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Coruum Vol. 3

Coruum Vol. 3

Titel: Coruum Vol. 3
Autoren: Michael R. Baier
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leid, Siira, dass ich nicht schneller hier war, erst die Notaktivierung Eures Schutzfeldes hat mich alarmiert! Seid Ihr schwer verletzt?«
    Die Schreie kamen jetzt aus dem Inneren des Hauses.
    Langsam materialisierte nur wenige Schritte neben ihr ein Berg aus fahlen Monofasern, presste sich eine Kralle des Zerstöreranzugs widerstandslos durch einen am Boden liegenden Angreifer, schloss Sinistra und ihre Mutter in sein erweitertes Schutzfeld mit ein. Als nur Momente später die kleinen Kampfdrohnen in einem seiner Schulterbehälter andockten, waren die Schreie im Haus verstummt.
    Es war alles vorbei.
    »Nein, nicht sehr.«
    Ein nachlassender Schmerz stach noch in ihre Schulter, das Gefühl in ihrem Arm kehrte brennend und pochend zurück. Sinistra riss sich das Visier vom Kopf, schaltete das Schutzfeld ab und nahm ihre Mutter in beide Arme, fühlte erst spät die schwache Bewegung einer Hand, sah in die lächelnden, ruhigen Augen.
    »Nimm, meine kleine niña«, hörte sie die brüchige Stimme ihrer sterbenden Mutter.
    So blieb sie eine Ewigkeit in inniger Umarmung auf dem Boden hocken, umklammerte ihre Mutter, hielt mit einer Hand den kleinen, baumwollenen Beutel, während der Schlacht-Certeer neben ihnen reglos Wache hielt.
    »Es ist dort noch ein Kind, Siira. Die Drohnen haben es entdeckt. Es hat sich im Haus versteckt und Hud Pasuun versucht intensiv, Euch zu erreichen«, drangen die Worte des Offiziers nach einiger Zeit über die Außenlautsprecher des Anzugs an ihre Ohren und erweckten sie aus ihrer Trauer.
    Sinistra legte den Körper ihrer Mutter sacht ab, sprang auf.
    » Nicht jetzt! «, sagte sie, rannte zum Haus, versuchte dabei ihren Blick von den Getöteten abzuwenden, sprang die breiten Stufen hinauf und betrat die Eingangshalle.
    » Romina! « rief sie, » komm her, meine Kleine, Sina ist zurück! «
    Ein Rascheln kam von der verborgenen Tür unter der Treppe. Sie ging vorsichtig auf die holzvertäfelte Wand zu, half ihrer kleinen, tränenverschmierten Cousine, das Versteck zu öffnen, nahm sie in die Arme und setzte sich mit ihr auf das Sofa im Verschlag, welcher ihr die letzten Tage Zuflucht geboten hatte. Gemeinsam öffneten sie den kleinen Baumwollbeutel, behutsam schüttelte Sinistra der Kleinen die sechs Sorgenpüppchen aus ihrer Kindheit auf die Hand.
    »Die werden nicht reichen«, flüsterte Romina traurig und schniefte, »es ist so viel zu tun.«
     
    *
     
    Die violette Morgensonne des neuen Tages tauchte das vierte Grab in ein kaltes Licht. Der Offizier hatte den Hof von allen anderen Leichen befreit, Sinistra wollte nicht wissen, wohin oder wie.
    Romina umklammerte mit der Linken fest ihre Hand, in der anderen hielt sie die verbliebenen zwei Püppchen. Liebevoll legte Sinistra das vierte Püppchen auf das Grab ihrer Mutter. Es war Ixmucane, die Vertreterin, die sie in ihrer Kindheit nach der Prinzessin benannt hatte, welche der Sage nach die ersten Sorgenpüppchen vorn Sonnengott erhalten hatte.
    Ein leises Summen lenkte sie ab.
    »Siira, ein Besucher bittet Euch zu sprechen«, sagte der Schattenoffizier.
    Neugierig drehte sie sich um, blickte durch den Innenhof, erwartete einen Trauergast der Familie oder der Nachbarn zu sehen.
    Überrascht erblickte sie am Eingangstor einen großgewachsenen Mann im Uniformanzug der Schattentruppen. Kein Grau diesmal – kein Offizier – sondern ein helles Braun. Sie festigte ihren Griff um die Hand der kleinen Romina und ging auf ihn zu. Der Mann lächelte sie freundlich an – woher kannte sie dieses Gesicht? Er schien dem Aussehen nach um die dreißig zu sein, das bedeutete für einen Bewohner der Königreiche ein Alter von vierzig bis fünfzig Jahre. Sein hellblondes Haar hatte er zu einem stumpfen Zopf gebunden, tiefblaue Augen unter kräftigen Augenbrauen sahen prüfend auf sie.
    »Entschuldigt, wenn ich Eure Trauer störe, Siira. Mein Name ist Syncc Marwiin, ich würde sehr gern mit Euch über die Fortsetzung unserer Arbeit sprechen.«
    Natürlich! Es waren die Gesichtszüge Syncc Marwiins, aber er war so jung. Wie konnte das sein? Was hatte er gesagt?
    »Ich erkenne Eure Verwirrung, Siira«, seine Augen lächelten. » Marwiin ist kein Name, es ist vielmehr ein Titel – für den Verantwortlichen unter den Synccs. Ich werde die Aufgaben des bisherigen Namenträgers fortführen. Ihr wart ihm eine sehr große Hilfe. Er bat mich vor seinem Tod, Euch zu erlauben, diese Arbeiten fortzuführen – im Dienst der Kulturbewahrer.«
    Sie wusste darauf nichts
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