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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
Autoren: Andrea Camilleri
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eine Kiste Fisch auf der Schulter trug. Es war kein Meisterstück, hatte aber einen gewissen Charme. Livia hatte sie vor allem wegen ihres Gesichtsausdrucks gekauft, erfahren, offen, intelligent. Und schlagartig erinnerte er sich an das, was Livia ihm zugeflüstert hatte, als sie sie ihm hinhielt:
    »Wenn wir eines Tages einen Sohn haben werden, dann soll er so sein.«
    Wie viele Jahre waren seither vergangen? Zehn? Fünfzehn? Und während ihn ganz plötzlich ein innerer Aufruhr überfiel, begriff er, dass Livia recht hatte.
    Nicht das Haus als solches, sondern das, womit man es ausgefüllt hatte, die Erinnerungen, die Vergangenheit, die Trauer und Freude, die Hoffnungen und Enttäuschungen, die Tränen und das Lachen, natürlich konditionierte all das!
    Er wollte die kleine Statue gerade wieder an ihren Platz stellen, da glitt sie ihm aus der Hand und fiel zu Boden. Er bückte sich fluchend, um die Bruchstücke aufzusammeln.
    Nur der Kopf war auf Höhe des Halses klar und sauber vom Rumpf getrennt, ansonsten hatte die Figur keinen Schaden erlitten. Er versuchte, sie wieder zusammenzusetzen: Die Teile passten aufs Vollkommenste aufeinander, nicht der kleinste Splitter war abgeplatzt.
    Er suchte nach einem Alleskleber, fand ihn, setzte sich und fügte den Kopf mit größter Sorgfalt wieder an den Körper. Er beglückwünschte sich, die Reparatur war perfekt gelungen, und das, obwohl er überhaupt kein handwerkliches Geschick besaß. Er ließ die Statuette auf dem Tischchen stehen und ging seinen Koffer packen. Er würde mindestens vier Tage mit Livia wegbleiben. Doch kaum hatte er den Koffer vom Schrank heruntergeholt und aufgeklappt, war ihm nicht mehr nach Reisevorbereitungen, ihm war die Lust vergangen. Am nächsten Morgen hätte er noch alle Zeit der Welt, um zu packen.
    Er beschloss, so lange auf der Veranda sitzen zu bleiben, bis ihn der Schlaf überkommen würde.
    Am nächsten Morgen wachte er später auf als gewöhnlich, nämlich nach acht, offenbar waren sein Kopf und sein Körper bereits in Urlaubsstimmung. Er stellte sich lange unter die Dusche, und nach dem Rasieren packte er Rasierapparat, Seife, Kamm und die anderen Dinge, die er brauchte, zusammen und steckte sie in ein elegantes schwarzes Necessaire, das Livia ihm einmal geschenkt hatte, und legte es in den Koffer. Dann öffnete er den Schrank und begann, die Hemden auszusuchen. Um neun Uhr war der Koffer gepackt, er klappte ihn zu, trug ihn zum Auto und legte ihn in den Kofferraum.
    Sollte er noch mal beim Kommissariat vorbeifahren? Oder sich einfach ins Auto setzen, ohne irgendwem etwas zu sagen, und sich dann von außerhalb melden? Wahrscheinlich war es doch besser, die Reise jetzt gleich telefonisch anzukündigen.
    In dem Augenblick, als er den Hörer abnahm, sah er die Statuette. Er nahm sie in die Hand und betrachtete sie. Der Kopf und der Körper hatten sich perfekt zusammengefügt, doch rings um den Hals verlief eine haarfeine Linie, die eindeutig auf den Bruch und die danach erfolgte Reparatur hinwies.
    Sicher, von weitem betrachtet wirkte die Statue unversehrt, vollkommen, doch aus der Nähe … Na, was soll's, sagte er sich, als er sie wieder an ihren Platz stellte, wichtig ist, dass sie wieder repariert werden konnte und nicht weggeworfen werden musste. Er nahm den Hörer auf und hörte jemand sprechen. Eine Interferenz? Aber da erkannte er auch schon Catarellas Stimme.
    »Hallo? Hallo? Wer ist am Apparat?«
    »Hier ist Montalbano, Catare.«
    »Haben Sie mich denn jetzt angerufen?«
    »Nein Catare, ich wollte dich gerade anrufen, aber du warst schon in der Leitung.«
    »Aber wieso antworte ich denn, ohne dass Sie mich angerufen haben?«
    »Du hast doch gar nicht geantwortet, denn immerhin wolltest du ja gerade mich anrufen und … Hör zu, lassen wir das, ist besser so. Ich rufe dich an, um dir zu sagen, dass ich nicht ins Büro komme, weil ich nämlich verreise, und zwar…«
    »Sie dürfen auf gar keinen Fall verreisen, Dottori!«
    »Wieso?«
    »Insofern jemand ermordet worden ist.« Das war wie ein Schlag ins Gesicht.
    »Wo?«
    »Direkt an der Ortsausfahrt, an der Straße nach Montelusa.«
    Er hatte darauf gehofft, dass es außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Kommissariats wäre. Doch so mussten sie sich darum kümmern. »Weißt du, wie er oder sie heißt?«
    »Fazio hat's mir gesagt, aber jetzt fällt es mir nicht mehr ein … Warten Sie … Wie heißt noch das Ding, das man zum Schreiben braucht?«
    Wollte Catarella jetzt etwa
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