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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap
Autoren: Ada Blitzkrieg
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und verzichten zu lernen, Knechtschaft zu erfahren und ein Leben in knallharter Zuckeraskese zu führen. Besser war es natürlich, auch im Vorfeld schon bei den Kindern gut aufzupassen. Verhütung war da A und O. Besser spät als nie. Die Zähne der kleinen Fleischklumpen faulten doch ohnehin so unfassbar schnell weg und wer Kindern gesüßten Tee anbot, konnte sie auch gleich in voller Absicht mit dem SUV in der eigenen Einfahrt überrollen, oder sogar noch Schlimmeres.
    Ich las damals die
Medizini
, das kostenlose Schundblatt deutscher Apotheken für die Kinder der zahlenden Kundinnen, auch wenn mir der Ton im Heft nicht so recht gefallen wollte. Ein Magazin von Besserwissern, die Besserwisser dafür bezahlten für die besserwisserischen Kinder von Besserwissereltern über Besserwisserthemen zu berichten. Und mit "Lesen" meine ich lediglich das Aufhängen von Postern und das Überfliegen der Witzseite mit versteinerter Miene. So etwas fanden andere Kinder wirklich lustig?
    Mein Kinderzimmer war behangen mit kleinen Braunbärgeschwistern, die ich superknuddelig fand, Babywalen, die voll selten und episch fett und total schützenswert waren, Löwen, die einfach nur hart abhängen konnten, und Affen, über die ich echt keine Worte verlieren muss, denn jeder anständige Mensch weiß, wie verdammt geil Affen in der Regel sind. Aber niemals hing ich Poster von Insekten oder Pferden auf. Es galt einfach bestimmte moralische Grenzen einzuhalten und ich bereue meine Entscheidung bis heute nicht im Geringsten.
    Das Pony mochte ich hingegen. Ein Pony ist, laut Definition, der jüngere Bruder eines Pferdes und ziemlich cool. Profiler des FBI können, anhand der Art wie ein Opfer getötet wurde, innerhalb weniger Sekunden ein exaktes Täterprofil erstellen, das in neunundneunzig Prozent der Fälle auf ein Pferd und nur in einem Prozent der Fälle auf ein Pony als Täter schließen lässt. Ponys töten nicht. Wenn doch mal zufällig ein Kind durch ein Pony umkommt, handelt es sich immer um einen zufälligen Reitunfall, hinter dem keine böswillige Absicht erkennbar ist. Pferde hingegen haben ein überraschend kleines Gehirn für ihren gigantischen Klotzschädel und einen maximal brutalen Körper, der mit verschiedenen Waffen, wie Haifischzähnen und Todschlägerhufen ausgestattet ist. Das Pferd ist also bis aufs Blut bewaffnet und jederzeit bereit in einen hässlichen Krieg zu ziehen und kleine Mädchen und Reitlehrer auf der Stelle querschnittsgelähmt zu treten oder gleich für immer zu zerstören. Ponys haben von Natur aus keine derartigen Absichten. Wir müssen uns also nicht vor ihren feisten Leibern fürchten! Aber wir sollten dennoch immer im Hinterkopf behalten, dass alle Pferde schlimme Dinge im Schilde führen können. Manchmal sind diese Dinge auch derart schlimm, dass unsere Phantasie einfach nicht in der Lage ist, diese Szenarien in Bilder zu fassen, die der menschliche Verstand dann begreifen könnte. Deshalb wird die Gefahr, die von Pferden ausgeht, leichtsinnigerweise immer wieder unterschätzt und es gibt jährlich tausende Tote, die den aggressiven Vierbeinern zum Opfer fallen. Ärgerlich!
    Während Pferde ausnahmslos alle Frauen abgreifen, greifen Ponys auch Männer und Kinder ab. Das Pony scheint ein weltoffener Charakter zu sein. Damit hebt sich der trotteligen Langhaarträger von der tristen Heteronormativität des Pferdes ab. Ponys sind nicht nur dick. Ponys sind auch sehr fleischig. Das Fleisch, der zwar etwas dümmlichen aber ausgesprochen netten und allgemein äußerst beliebten Feistwesen, ist mager und fett zugleich. Die Muskeln scheinen hinsichtlich des tagesfüllenden Nichtstuns stark deplatziert und von Gott irgendwie dahergelogen. Dabei vergessen wir nach der ersten Empörung über diese provokante Tatsache oft, dass die kleinen Klopse im Zehn-Minuten-Takt Schulbuseinheiten adipöser Drittklässler mit scheppernden Hufen über den knüppelharten Schroffasphalt chauffieren müssen, um sich am Ende des Tages ein paar ranzige Möhren und einen rostigen Eimer abgestandenes Algenwasser verdient zu haben. Dies führt nicht nur zum Anwachsen einer imposanten Muskelmasse, sondern auch dazu, dass ein Pony in der Regel schon mit Vierzig die Knie total im Arsch hat und seinem Besitzer jahrelang aufgrund der Arbeitsunfähigkeit auf der Tasche liegt. Das Leben ist ungerecht. Auch für Ponys und deren Besitzer.
    Ich bin auf dem Land groß geworden, irgendwo zwischen Köln und Frankfurt, und wollte niemals mehr
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