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Columbus

Titel: Columbus
Autoren: Waldtraut Lewin
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ironisch nach unten. »Ich hoffe, wir sprechen vom gleichen Gott. Stimmt es, Santangel, dass dieser Mann, der aus dem Nichts zu uns kam - dass er ebenfalls anders ist?«
    Â»Er ist der Schützling Eures einstigen Beichtvaters Fray Juan Pérez«, erwidert der Minister steif, und sein üppiger Bart verbirgt das Zucken seines Wangenmuskels. »Ich verstehe Euch nicht.«
    Â»Auch unter den Benediktinermönchen soll es Beschnittene geben, ehemalige Juden«, sagt die Herrin Kastiliens beiläufig. »Ihr versteht Euch doch untereinander, Ihr anderen , nicht wahr? Ihr Fremden. «
    Â»Ich bin nicht fremd. Ich bin ein guter Christ und Eurer Majestät ergebener Diener.«
    Â»Zumindest Letzteres glaube ich wohl. Ihr könnt gehen, Contado mayor. Und lasst diesen Colón zurückrufen. Die Bedingungen sollen akzeptiert werden.«
    Unter Verbeugungen verlässt Santangel rückwärts den Audienzraum. Wie ich sie hasse, denkt er. Der reichste, der mächtigste Mann im Staate zu sein, nach den Majestäten - und trotzdem jeden Tag in Furcht und Zittern leben …
    Luis Santangel nämlich ist ein Converso. Er ist ein zum Christentum übergetretener Jude. Im Spanien Isabellas und Ferdinands, im Spanien des Torquemada, nennt man die Conversos auch Marranen. Das heißt zu Deutsch Schweine. Und bei ein paar Beschimpfungen bleibt es nicht.

Weitere Bausteine zum Puzzle Columbus
    So ausgerüstet haben wir vielleicht den nächsten Schlüssel in der Hand, eine Tür zu den geheimnisvollen Lebensumständen unseres Seefahrers zu öffnen. Verschleiert er seine Herkunft, weil er - vielleicht - zu den anderen gehört?
    Wir befinden uns also im Augenblick auf Mallorca und haben einen heutzutage nicht mehr existenten Ort namens Genoba entdeckt.
    Mallorca? Was soll denn nun im 15. Jahrhundert auf Mallorca los gewesen sein?, wird vielleicht manch einer fragen. Aber da belehrt uns selbst der oberflächlichste Reiseführer in seinem historischen Teil eines Besseren.
    Zu einer Zeit, als das Mittelmeer noch das Zentrum der europäischen Seefahrt und des Handels war, hatte die Insel einen hohen Stellenwert. Ihr Hafen war ein wichtiger Umschlagplatz für die Güter der Anrainer, von Spanien bis Ägypten und umgekehrt. Handel und Schiffbau florierten und vor allem war die Insel ein Zentrum der Kartenzeichner-Kunst.
    Unter Karten, vor allem unter Seekarten, müssen wir uns damals etwas anderes vorstellen als heute. Die Welt war zum großen Teil unentdeckt und natürlich auch unvermessen, und die wunderschön fantasievoll verzierten Kartenblätter haben häufig eher einen künstlerischen Wert, als dass sie sich durch Exaktheit auszeichnen. Sie wiesen weder ein Netz aus Längen- und Breitengraden auf noch hatten sie irgendwelche Maßstabangaben.
    Da man hauptsächlich in Küstennähe schipperte, erfüllten diese so genannten Portolanen einen ganz anderen Zweck: Sie verzeichneten die wichtigsten Städte und Häfen einer Region und die Landmarken der Gegend, wie Berge, Riffe oder Klippen, nach denen man sich orientieren konnte.
    Im 15. Jahrhundert war das Mittelmeer zunehmend zur Konfliktzone geworden. Die christlichen Seefahrer sahen sich auf der einen Seite mit den kriegerischen Arabern und Mauren Nordafrikas konfrontiert, im Osten bedrängte sie das osmanische Reich. Und von den allgegenwärtigen Piraten einmal ganz zu schweigen. Es wurde eng auf dem Wasser, die Handelsmöglichkeiten schrumpften - man musste aber expandieren! Doch dazu benötigte man exaktere Karten. Karten, beziehungsweise eine Karte wird in unserer abenteuerlichen Entdeckergeschichte noch eine große Rolle spielen.
    Im frühen Mittelalter hatte Mallorca mal diese, mal jene Herrschaftsform ertragen. Je nachdem, wer die Insel gerade mal erobert hatte. Was aber konstant blieb, das war die Tatsache, dass der Handel des Hafens Palma, das Be- und Entladen der Schiffe und der Transfer der Waren, weitgehend in jüdischer Hand war. Das hängt einfach damit zusammen, dass die Juden Europas, früh in die Position der »Geldwechsler« gedrängt (für Christen galt das als eine unehrenhafte Beschäftigung) und von ihrer Religion her seit eh und je ein Volk, in dem Bildung - Lesen, Schreiben, Rechnen - einen Vorrang hatte, einfach eher in der Lage waren, logistische und intellektuelle Prozesse durchzuführen. Jemand, der die Dreisatzrechnung seit der frühen Kindheit
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