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Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Titel: Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten
Autoren: Jan Gardemann
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sie den Karabinerhaken lösen konnte und auf die Terrasse stürzte, wo der Booster stand, der die Zünder der Sprengpatronen aktivierte.
    Als hinter dem Fenster erst ein schwarzer Schopf und dann ein schmales Frauengesicht mit hochstehenden Wangenknochen zum Vorschein kamen, keuchte Cotton: »FBI! Nehmen Sie Vernunft an, Miss Diabo. Was Sie vorhaben, ist Wahnsinn! Durch Ihre Aktion könnten Menschen verletzt oder getötet werden!«
    »Das spielt keine Rolle!«, kreischte Eileen und funkelte Cotton durch das Loch im Fenster mit ihren braunen Augen böse an. Da das Karabinerschloss offenbar klemmte, hatte sie es aufgegeben, daran zu hantieren. »Meine Kunst hat mehr Bedeutung, als Sie ermessen können!«
    »Ihr Halbbruder ist wegen Ihrer hirnrissigen Kunst bereits ums Leben gekommen. Reicht Ihnen das nicht?«
    »Dominick hat selbst Schuld!«, rief Eileen mit überschnappender Stimme und stieß sich mit den Füßen so heftig von der Mauer ab, dass Cotton das Seil beinahe aus den Händen geglitten wäre. »Er wollte mich davon abhalten, das Tragekabel der George Washington Bridge zu sprengen. Während des Handgemenges rutschte er ab und fiel von der Brücke. Daraufhin musste ich meine Aktion abbrechen.«
    Tränen standen plötzlich in Eileens Augen. Erschöpft hing sie am Seil, während der Wind mit eisigen Fingern durch ihre Pagenfrisur fuhr. »Dominick sollte mir bei meiner Kunstaktion helfen. Doch als er das Ausmaß meines Projekts erkannte, bekam er kalte Füße und wollte verhindern, dass ich den Menschen wieder zu Bewusstsein bringe, welche Bedeutung die Arbeit der Mohawks für die amerikanische Gesellschaft hat!«
    »Indem Sie schwere Schäden an einem Bauwerk anrichten, das Ihre Vorfahren mit aufgebaut haben?«, fragte Cotton fassungslos. »Und riskieren, dass Menschen dabei ums Leben kommen?«
    »Sie verstehen meine Kunst genauso wenig, wie Dominick sie verstanden hat!«, kreischte Eileen außer sich.
    »Was ist mit dem Nachtwächter des Abrissunternehmens in Baltimore?«, fragte Cotton. »Haben Sie den auch auf dem Gewissen?«
    »Kevin war mein Geliebter – und er wollte mich aufhalten!«, rief Eileen anklagend. »Ich hatte keine andere Wahl, als ihn auszuschalten. Ich musste an die Sprengkapseln heran!«
    Cotton, der sich noch immer mit dem Fuß an der Wand abstützte, schob den Oberkörper näherte an das Loch im Fenster, um Eileen zu packen und ins Zimmer zu zerren.
    Das Gesicht der jungen Frau hatte einen entschlossenen Ausdruck angenommen. »Ich werde einen Teil der Fassade des Empire State Buildings wegsprengen, damit die Struktur der Eisenträgerkonstruktion wieder zum Vorschein kommt, die meine Ahnen errichtet haben!«, sagte sie mit hartem Unterton. »Der Künstler Gordon Matta-Clark hat es ähnlich gemacht, als er damals die alten Holzhäuser zersägte!«
    »Sie sind ja wahnsinnig!«, rief Cotton, als er in Eileens Faust plötzlich ein Messer aufblitzen sah. Verbissen säbelte sie mit der Klinge an dem Seil.
    »Nein!«, rief Cotton verzweifelt, nahm eine Hand vom Tau und griff durch das Loch in der Scheibe nach draußen.
    Doch Eileen hatte das Bergsteigerseil durchtrennt, und so griff seine zupackende Hand ins Leere.
    Mit einem gellenden Schrei auf den Lippen stürzte die Mohawk in die Tiefe. Cotton, der den Kopf durch das Loch steckte, sah, wie die junge Frau von einer Windböe ein Stück von dem Gebäude abgetrieben wurde. Dann prallte sie mit dem Oberkörper auf die Brüstung der unter ihm liegenden Terrasse, wurde herumgewirbelt und stürzte trudelnd weiter in die Tiefe, wo die Dunkelheit sie schließlich verschluckte.
    Wie erstarrt stand Decker auf der Terrasse und schaute zu Cotton hinauf, die Dienstwaffe in der zitternden Hand. Sie beide wussten, dass Eileen auf Decker gestürzt wäre und sie schwer verletzt hätte, hätte der Wind die Mohawk nicht abgetrieben.
    Decker löste sich aus ihrer Starre, kniete sich vor den Booster und riss die Kabel heraus, die den Apparat mit den Sprengpatronen verband, die am Gebäude befestigt waren.
    »Es ist vorbei!«, rief sie dann mit rauer Stimme zu ihrem Partner hinauf.
*
    In dem Zimmer im Hilton Hotel in der 6th Avenue herrschte betretenes Schweigen. Trübes Tageslicht fiel durch das Fenster im 21. Stock und ließ die erlesene Einrichtung öde und trist erscheinen.
    Claudia Tarbell wirkte verbrauchter als beim letzten Zusammentreffen mit den beiden Special Agents vom G-Team. Was sie soeben von Decker und Cotton erfahren hatte, schien sie um Jahre älter
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