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Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Titel: Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten
Autoren: Jan Gardemann
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grotesk verdreht, die Arme standen in einem unnatürlichen Winkel vom Körper ab.
    Dominick Tarbell hatte blauschwarzes, dichtes Haar. Obwohl das Gesicht zerschunden war, waren die markanten indianischen Züge deutlich auszumachen.
    »Der Tote war offenbar indianischer Abstammung«, bemerkte Cotton.
    Der Gerichtsmediziner nickte bestätigend. »Das vermute ich ebenfalls. Er ist an den Folgen eines Dezelerationstraumas gestorben.«
    »Und das bedeutet?«, fragte Cotton, dem dieser Begriff nichts sagte.
    »Es handelt sich um Verletzungen als Folge eines abrupten Stopps einer schnellen Körperbewegung«, erklärte der Arzt bereitwillig. »In diesem Fall der Aufprall auf den relativ nachgiebigen Müllberg aus enormer Höhe. Die inneren Verletzungen haben Tarbell augenblicklich getötet. Wunden, die dem Körper aufgrund der Explosion beigebracht wurden, sind aber kaum vorhanden. Wenn wirklich eine Sprengpatrone für die Verwüstung verantwortlich ist, muss sie entfernt von Tarbell aufgeschlagen und explodiert sein, sodass die Sprengkraft dem tief in den Unrat eingesunkenen Körper nicht viel anhaben konnte.«
    »Interessant«, bemerkte Cotton. »Das erklärt also, warum der Tote von der Explosionswelle nicht zerfetzt und davongeschleudert wurde.«
    »So ist es«, bestätigte der Arzt und nickte erneut. »Meine Arbeit wäre andernfalls wesentlich unappetitlicher verlaufen.«
    »Was meinen Sie, Doktor? Halten Sie es für wahrscheinlich, dass wir es mit einem Selbstmord zu tun haben?«
    Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Die Sache mit dem Sprengstoff gefällt mir nicht. Warum sollte ein Mann, der seinem Leben ein Ende setzen will, eine Sprengpatrone mit sich führen, für dessen Zündung man eine komplette technische Ausrüstung benötigt? Wenn er sein Leben hätte beenden wollen, wäre ein Sprung in die Tiefe völlig ausreichend gewesen. Dass Tarbell absichtlich in den Leichter sprang, mit dem Hintergedanken, die Kapsel würde detonieren, wenn sie auf einen harten Gegenstand prallt, halte ich für eher unwahrscheinlich. Ebenso gut hätte die Patrone auch im weichen Unrat versinken können. Dass Tarbell in den Leichter fiel, ist wohl auch eher einem Zufall zuzuschreiben. Ein Windstoß hätte genügt, den Fallenden vom Kurs abzubringen, sodass er mitsamt Sprengkapsel mehrere Fuß neben dem Boot in den Fluss gestürzt wäre.«
    Cotton nickte kaum merklich und bedankte sich für die Informationen. Da es in dem Leichter nichts mehr für ihn zu tun gab, stieg er den provisorischen Brettersteg wieder hinauf. Als er den Bug des Leichters erreichte, kamen Decker, die Tochter des Bootsbesitzers und Bandenburg soeben aus dem überdachten Passagierbereich und traten an die Heckreling der Barkasse.
    Decker war es offenbar gelungen, die junge Frau zum Reden zu bringen, und Brandenburg, dem dies nicht entgangen war, hatte sich zu ihnen gesellt, damit er mitbekam, was Decker aus der Zeugin herausholte.
    Tavy deutete mit vager Geste zur George Washington Bridge hinauf. »Da oben auf dem dicken Tragekabel habe ich die Gestalt gesehen«, sagte sie. »Sie bewegte sich mit spielerischer Sicherheit auf dem Seil.«
    Während Cotton die Planke entlangschritt, die die beiden Boote miteinander verband, drehte er sich um, legte den Kopf in den Nacken und spähte zur Hängebrücke empor.
    Die gewaltigen, in einer sanft geschwungenen Linie verlaufenden Tragekabel der Brücke bestanden jeweils aus zwei parallelen, dicken Stahlseilen. Die vertikalen Seilstränge, die die Tragekabel mit der Fahrbahntrasse verbanden, wirkten aus dieser Entfernung dünn wie Spinnweben.
    »Tavy behauptet, eine Person habe sich auf dem diesseitigen Tragekabel der Brücke aufgehalten, als Tarbell herabstürzte«, sagte Philippa Decker.
    Cotton zog sich den Mundschutz vom Gesicht, trat neben die beiden Frauen hin und spähte wieder angestrengt zur Brücke hinauf. Währenddessen berichtete er Decker und Brandenburg mit knappen Worten, was er in dem Leichter in Erfahrung gebracht hatte.
    Als er geendet hatte, deutete er zur Brücke hinauf. »Ich werde raufklettern und nachsehen, ob es da oben Spuren gibt«, schlug er vor.
    »Ich komme mit«, warf Brandenburg ein und zwinkerte seinem ehemaligen Partner zu. »Glaub ja nicht, dass ich dich die ganze Arbeit allein machen lasse, bloß weil du jetzt beim FBI bist.«
*
    Der Aufstieg bis zur Spitze des Brückenpylonen war selbst für durchtrainierte Männer wie Cotton und Brandenburg eine Tortur, vergleichbar etwa mit der Ersteigung
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