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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion
Autoren: Tanith Lee
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Fingerzeig befahl Hasmun ihm Ruhe.
    »Dann«, bemerkte Hasmun weich, »besorgt Euch welche, Herr Wirt.«
    Der Wirt flüchtete so schnell er nur konnte in die Küche. Eine Minute später huschten einige Jungen in den Garten, mit Quittenbrot, eisgekühltem schwarzem Wein aus Jebba und der Nachricht, daß andere den Fischmarkt absuchten. Hasmun probierte den Wein. Die Schakale traten von einem Fuß auf den anderen.
    Hasmun lachte seidig.
    »Das vornehme Leben ist nichts für euch, wie? Nun, geht hinaus und spielt ein bißchen auf der Straße, meine Süßen.«
    Die Leibwache verschwand, aber die Unterhaltung im Garten wurde nicht lebhafter und niemand hob den Kopf.
    Bis Cyrion aufblickte, um über das Brett mit den Lotus- und Wespe-Steinen hinweg zu fragen: »Warum und vor wem?«
    »Ich hätte den Mund halten sollen, glaube ich«, erwiderte Mareme sehr leise, »aber ich nahm an, du hättest ihn bemerkt.«
    »Den Wirt? Oh, wir sind alte Freunde«, murmelte Cyrion. Er schien sich an das Spiel erinnert zu haben und brachte zwei von Maremes Steinen in seinen Besitz, bevor sie den Zug noch durchschaut hatte. Als es ihr gelungen war, meinte sie: »Schön wie die Engel magst du sein, mein Herz, aber leicht durchschaubar für eine erfahrene Künstlerin der Nacht. Vergiß es, Geliebter.«
    Cyrion, der das Lotus und-Wespe-Spiel gewonnen hatte, beschloß, Mareme das andere Spiel gewinnen zu lassen, das sie spielten.
    »Ich habe schon einiges über Hasmun gehört. Aber nicht, warum ich mich vor ihm in acht nehmen sollte.«
    »Nicht nur du, mein Liebling. Wir alle. Sie nennen ihn den Puppenmacher. Wußtest du das?«
    »Er macht also Puppen. Zweifellos ein besonders hübsches Geschäft, der Spielzeughandel.«
    »Nicht solche Puppen, mit denen Kinder spielen«, Maremes Stimme sank zu einem kehligen Flüstern. »Solche Puppen, wie sie ein Magier von jemandem anfertigt, den er töten möchte und deren Leber er dann mit einer Nadel durchbohrt.«
    »Hasmun ist Apotheker, wenn die Gerüchte ihn auch als Magier bezeichnen. Funktioniert der Trick?«
    »Trick!« Mareme quiekte, als hätte ihre Stimme sich in die ihrer eigenen zahmen Flugratte verwandelt. »Drei sind schon gestorben, andere, die ihn gereizt hatten, wurden blind oder können nicht mehr gehen. Ah, Gott bewahre mich. Er schaut zu uns her.«
    Cyrion lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wandte langsam den Kopf. Die Strahlen der Mittagssonne drangen durch die Zweige der Orangenbäume, glänzten auf seinen eleganten, seidenen Kleidern und verwandelten sein Haar in pures Licht. Es war eine passende Gloriole für ein Gesicht, das Mareme mit dem eines Engels verglichen hatte - doch ob von der Art der himmelsbewohnenden oder der gefallenen war ein bißchen schwer zu bestimmen. Hasmun blickte tatsächlich in ihre Richtung, unverhohlen und amüsiert. Als er sich jetzt Cyrions blendendem Lachern ausgesetzt sah, schloß er halb die Augen und genoß die Situation, wie auch Cyrion es zu tun schien.
    »Ich hörte, wie mein Name erwähnt wurde«, sagte Hasmun. Seine Worte waren in dem gesamten Garten zu hören, wie er es beabsichtigt hatte. Die Gesichter zwischen den Blumenkübeln wurden noch etwas grauer. »Könnte es sein, daß meine bescheidene Person Euch bekannt ist?«
    »Jeder kennt Hasmun, den Puppenmacher«, erwiderte Cyrion höflich. Und fügte liebenswürdig hinzu: »Aber grämt Euch nicht, kein Mensch kann etwas für seinen Geruch.«
    Das sinnliche Vergnügen fiel Hasmun aus dem Gesicht. Es wurde völlig ausdruckslos. Vielleicht war auch das Genuß; eine andere Art von Genuß.
    »Ich glaube, Ihr seid betrunken«, meinte Hasmun.
    »Ich glaube, ich bin vollkommen nüchtern«, berichtigte Cyrion, sich erhebend, »denn was ich jetzt zu tun beabsichtige, erfordert eine ruhige Hand.«
    Cyrion legte die nicht ganz zehn Schritte mit einer Schnelligkeit zurück, die das Auge verwirrte, und noch aus derselben flüssigen Bewegung heraus schien ihm, als er Hasmuns Tisch erreichte, der Krug mit Schwarzem Jebba wie von selbst in die Hände zu springen und seinen Inhalt über den Kopf des Magiers zu entleeren.
    Getränkt mit der schwarzroten, stark duftenden Flüssigkeit heulte Hasmun wie ein getretener Hund. Dann fuhr er wild in die Höhe, so daß der Tisch samt Geschirr umstürzte.
    Cyrion war entsetzt, untröstlich.
    »Wie konnte ich nur so ungeschickt sein -«
    Lärm brandete auf. Hasmuns Leibwache kehrte zurück. Anscheinend hatten sie sich damit belustigt, ein junges Mädchen vor der Tür
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