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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx
Autoren: Andrea Camilleri
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in der Via Matteotti verantwortlich war, und Signora Pica, die fünfzigjährige Buchhalterin. Es gab nur vier Stühle, auf denen der Commissario und die drei Angestellten Platz nahmen. Die Lagerarbeiter setzten sich auf zwei Holzplanken, die wiederum auf anderen Holzplanken lagen. Ragioniere Crapanzano stellte sie alle von links nach rechts vor. Montalbano ergriff das Wort.
    »Sicher wird Ragioniere Crapanzano Ihnen gesagt haben, wer ich bin und warum ich Sie sehen wollte. Wir wollen keine Minute Zeit mehr verlieren bei der Jagd auf die äußerst gefährlichen Verbrecher, die Signor Picarella entführt haben. Ich entschuldige mich dafür, dass ich Sie gezwungen habe, während Ihrer Pause hierzubleiben. Aber ich denke, Sie verstehen, dass jetzt die eigentlichen Ermittlungen beginnen. Der arme Signor Picarella hat uns in Anbetracht seines wirklich besorgniserregenden Zustands bisher nur wenig sagen können.«
    »Geht es ihm schlecht?«, wagte sich Crapanzano mit der Frage hervor.
    Montalbano führte eine fabelhafte Pantomime vor. Er breitete die Arme weit aus, richtete die Augen gen Himmel und nickte wiederholte Male mit dem Kopf. »Außerordentlich schlecht. Er kann nur mit Mühe sprechen.«
    »Der Arme!«, sagte die Buchhalterin Pica und trocknete sich eine Träne.
    »Und das«, fuhr Montalbano fort, »weil er schwer misshandelt worden ist, Tag und Nacht, während der ganzen Dauer der Entführung. So hat er uns gesagt. Fußtritte, Faustschläge, Knüppelschläge. Quälereien und Demütigungen aller Art. Und das völlig grundlos.«
    »Der Arme, der Arme!«, sagte die Buchhalterin noch einmal.
    »Seine Bewacher waren erbarmungslos. Dieses Verhalten wirkt sich strafrechtlich überaus erschwerend aus. Ich glaube, der Ermittlungsrichter hat vor, gegen dieses Verhalten Anklage wegen versuchten Mordes zu erheben. Und auch wir werden gegenüber den Entführern von Signor Picarella keine Nachsicht walten lassen!« Wie war es möglich, dass das alles so leicht ging? Er hatte gerade erst angefangen, über die aus dem Stegreif erfundenen Quälereien zu sprechen, die Picarella erlitten hatte, als der dritte Lagerarbeiter von links, der vierzigjährige Salvatore Spallitta, zuerst ein absolut verblüfftes Gesicht machte und dann ziemlich verängstigt dreinschaute. Der Commissario schaute auf eine der Listen, die er die ganze Zeit über in der Hand hielt. Spallitta arbeitete im Lager in der Via Matteotti, und Fazio hatte ihn als Drogenabhängigen und gelegentlichen Dealer gekennzeichnet. Weil er gerade Improvisationstheater spielte, beschloss er, diesen Weg einfach weiter zu beschreiten. »Doch da ist noch mehr. Ich bitte Sie, mir aufmerksam zu folgen. Für die Freilassung von Signor Picarella ist kein Lösegeld gefordert worden. Warum aber ist er dann entführt worden? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: um ihn für einige Zeit von seiner Arbeit fernzuhalten. Und weshalb bestand diese Notwendigkeit? Weil in diesen Tagen in einem seiner Lager oder in allen beiden etwas hinter seinem Rücken geschehen sollte, etwas, das er hätte bemerken können, wenn er hier gewesen wäre.«
    »Aber… In diesen Tagen ist doch gar nichts passiert hier!«, sagte Crapanzano.
    Montalbano betete zum Heiland, dass in diesen Tagen im anderen Lager irgendein Mist passiert war. Und er blickte Filippo Strano an.
    »Bei uns auch nicht. Abgesehen von einer großen Lieferung von Hölzern…«
    »Die kamen woher?«
    »Aus der Ukraine.«
    Montalbano grinste höhnisch. Das kam ihm gerade recht.
    »Und das nennen Sie nichts?«
    »Entschuldigen Sie, warum?«
    »Das weiß ich ganz genau, warum!«
    Ragioniere Strano verstummte besorgt.
    »Ist das Holz noch im Lager?«
    »Nein. Es war vorbestellt und wir haben es bereits …«
    »Sie haben wirklich keine Zeit verloren, wie?« Strano blickte geradezu hilfesuchend zu Crapanzano. »Können wir mal erfahren, warum dieses Holz so wichtig war?«, fragte Crapanzano.
    »Weil ein paar Bretter hohl waren und Drogen enthielten«, antwortete der Commissario wie aus der Pistole geschossen.
    Die Anwesenden wirkten, als wären sie plötzlich alle miteinander von einer ansteckenden Seuche befallen worden. Der Schlag traf Spallitta voll, und er wurde leichenblass.
    »Das ist eine Vermutung, hören Sie, eine Vermutung der Drogenfahndung, die jedoch in aller Regel nicht einfach so ins Blaue hineinredet.«
    Im Lager war es stiller als in einem Grab.
    »Ich will jetzt aber nicht weiter Ihre Zeit in Anspruch nehmen. Von morgen früh
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