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Columbus

Titel: Columbus
Autoren: Waldtraut Lewin
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weiter, aber oft sind es auch Irrwege oder Sackgassen, und man muss umkehren und eine andere Straße, einen anderen Ansatz versuchen. Und immer ist dann noch die Frage, ob man auch den richtigen Schlüssel zur Pforte besitzt.
    In dieser Weise wollen wir in diesem Buch versuchen, den Schlüssel für diesen rätselhaften Mann zu finden, die richtige Tür, durch die wir gehen können, um den Columbus vorzustellen, dessen Leben, Taten und Charaktereigenschaften ein Ganzes bilden. Ungereimtheiten und Fragen werden bis zum Schluss bleiben - sowohl bei ihm als auch bei der Frau, die die große Liebe seines Lebens war.
    Das Spiel beginnt: Wer war dieser Mann wirklich? Wo stammt er her? Was werden wir entdecken?
    Â 
    Bis vor wenigen Jahren war sich die Forschung einig darin, dass Columbus aus Genua in Norditalien stammt, und jeder ist dieser »Erkenntnis« gern gefolgt. In seinem Testament schreibt der Admiral nämlich, er sei »genuesischer Herkunft«. Wenn er es denn selbst sagt! Die Genueser durchstöbern also ihre Archive, und siehe da, sogar ein Geburtshaus kann man vorweisen! Cristoforo soll der fünfte Sohn eines Wollkämmers gewesen sein, also eines kleinen Handwerkers, 1451 geboren und bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr in der Werkstatt seines Vaters beschäftigt. Und dann ging er zur See... Das galt als erwiesen. Sofort errichtet man ihm ein Denkmal und ist stolz. Der »große Sohn der Stadt«!
    Dem widerspricht jedoch dies und jenes.
    Zum Beispiel die wenigen Selbstzeugnisse dieses Mannes. Da gibt es einen Brief, in dem er von sich behauptet: »Von klein auf segelte ich über die Meere...« Also mit zwanzig ist bestimmt nicht »von klein auf«, denke ich.
    In einem anderen Brief aus dem Jahre 1502 schreibt er, er segele seit 40 Jahren. Was bei einem angenommenen Geburtsdatum von 1451 also bedeutet, dass er mit elf Jahren zur See gegangen sein muss. Das hört sich schon realistischer an als die Annahme, dass dieser perfekte, mit allen Wassern gewaschene Seemann, dieser erfahrene Navigator und Kenner des Ozeans sozusagen als Quereinsteiger ȟber den zweiten Bildungsweg« Kapitän geworden sein könnte.
    Und da gibt es noch ein paar andere kluge Leute, die etwas herausgefunden haben. Der fünfte Sohn des genuesischen Wollkämmers wäre seinem Stand entsprechend ungebildet gewesen: Schulen für Kinder von Handwerkern gab es nicht - also müsste Columbus angeblich Lesen und Schreiben erst in seiner »Zweitkarriere« gelernt haben. Das erregte schon immer Kopfschütteln unter den Experten.
    Ein Spezialist für alte Handschriften an der Universität von Barcelona, der Provinzhauptstadt von Katalonien, hat nun neuerdings die Handschrift von Columbus analysiert - eine Handschrift, die ganz unverwechselbar ist und die auch ich inzwischen wiedererkennen würde unter vielen anderen: die weit geschwungenen Bögen, die klare Abgrenzung der Wörter gegeneinander, präzise und filigran, die arroganten, sorgsam platzierten Großbuchstaben - eine imponierende Schrift.
    Der Experte hat sie mit anderen Schriftproben aus der Zeit verglichen - und er hat den Stil genau unter die Lupe genommen.
    Für ihn ist eindeutig klar: Columbus schreibt so wortreich und ausdrucksstark, so flüssig und variabel, wie das nur jemand kann, der von Kindheit an mit der Kunst des Schreibens vertraut war. Und wenn er in Eile war, formte er das »h« wie eine Acht. Das ist typisch für den Schreibstil in Katalonien zu der Zeit.
    Nun war der Ehrgeiz der Katalanen geweckt. Ein Columbusdenkmal hatten sie ja schon immer - der Seefahrer steht auf hoher Säule am Hafen Barcelonas und schaut gebieterisch übers Meer. Ein zweiter Gelehrter der Stadt, Professor für forensische Linguistik, kommt neuerdings ins Spiel. (Forensische Linguistik bedeutet gerichtsmedizinisch auswertbare Sprachkunde.) Angenommen, jemand schreibt in einer ihm von Haus aus fremden Sprache: Anhand einer Computeranalyse, bei der nach immer wiederkehrenden Wörtern, Redewendungen oder kleinen Fehlern innerhalb eines Textes gesucht wird, kann man inzwischen ziemlich genau feststellen, woher er tatsächlich stammt, welche Muttersprache der Schreiber spricht.
    Und siehe da: Alles weist darauf hin, dass Columbus aus Katalonien kommt, aus einem Ort in der Nähe von Barcelona - zumal da ihn auch nie jemand ein einziges Wort Italienisch hat sprechen hören!
    Und damit versagt der
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