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The Hollow

The Hollow

Titel: The Hollow
Autoren: Jessica Verday
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Kapitel eins – Letzte Worte
    »Wegen der lautlosen Ruhe des Ortes und des seltsamen Charakters seiner Bewohner … ist dieser abgeschiedene Flecken lange unter dem Namen Sleepy Hollow –« schläfrige Schlucht »– bekannt …«
    Sleepy Hollow von Washington Irving
     
    Es war schon merkwürdig. Hätte ich mir in so einem Augenblick nicht ernsthafte Gedanken um die Ewigkeit und ein Leben nach dem Tod und so etwas machen müssen? Als ich mich umschaute und mir die Leute ansah, die in kleinen Gruppen im Raum herumstanden, hatte ich den Eindruck, dass sie jedenfalls mit solchen Überlegungen beschäftigt waren. Jedes der ernsten Gesichter spiegelte fromme Gedanken wider, aber alles, woran ich denken konnte, war die Geschichte mit dem Haarefärben.
    Es war merkwürdig.
    Ich meine, ich hätte an all die Dinge denken sollen, die ich sagen wollte. An all die Dinge, die ich nicht sagen konnte. Und an all die Dinge, die ich niemals würde sagen können. Aber das tat ich nicht. Es kam mir vor, als würde all das nicht wirklich passieren. Sie wurde erst seit achtundfünfzig Tagen vermisst. Das war doch nicht lange genug her, um sie … für tot zu erklären.
    Man kann einen Toten nicht aufbahren, wenn es keine Leiche gibt. Und wenn du jemanden nicht aufgebahrt gesehen hast, kann er nicht auf Dauer aus deinem Leben verschwinden. Ist doch logisch. Dies hier war nur Theater. Man tat nur so, als ob.
    Ich starrte noch ein wenig länger auf den geschlossenen Sarg und schlurfte zur Seite, als jemand hinter mir auftauchte. Die Botschaft war wortlos, aber es war eine Botschaft. Du hattest die Zeit, die dir zustand, jetzt geh zur Seite.
    Ich ging zur Seite.
    Ich presste mich dichter und dichter an die Wand, als wollte ich mit ihr verschmelzen. Ein modriger, schaler Geruch entstand um mich herum, der süßliche Geruch nach Blumen, die ihre Blütezeit überschritten hatten. Als hätte der Raum selbst den jahrelangen Gestank angenommen. Ich legte eine Hand hinter meinen Rücken und berührte die vergilbte Maiglöckchentapete an der Wand. Sie fühlte sich rau und uneben unter meinen Fingern an und bedeckte jeden Quadratzentimeter des Raums, der aussah, als wäre er seit 1973 vollkommen unverändert.
    Es war grässlich.
    Der Raum füllte sich und ich schlurfte auf die linke Seite hinüber. Hier war der erbsensuppenfarbene Flokatiteppich an mehreren Stellen vollkommen abgetreten. An den Wänden hingen verblasste Bilder von Schäfern, die ihre Herde hüteten, alle hatten kleine Wasserflecken und hingen an kitschigen Golddrähten. Ich war fasziniert von der durchgängigen Geschmacklosigkeit.
    Wieso um alles in der Welt hatte man einen solchen Raum ausgewählt, um eine große Gruppe von Menschen darin zu versammeln? Es war so ungefähr der hässlichste Raum, den ich je gesehen hatte. Eine Bingohalle wäre noch passender gewesen als das hier.
    Doch jedes Mal, wenn ich daran dachte, den Raum und all diese Menschen zu verlassen, sah Mom mich an und warf mir einen ihrer Blicke zu. So einen Tut-mir-leid-Schätzchen-aberes-dauert-bestimmt-nicht-mehr-lange-Blick. Was nichts anderes hieß, als dass es in Wirklichkeit noch sehr lange dauern würde.
    Besonders, weil Mom und Dad vollkommen glücklich darüber zu sein schienen, sich mit jeder Person, die den Raum betrat, mindestens zwanzig Minuten lang zu unterhalten. Also starrte ich auf die hässliche Tapete … und diesen widerlichen Teppich … und diese kitschigen Bilder …
    Ich musste hier weg. Ich gab Mom ein Zeichen – wenigstens hoffte ich, dass es irgendwie als Zeichen durchging – dass ich einen Spaziergang machen wollte. Sie reagierte nicht, aber da sie auf der anderen Seite des Raums stand, hätte sie mich ohnehin nicht aufhalten können.
    Die nächste Tür führte in einen Gang, der in ein großes Foyer im vorderen Bereich des Beerdigungsinstituts mündete. Das Foyer war alt und staubig, mit scheußlichen künstlichen Blumen geschmückt und mit einer ebenso künstlichen Holztäfelung, die die untere Hälfte der Wände bedeckte. Irgendjemand hatte es für eine gute Idee gehalten, das Blumenthema hier fortzusetzen und unmittelbar über der Holztäfelung eine gemalte grüne Efeubordüre anzubringen, die genauso schrecklich war wie die Maiglöckchentapete.
    Es war einfach nur hässlich.
    Dann entdeckte ich eine Bank. Der Garderobenständer daneben hing voller Mäntel und Jacken, aber die Bank war leer. Und wie für mich reserviert. Plötzlich machte mir die hässliche Holztäfelung nichts
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