auf das vorbereitet, was sich nun dem Auge in allen Details schonungslos drapiert anbiedert: die sichtbar gewordene Depression. Fleischgewordene Möbelunfähigkeit. Unaufgeräumt, unordentlich und irgendwie auch ein bisschen zu viel gescheitert für einen Mitteleuropäer mit Ende Zwanzig. Das Leben richtet gnadenloser ein als
Tine Wittler
, aber immerhin macht es sich bei der Arbeit nicht heimlich am Kühlschrank zu schaffen und wird von den Nachbarn nicht gesehen, wenn es die Wohnung betritt.
In einer perfekten Welt würde ich ausschließlich mit Männern oder seltener auch mal mit Frauen, die ausnahmsweise etwas Inhaltliches jenseits ihrer Partnerbeziehungen zu erzählen haben, das sich nicht im Kern um
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