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Columbus

Titel: Columbus
Autoren: Waldtraut Lewin
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draufhat, mehrere Sprachen in Wort und Schrift beherrscht und vorausschauend planen kann, ist nun mal einem Menschen überlegen, der im Zahlenraum von Eins bis Zehn an den Fingern rechnet und allerhöchstens mit den Händen »fremd spricht«.
    Ihre Fähigkeit, die Welt mit dem Stift in der Hand darzustellen, machte sie außerdem zu den genauesten und deshalb gesuchtesten Portolanenzeichnern. Mallorca war eine Hochburg der Kartengestaltung. Die jüdische Gemeinde auf der Insel floriert.
    Und dann kommt die Pest. 1391 erreicht der »Schwarze Tod«, der überall in Europa wütete, auch Mallorca. Niemand hat damals auch nur die geringste Ahnung von den Funktionsmechanismen einer Infektionskrankheit. Die Pest wird als »Geißel Gottes«, als Strafe für die Sünden des Menschengeschlechts gesehen. Und irgendwer muss schuld sein. Gern sucht man sich immer einen Sündenbock unter denen, die anders sind als man selbst - vor allem wenn sie auch noch Reichtum und Wissen besitzen.
    Am 2. August 1391 wird das Ghetto von Palma überfallen, unzählige Juden werden bestialisch zu Tode gemartert.
    Die Überlebenden sind vorsichtig. Viele treten formell zum Christentum über, bewahren aber in der Stille der Familie ihren alten Glauben mit seinen Bräuchen und Riten. Und das geht für lange Zeit gut. Die »Conversos« werden ja auch gebraucht, mit ihrem Wissen und auch als unentbehrliche »Bankiers« der Kaufleute wie der Könige.
    1450 dann wird die Insel wieder einmal spanisch. -
    Nun gut, können wir fragen, aber was hat das mit unserem Seefahrer zu tun? Falls er wirklich auf Mallorca geboren ist - warum sollte er ausgerechnet Nachfahre von Juden sein?
    Es gibt da ein paar spannende Details. Zum einen ist sein Bruder Bartolomeo einer der gefragtesten Kartenzeichner seiner Zeit. Eine Weile arbeitet Cristobal auch in dessen Werkstatt in Cordoba mit, um Geld zu verdienen. Sie beide kommen aus Genoba, also von Mallorca, und so liegt zumindest nahe, dass sie Abkömmlinge von so genannten »Neuchristen« sind.
    Na schön, könnte man sagen. Aber ist das hinreichender Beweis für irgendetwas? Wohl kaum. Aber dabei bleibt es ja nicht.
    Wieder einmal werden die Schriftdeuter zurate gezogen.
    In den späteren Briefen des Columbus an seinen Sohn Diego befinden sich geheimnisvolle Zeichen in der linken oberen Ecke des Blattes, eine Art Schnörkel, um deren Deutung man lange Zeit verlegen war, bis sich ein paar Leute damit befassten, die des Hebräischen mächtig waren. Zunächst einmal fiel auf, dass der Schriftzug nicht von links nach rechts ausgeführt ist, sondern umgekehrt (im Hebräischen schreibt man von rechts nach links). Die Forscher entzifferten diesen Schnörkel schließlich als die beiden hebräischen Buchstaben Beth und Hei, was die Abkürzung der jüdischen Segnung »Baruch Haschem« (Gelobt sei der Name des Ewigen!) ist.
    Columbus hat also im vertraulichen familiären Schriftverkehr sich einer jüdischen Segensformel bedient - und das stimmt denn doch nachdenklich.
    Ein noch größeres Rätsel gibt die Unterschrift unseres Seefahrers auf. Columbus hat sich eine außerordentlich pompöse Art des Signierens angewöhnt, nachdem er ein erfolgreicher Entdecker geworden war. Ebenfalls an Diego unterschreibt er so:

    Â 
    Ãœber diese Zeilen haben sich unzählige Leute den Kopf zerbrochen. Die letzte Zeile ist noch am einfachsten zu deuten. Der Doppelpunkt vor »Xpo« heißt auf Spanisch »colón«, also könnte der Schreiber so seinen Familiennamen abgekürzt haben. »Xpo« ist die gängige Abkürzung für Cristo und das Wort FERENS ist Lateinisch und heißt »tragend«. Also eine andere Gestalt des Vornamens Christophorus, welcher der Legende nach den Erlöser als Kind durch ein reißendes Wasser getragen hat - so wie Columbus, als Entdecker und Missionar, »das Wort Gottes zu den Heiden« über den Ozean gebracht hat.
    Aber das Dreieck darüber? Dem Geist der Zeit entsprechend, muss es sich um eine religiöse Verschlüsselung handeln. Neben vielen christlichen Deutungen gibt es auch eine jüdische. Wenn man in die Buchstaben hebräische Wörter sozusagen hineinkomponiert, ergeben sie, oben beginnend und von rechts nach links gelesen: Shaday - Shaday - Adonai -Shaday - Yehova - Moleh - Chesed. (Herr, Herr Gott Herr, der Ewige spendet Erbarmen!)
    In Briefen an
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