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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion
Autoren: Tanith Lee
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der Suche nach ihm«, bemerkte Roilant. Er, der Baumeister und der Soldat tranken einen tiefen Schluck von Roilants Wein. »Aus einem bestimmten Grund muß ich über seine Fähigkeiten Bescheid wissen. Nicht etwa aus reiner Neugier. Aber alles, was mir zu Ohren kommt, sind Gerüchte.«
    »Was ich Euch bieten kann, ist nur wenig besser«, erwiderte der Baumeister ernst. »Ich hörte die Geschichte an der Küste. Im Hafen von Jebba.«
    »Jebba!« rief Roilant. »Wollt Ihr etwa sagen, daß er sich dort befindet?«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Aber es scheint, daß er hin und wieder dort gewesen ist.«
    Roilant seufzte. Sein schwaches Kinn sank herab, und der besorgte Ausdruck in seinen Augen vertiefte sich.
    »Wenn Ihr mir erzählen wollt, was Euch zu Ohren gekommen ist, werde ich zuhören.«
    »Nun«, meinte der Baumeister, »ich kann nicht garantieren, daß die Geschichte wahr ist. Unter anderem hat sie mit Zauberei zu tun. Vielleicht glaubt Ihr nicht an so etwas.«
    »Oh.« Roilant erschauerte, und es kostete ihn offensichtlich Mühe, Haltung zu bewahren. »Ich glaube daran.«
    Der Baumeister und der Soldat schauten sich unwillkürlich an.
    Der Baumeister zupfte an der Münze in seinem Ohr.
    »Ich verlange keine Bezahlung für eine Geschichte. Aber ich werde sie Euch erzählen, weil Ihr daraus einiges über Euren Cyrion erfahren könnt. Sie beginnt in einer Schänke in Jebba, weit besser als diese hier...«
    Cyrion in Wachs
    »Cyrion, hüte dich vor diesem Mann.«
    Cyrions Blick war arglos.
    »Warum und vor wem?«
    Mareme, die schöne Kurtisane, senkte rasch die türkis geschminkten Lider. Sie war jung, reizvoll, wohlhabend und dementsprechend schwierig zu gewinnen. Da sie nur für wenige zu haben war, hatte sie einiges über die Gewohnheiten dieser wenigen gelernt, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Schlafzimmers. Diesen hier glaubte sie gut genug zu kennen, um zu wissen, daß gerade Dingen, die er scheinbar nicht beachtete, seine ungeteilte Aufmerksamkeit gehörte. Außerdem hatte sie bemerkt, daß das Spiel Lotusund-Wespe auf dem bemalten Elfenbeinbrett sich zu rasch zu ihren Gunsten entwickelte.
    Ganz abgesehen davon war es bei Auftreten und Erscheinung des betreffenden Mannes kaum möglich, ihn zu übersehen.
    Er hatte dunkles Haar und den seidigolivefarbenen Teint, der in dieser Gegend vorherrschte; sein Stirnband war golden und sein scharlachrotes Gewand, so lang wie das eines Gelehrten oder Arztes, mit bizarren goldenen Zeichen bestickt. Drei blaßpurpurne Amethyste tropften von seinem linken Ohr. Ein strahlender Luzifer, so war er in den kühlen Garten der teuren Schänke getreten, gefolgt von zwei menschlichen Schakalen, die offensichtlich seine Leibwache bildeten, ein Paar tückisch dreinblickender Sadisten, zernarbt und gezeichnet von alten Kämpfen und eindeutig begierig nach mehr, als sie sich einen Weg durch Blumenkübel und unglückliche Gäste bahnten. Ihre Hände lagen an den Schwertgriffen, und an den Fingern trugen sie eiserne Dornen. Und niemand setzte sich zur Wehr. Neben ihrem Herrn gingen sie die Treppe hinauf und standen hinter ihm, als er sich setzte. Sein Platz befand sich auf der oberen Terrasse, gleich neben dem Küchenflügel, zwischen Mosaiksäulen und im duf t enden Schatten der Orangen- und Zimtbäume. Nur zehn Schritte weiter beugten sich Cyrions silbern schimmerndes und Maremes kohlschwarzes Haupt über ihr kompliziertes Spiel. In dem tiefer gelegenen Hof mit seinen Blumen und dem Palmbaum, der vor der mittäglichen Hitze schützte, waren die Gespräche der Männer und Frauen verstummt und lebten nur flüsternd wieder auf. Die Gäste, die zu Boden gestoßen worden waren, erhoben sich und nahmen schweigend wieder ihre Plätze ein. Und, ungewöhnlich in dieser großen Küstenstadt, wo neugieriges Anstarren zum Leben gehörte wie das Atmen, kaum ein flüchtiger Blick streifte die ungewöhnliche Gestalt.
    Schließlich eilte der Besitzer der Schänke herbei. Schon aus einer Entfernung von zehn Schritt war die glänzende Schweißschicht auf seinem plötzlich grünen Gesicht zu erkennen. Er verbeugte sich vor dem dunklen Mann.
    »Womit kann ich Euch dienen, Lord Hasmun?«
    Der dunkle Mann lächelte.
    »In Butter gebratene Aale, etwas Quittenbrot. Ein Krug von dem Schwarzen, sehr kalt.«
    Mit zitternden, kraftlosen Beinen wich der Wirt einen halben Schritt zurück.
    »Wir haben keine - Aale, Lord Hasmun.«
    Einer der Schakale zuckte voller Vorfreude, aber mit einem trägen
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