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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Autoren: Ada Blitzkrieg
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Fuchur
    Vor dem Supermarkt hat jemand einen mannshohen weißen Dobermann platziert, der mich nun anschaut. Ich bleibe stehen und starre unbeirrt zurück. Das Objekt meiner Begierde ist dabei eigentlich bloß der verdammte Markt gewesen, denn ich erledige meine Einkäufe gerne schnell und ohne größere Umwege, um mich nicht länger als nötig unter Menschen aufhalten zu müssen. Dennoch werde ich vom Auftauchen des weißen Riesenwesens in meinen Zielen vollkommen ausgebremst und gerate aus der Bahn, die eigentlich auf direkter Linie zur gut befüllten Fleischtheke führen sollte, nun aber vollkommen verzaubert durch die Magie dieses grotesk frisierten Köters, nicht mehr gradlinig verläuft, sondern wie ein unendliches Labyrinth der Irritationen daherkommt. Viel zu lange stehe ich wie angewurzelt und mit versteinerter Miene auf dem Parkplatz und fixiere den fremden Hund, der das Gleiche mit mir macht. Der könnte sich ja auch einfach umdrehen und wegschauen. Tut er aber nicht. So so, der will also mit mir pokern, denke ich. Kann er gerne haben! Der Dobermann sagt weiterhin nichts und versucht wohl sich besonders geheimnisvoll zu geben. „Kennen wir uns vielleicht von irgendwo?“, breche ich das Schweigen. Der Dobermann wirkt plötzlich etwas eingeschüchtert und blickt verunsichert in Richtung des Ladens, in dem sein Herrchen gerade seine Einkäufe verrichtet. „Du siehst aus wie
Fuchur
aus der
Unendlichen Geschichte
!“
Fuchur
schaut ertappt auf den Boden und ich frage mich, ob er vielleicht gerade das Gleiche von mir denkt - also dass wir einander schon zu gut kennen, und dann tut er mir auch schon leid. Mir tut ohnehin jeder leid, der mich kennt.
    Das ist in der Regel gar nicht meine Art mit diesem Mitleid. Nicht bei Tieren, schon gar nicht bei gefährlichen "Listenhunden" und am allerwenigstens bei Menschen. Aber diese Albinozüchtungen sind wirklich ein schlimmer Skandal. Die Halter solcher fancy Designertiere geilen sich an der außergewöhnlichen Farbe der streng nach unvernünftigen Richtlinien konzipierten Beautywesen auf und begreifen jedes Lob für ihr Haustier, als hätten sie die Töle eigenhändig aus einem matschigen Klumpen Lehm und einer einfachen Tube Deckweiß kreiert. Den Tieren nützt allerdings ihr Fame rein gar nichts, denn sie tragen lediglich tausend genetische Fehler in ihrem ohnehin schon brüchigen Erbgut und sterben in einem Alter, in dem man normalerweise Anrecht auf einen Kindergartenplatz hätte. Immerhin! Das traurige Gegengewicht der Schönheit. Aber hübsch ist er schon, dieser
Fuchur
, schießt mir durch den Kopf und im gleichen Moment fühle ich mich wie ein schmutziger Verräter.
    Dabei ist das Ding mit Dobermännern und mir ja eigentlich so:
Wikipedia
kann mir noch hundert Mal erklären, dass der Dobermann ein "eleganter Hund" sei, solange der Autor diesen Sachverhalt zwei Sätze später mit "eine eleganterer Form des Pinschers" wieder kleinlaut revidiert. Der Dobermann ist also in der Praxis nichts weiter als ein Pinscher, bloß in "eleganterer Form" und ungefähr tausend Mal so groß. Mag sein, aber für mich ist der Dobermann in erster Linie eines: Ein vierbeiniger Aal und irgendwie beängstigend.
    Ich habe eigentlich keine Angst vor Hunden. Die hatte ich noch nie. Als Kind habe ich Hunden bei jeder Gelegenheit ins Maul gefasst, bin auf Pit Bull Terriern geritten und habe gierig am Napf meines Jack Russels grobe Fleischbrocken mitverschlungen. Hunde akzeptieren mich in der Regel. Meine laute und unangenehme Lache verschreckt ausnahmslos jedes andere Tier. Nur Hunde nicht. Hunde zieht dieses bestialische Gekreische nahezu magisch an. Ich lache und Hunde rennen schwanzwedelnd in freudiger Erwartung auf mich zu. Wir tummeln uns dann auf dem Boden, auf Polstermöbeln, auf Wiesen und am Strand. Wir schlafen sogar zusammen in einem Bett. Hunde und ich. Ich bin einfach ein echter Hundetyp mit einem ordinären Gang, zerzausten Haaren und einem ziemlich irren Blick. Außerdem habe ich auffällige Schwierigkeiten, meinen Gemütszustand zu verbergen und teile mir diesen Makel mit allen Hunden, denen ihr Gefühlsorgan nicht kupiert wurde. Ich brauche für mein Glück nicht diese muskelbepackten Glatthaarspacken mit zwanzig Zentimeter langen Reißzähnen, dunkler Schlangenhaut und dem viel zu engen Augenabstand eines Alkoholikerkindes. Mir reicht schon die neckische Frisur eines kleinen Mischlings und das Gefühl irgendwie von einem haarigen Wesen mit Körpertemperatur gemocht zu
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