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Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten

Titel: Cotton Reloaded - 03: Unsichtbare Schatten
Autoren: Jan Gardemann
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nicht für indiskret, Mrs Secretary, aber Sie sehen nicht aus, als würde indianisches Blut in Ihren Adern fließen. Ihr Sohn ist aber unzweifelhaft indianischer Abstammung.«
    Mrs Tarbell lächelte traurig und nickte. »Dominick schlug ganz nach seinem leiblichen Vater, was sein Äußeres anging«, erwiderte sie. »Die inneren Werte hatte er wohl eher von mir, glaube ich.«
    Bekümmert presste sie die Lippen aufeinander. »Dominick ist aus einer kurzen Liaison hervorgegangen, die ich am Anfang meiner politischen Karriere in Kanada eingegangen war«, fuhr sie dann fort. »Damals begleitete ich die Manager eines großen amerikanischen Papierkonzerns und sollte Verhandlungen mit der kanadischen Regierung über Abholzungsrechte in den südlichen Wäldern führen. Damals wurde Papier noch zu einem großen Teil aus dem Rohstoff Holz hergestellt.«
    Sie zuckte verlegen mit den Schultern. »Ich war unverheiratet und ungebunden und verliebte mich in einen Mohawk-Indianer, der im Caughnawaga-Reservat lebte, das von den Abholzungen betroffen gewesen wäre. Er hieß John Milton und trat während der Verhandlungen mit dem Papierkonzern als Interessenvertreter der Caughnawagas auf. Auf diese Weise kamen wir uns näher.«
    Mrs Tarbell seufzte. »Das alles liegt schon über fünfundzwanzig Jahre zurück. Milton war ein hartnäckiger Bursche. Am Ende setzte er durch, dass dem Konzern die Abholzungsrechte verwehrt wurden. Die Manager richteten ihre Begehrlichkeiten daraufhin auf ein weiter nördlich gelegenes Waldgebiet, das völlig unbewohnt war.«
    Mrs Tarbell legte die Hände flach auf den Tisch. »Als ich drei Wochen später aus Kanada in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, stellte ich fest, dass ich schwanger war. Und obwohl ich befürchtete, dass meine Karriere darunter leiden würde, entschloss ich mich, das Kind zur Welt zu bringen.«
    Sie lächelte versonnen in sich hinein. »Es war eine gute Entscheidung. Im Nachhinein hätte eine Abtreibung meiner politischen Karriere wohl erheblich mehr geschadet, als ein uneheliches Kind großzuziehen. Der kleine Dominick war für Richard, meinen jetzigen Ehemann, zum Glück auch kein Grund, sich nicht in mich zu verlieben und mich zu heiraten. Dominicks leiblichem Vater bin ich nie wieder begegnet. Ich hatte mit dieser kurzen Liaison abgeschlossen und verspürte nicht das geringste Verlangen, ihn wiederzusehen. Ich hatte ihm nicht einmal gesagt, dass ich ein Kind von ihm bekommen habe.«
    Cotton zog eine Klarsichttüte aus der Jackentasche. Darin befand sich der Indianerschmuck, den Joe Brandenburg auf der George Washington Bridge entdeckt hatte. Er schob der Ministerin die Tüte über den Tisch zu und fragte: »Ihr Sohn wusste aber schon, wer sein Vater war?«
    Mrs Tarbell nahm die Tüte und betrachtete die Halskette. »Ich kenne diese Art von Schmuck«, sagte sie gedehnt. »Die Mohawk tragen solche Halsketten während der alten Zeremonien, die sie in ihren Langhäusern abhalten. Diese Halskette ist ein Original aus Caughnawaga. Sie können es an der Färbung des für die Perlen verwendeten Mafitgesteins erkennen. Dieses Gestein kommt nur im Flussbett des Sankt-Lorenz-Stroms vor, an dessen Südufer Caughnawaga liegt.«
    »Die Halskette könnte also Ihrem Sohn gehört haben?«, hakte Decker nach.
    Die Ministerin nickte. »Nachdem Dominick bei uns ausgezogen war, um sein eigenes Leben zu führen, hat er versucht, mit seinem leiblichen Vater Verbindung aufzunehmen. Was daraus wurde, weiß ich nicht. Ich hatte Dominick gebeten, mich nicht mit diesem Thema zu behelligen. Es hätte nur Unruhe in meine Familie und mein Berufsleben gebracht, wenn ich mich mit diesem Teil meiner Vergangenheit auseinandergesetzt hätte.«
    Sie richtete sich im Sessel auf. »Ich habe mit Richard eine Tochter, müssen Sie wissen. Sie ist jetzt vierzehn. Dominick ist vor sieben Jahren bei uns aus ausgezogen. Er war damals achtzehn und suchte sich in New York eine Wohnung, da er hier einen Studienplatz in Ethnologie zu bekommen hoffte. Seitdem lebte er im Big Apple sein eigenes Leben.«
    »Wie gut haben Sie Ihren Sohn zum Schluss gekannt?«, fragte Decker.
    Die Ministerin blickte die Agentin unverwandt an. »Gut genug, um zu wissen, dass er keinen Selbstmord begehen würde«, sagte sie mit plötzlich harter Stimme.
    Decker bedachte Cotton mit einem knappen Kopfnicken, woraufhin ihr Partner eine zweite, größere Klarsichttüte hervorzog und sie der Ministerin über den Tisch zuschob. In der Tüte befand sich die
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