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Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Titel: Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten
Autoren: Jan Gardemann
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muss ziemlich verzweifelt gewesen sein, wenn er den Mut hatte, aus dieser Höhe in den Tod zu springen«, bemerkte Brandenburg trocken.
    »Du glaubst immer nach, dass es Selbstmord war?«, fragte Cotton und sah sich aufmerksam um.
    »Tarbell war indianischer Abstammung. Das hast du doch sicherlich auch erkannt«, erwiderte Brandenburg. »Jedes Kind weiß, dass Indianer nahezu schwindelfrei sind. Deshalb werden sie von den großen Bauunternehmen auch heute noch gerne im Stahlbau eingesetzt. Während Bauarbeiter aus Europa in den viele hundert Yards hohen Stahlgerüsten der Wolkenkratzer gegen Höhenangst kämpfen müssen, erledigen die Indianer seelenruhig ihren Job. So einer fällt nicht ohne Grund aus dieser Höhe in die Tiefe – es sei denn, er wollte es.«
    »Meines Wissens sind es hauptsächlich die Mohawks, die schwindelfrei sind und deshalb im Stahlbau eingesetzt werden«, sagte Cotton und ging vorsichtig in die Knie. Er hatte etwas entdeckt. Ein mit gelbem Kunststoff ummanteltes Elektrokabel, das sich an der Ringhalterung eines Hängerseils verfangen hatte. An einem Ende des gelben Kabels befand sich ein Stecker. Das andere Ende war nicht zu sehen, da es unterhalb des dicken Tragekabels in die Tiefe baumelte.
    Cotton nahm die rechte Hand vom Handseil und löste das gelbe Kabel von der Bolzenschraube, an der es hängen geblieben war. »Ein ähnliches Kabel war an dem Zünder befestigt, den Tarbell bei sich hatte«, erklärte er.
    Während Cotton sich langsam hochschraubte, zog er an dem Draht, sodass das andere Ende hinter dem Tragekabel zum Vorschein kam. Ein Zündzylinder hing daran, der an einer Sprengpatrone befestigt war.
    »Tarbell war hier oben, so viel ist sicher«, sagte Cotton rau und hielt das Fundstück in die Höhe. »Und er war nicht allein. Die Frage ist nur, was er mit dem Sprengstoff vorhatte.«
    »Du glaubst, der Sprössling der Ministerin hatte einen Anschlag auf die George Washington Bridge geplant?«, fragte Brandenburg.
    »Sieht fast danach aus.« Cotton verstaute das Beweisstück in seiner Jackentasche.
    »Hast du keine Angst, dass die Ladung hochgeht?«, stichelte Brandenburg.
    »Dafür wäre ein starker Stromimpuls oder ein harter Schlag nötig«, entgegnete Cotton gelassen. »Fass mich also lieber nicht allzu grob an, Joe.«
    In diesem Moment flog eine Möwe dicht über die Köpfe der beiden Männer hinweg und stieß ein durchdringendes Kreischen aus.
    »Schwirr ab«, rief Cotton, der vor Schreck beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.
    »Sieh mal, da vorn!«, rief Brandenburg und deutete mit einem übertriebenen Kopfnicken hinter seinen Begleiter, da er die Hände nicht von den Handseilen nehmen wollte. »An der Verankerung des Seils hat sich irgendwas verfangen.«
    Vorsichtig drehte Cotton sich um. Die Handseile waren in großen Abständen durch vertikale Drähte mit den Ringklammern der Hänger verbunden. Um einen dieser Drähte hatte sich eine Halskette gewickelt. Sie bestand aus Perlen in gedeckten, erdigen Farben und kleinen Federn und wirkte auf den ersten Blick eher wie der Überrest eines hier vor langer Zeit verendeten Vogels.
    Mit spitzen Fingern wickelte Cotton das Schmuckstück von dem Drahtseil. »Sieht aus wie Indianerschmuck«, sagte er und hielt die Halskette hoch, damit Brandenburg sie sehen konnte.
    In diesem Augenblick schoss aus dem Himmel ein Schatten auf Cotton herab. Die Möwe war zurückgekehrt. Doch diesmal begnügte der Seevogel sich nicht damit, über die Köpfe der Männer hinwegzufliegen. Wie ein Raubvogel stürzte er sich auf Cotton, hackte mit dem Schnabel nach der Halskette und streifte Cottons Gesicht dabei mit dem Flügel.
    »Dämliches Biest!«, fluchte Brandenburg. »Verpiss dich!«
    Die Möwe flog auf, jedoch nur, um sich dann wieder kreischend und flügelschlagend auf Cotton zu stürzen.
    Mit der Hand, in der er den Indianerschmuck hielt, schlug Cotton nach dem Tier. Mit der anderen Hand klammerte er sich verzweifelt am Handseil fest.
    Doch die Möwe ließ sich nicht verscheuchen. Als wäre sie von der Halskette besessen, hackte sie immer wieder mit dem Schnabel danach und verkrallte sich dabei in Cottons schwarzes Haar.
    Der G-Man duckte sich unwillkürlich, und sein linker Fuß rutschte zur Seite weg.
    Voller Panik nach Halt suchend klammerte er sich mit beiden Händen an das Handseil, während die Möwe um seinen Kopf flatterte, schrill kreischte und wild mit dem Schnabel auf ihn einhackte.
    Ein Schuss peitschte. Das Projektil katapultierte
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