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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Autoren: Ada Blitzkrieg
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als an einem sonnigen Tag im Spätsommer mit meiner Freundin Julie den Pferden auf der Koppel, die über unsere kleinen Stadt auf einem Berg gelegen war, ein paar gammelige Äpfel verfüttern. Julie, die Pferde bereits im Vorfeld kennengelernt hatte, versprach mir viel: „Lass uns Fallobst sammeln und den Pferden die morschen Apfelteile, die verwurmt aber gleichsam köstlich sind, mit voller Wucht in den gierigen Rachen schmettern! Die mögen das.“ Außerdem sollten die Pferde angeblich nett sein, so versprach sie es mir hoch und heilig. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch kein ängstliches Kind, würde die Geschehnisse, die bald folgen sollten, aber rückwirkend als besonders prägend für meinen fehlenden Charakter bezeichnen.
    Im Garten unseres Haus lagen, unter den kleinen Apfelbäumen verstreut, einige faulige Äpfel, die wir stibitzten und in drei große Plastiktüten füllten. Auf direktem Wege schwangen wir uns auf die BMX-Räder und strampelten mit unseren dürren Streichholzbeinchen gegen die massive Steigung der Hanglange an. Die Tüten mit dem Gammelobst auf dem Rücken. Oben am Berg sollten die Pferde bereits auf der Koppel stehen. Freundlich sollten die auch sein, sagte Julie. Meine Erwartung wuchs und ich freute mich auf einen positiven Empfang durch die dampfenden Kolosse. Trotz meiner anfänglichen Skepsis. „Die kennen uns doch gar nicht! Wissen die überhaupt, dass wir kommen?“
    Die wussten das scheinbar nicht und guckten etwas überrascht, aber ziemlich angegeilt von den knisternden Müllsäcken, als zwei kleine Mädchen mit zentnerweise wurmstichigen Kompost in Plastiktüten am Horizont auftauchten. An der Koppel angelangt, warfen wir unsere Räder auf den Boden und stiegen schnaufend über das altersschwache Gatter. Wir bewegten uns langsam mit den prallen Tüten auf die zwei meterhohen Schlachtschiffe zu, die etwas skeptisch und nervös guckten. Als wir die Mitte der Weide erreichten, war es totenstill und ich bin mir sicher, dass ein dicker Ball Tumbleweed über die Weide gerollt sein muss und ein giftgrüner Zeisig, der auf einem der modrigen Zaunpfähle der Weide Platz genommen hatte, um den ungleichen Kampf zu beobachten, leise die Melodie aus
Spiel mir das Lied vom Tod
pfiff.
    Filme hatten mir ein falsche Vorstellung von "Gefahr im Verzug" vermittelt. Im Film lauerte die Gefahr immer erst dann, wenn jemand „Die Pferde werden unruhig!“ sagte. Hier sagte aber niemand, dass die Pferde unruhig wären, denn diese Pferde waren einfach nur beunruhigend still. Ihre kleinen in Aspik glibbernden Augen schielten uns bohrend an und mein Herz muss für einige Momente aufgehört haben zu schlagen. Wer kommt da? Wir waren für diese Pferde doch vollkommen Fremde! Und dieses bisschen langweilige Gammelobst sollte unsere Eintrittskarte zu ihrer Weide, ihrer Wohnung und ihrem Eigentum sein? Lachhaft! Wie konnte ich nur so naiv gewesen sein zu glauben, dass wir jemals wieder unbeschadet hier raus kommen würden? Die Pferde wurden aggressiv. Vielleicht konnten sie unsere Angst riechen?
    Meine Eltern benutzten die alten Einkaufstüten, in denen unser Fallobst ruhte, immer als Müllsäcke. Recyceln und Nachhaltigkeit eben! Das ganze schreckliche Wunder der Geburt, mit allen Schmerzen und dem schrecklichen Leid, für ein bescheuertes Kind durchmachen, das sich dann im Grundschulalter von einem Pferd zertrampeln lässt? Na, herzlichen Dank! Mutter würde ziemlich wütend auf mich sein, falls ich hier auf der Weide sterben sollte, so viel stand fest.
    "Die Herde" setzte sich in Bewegung und galoppierte mit donnernden Hufen und gewaltigen Sätzen auf uns Kinder zu. Ich bekam es mit der Angst zu tun, ließ die Obsttüte fallen und rannte ohne meine Mitstreiterin Julie auch nur eines Blickes zu würdigen zum rettenden Tor. Nur noch wenige Meter. Weiterhechten. Nur raus, raus, raus! Endlich nach Hause. Weg von diesen Pferden. Ich wollte dieser Hölle entfliehen. Halb stolpernd erreichte ich den rettenden Ausgang. Das Gitter klapperte hinter mir. Ich raste auf dem BMX-Rad den Berg herunter, ohne mich umzusehen und ließ Julie schutzlos zurück. In der Illusion, sie wäre durch die Hufe der wilden Meute umgekommen, radelte ich nach Hause und sprach mit niemandem darüber. Am nächsten Tag saß Julie dann wie immer in der Schule und ich beschloss Einzelgängerin zu werden und auch das mit den Pferden in Zukunft lieber sein zu lassen.
    Ich wollte schon immer lieber Auto oder Truck oder Eistruck oder amerikanischen
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