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Coruum Vol. 3

Coruum Vol. 3

Titel: Coruum Vol. 3
Autoren: Michael R. Baier
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Tante, der Schwester ihrer Mutter, auf dem dritten Grab.
    Laut schluchzend brach sie zusammen, ließ ihren Tränen endlich freien Lauf.
    » Niña? « hörte sie eine vertraute Stimme und aufgeregt näherkommende Schritte. » Niña! Wie froh ich bin, dich zu sehen.«
    » Mamá !«
    Ohne weitere Worte nahm sie ihre Mutter fest in die Arme, sagte nichts, genoss nur den Augenblick, sie heil bei sich zu haben.
    »Niña, wo warst du? Wie schön, dass du gesund bist, ich freue mich so!«
    Sinistra sah die dunklen Augen ihrer Mutter in der anbrechenden Nacht dicht vor sich – erkannte den warnenden Ausdruck darin. Mamá wollte nicht, dass sie blieb – aber warum?
    »Was ist hier passiert, Mamá, wer war das?«
    Sie sah das hastige Kopfschütteln ihrer Mutter, verstand die nahe Bedrohung.
    »Es ist so schrecklich. Seit dem Estampido funktioniert nichts mehr, kein Radio, kein Fernsehen, kein Telefon – nichts. Zuerst ging es weiter, die Polizei half, es gab noch Lebensmittel. Aber dann waren sie verbraucht. Die Plünderungen begannen, die Polizei verschwand, zog sich in das Regierungsviertel zurück. El papá wollte, dass wir fliehen, aber dein el tío war dagegen, er sagte, wir könnten hierbleiben, wir hatten noch Vorräte. Das stimmte auch, bis vor drei Tagen…«
    Eine harsche Männerstimme unterbrach ihre Mutter, rief laut von den Stufen vor dem Eingang zum Herrenhaus, das Licht einer Kerze flackerte, ließ Sinistra nur eine Silhouette des Gesichts erkennen.
    Sie fühlte ihre Mutter zusammenzucken.
    »Deserteure, geh jetzt, niña, alles wird gut – aber bleib nicht «, flüsterte sie eindringlich.
    Etwas platzte in ihr, erfüllte sie mit Wut. Sinistra dachte nicht einen Moment daran, ihre Mutter im Stich zu lassen. Sie hörte schwere Stiefel über den Kies auf sie zukommen, erhob sich und zog ihre Mutter langsam mit hoch.
    Ein uniformierter Mann kam auf sie zu, kniff die Augen im trüben Licht einer zuckenden Kerze zusammen.
    » Lauf weg, niña, lauf! Komm nicht zurück! «, rief ihre Mutter plötzlich, stieß sie in Richtung Tor und stellte sich dem Uniformierten in den Weg.
    »Aus dem Weg, Alte, quita! « fauchte der Mann, stieß Sinistras Mutter grob mit dem Lauf seiner Pistole zur Seite und machte einen weiteren Schritt auf Sinistra zu, die ihrerseits eine Bewegung nach vorn machte, um ihre Mutter aufzufangen.
    Der Uniformierte ergriff sie fest an einem Arm, wirbelte sie herum und hielt mit der anderen Hand die Kerze so, dass er in Sinistras Gesicht sehen konnte.
    »Monada!«, sagte er grinsend, »kommt herein, Señorita.«
    Sie hörte weitere Schritte näherkommen, ließ vorsichtig die Hand ihrer Mutter los, spannte die Muskeln an und schlug ihren Ellenbogen mit aller Kraft in Richtung Brustbein des Deserteurs.
    Nach Luft schnappend taumelte dieser zurück, ließ die Kerze fallen, stürzte einem weiteren Uniformierten in die Arme, der mit einer Pistole in der Hand und zwei weiteren Männern hinter ihnen auftauchte.
    Ein Schuss peitschte durch die Nacht, sie fühlte einen harten Schlag an der Schulter, ihr linker Arm wurde gefühllos und ihre Sicht beeinträchtigte sich für einen kurzen Moment.
    »Niña, lauf weg!«
    Einer der Deserteure schlug ihre Mutter mit dem Lauf seiner Pistole nieder.
    Sinistra verharrte für einen Moment in ihrer Bewegung, sah, wie ihre Mutter schwer auf den Boden aufschlug und reglos liegen blieb.
    »Nein!«
    Wahnsinnig vor Wut stürzte sie sich auf den Schläger, griff mit bloßen Händen nach seinem Gesicht, hörte ein unheilvolles Knistern, hörte seine schrillen, abgehackten Schreie, sah seine schrecklichen Verbrennungen im grellen Flackern ihres Schutzfeldes.
    Hektische Stimmen erklangen im gesamten Innenhof. Weitere Uniformierte kamen aus dem Eingang des großen Hauses, zwei legten auf Sinistra an, feuerten.
    Sie ließ den Mann fallen. Er hatte aufgehört zu schreien, sein Kopf war durch den Kontakt zu ihrem Schutzfeld schwarz verbrannt, sein Hals bestand nur noch aus versengten Wirbeln.
    Weinend kniete sie vorsichtig neben ihrer Mutter nieder, schirmte sie mit ihrem Körper ab, achtete darauf, ihr nicht zu nahe zu kommen, während kleine Blitze des Schildes die Treffer der Deserteure signalisierten.
    Das Licht der Blitze wurde für eine kurze Zeit intensiver, wechselte unerwartet die Richtung, fokussierte sich, zerfetzte innerhalb weniger Sekunden alle Uniformierten im Innenhof.
    Sinistra blickte auf ihrem Visier in das Gesicht eines Offiziers der Schattentruppen.
    »Es tut mir
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