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Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Titel: Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Autoren: Paul Preuss
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Müllers leuchtend hell lackierten Titan-Hummer mitten in der nicht allzu großen, von Menschen bewohnbaren Kammer der Medusa entdeckte. Trotzdem verkraftete er den Anblick der großen Maschine mit Leichtigkeit. Ich vermute, Angus war dem Tod bereits mehrere Male recht nahe gewesen; dabei wird er wohl gelernt haben, so manches mit Leichtigkeit zu verkraften.
    Angus lugte in das runde Sichtfenster des Hummers und sah Müller, der ihn starr vor Schreck anstarrte. Müller fragte sich bestimmt, was für ein Wesen er dort vor sich habe. Keinem von uns hatten die Jahrhunderte unter Wasser gut getan, was das Aussehen betraf. Laut eigenen Aussagen verbrachte Angus die nächsten Minuten damit, den Schweizer Ingenieur davon zu überzeugen, daß es ungefährlich war, herauszukommen.
    Mittlerweile hatten wir übrigen damit begonnen, uns zu erheben und bleich, naß und verschrumpelt wie Backpflaumen aus der wassergefüllten Ertränkkammer in die Zentraleinheit der Medusa zu krabbeln. Was mich betrifft – diesmal brachte ich nicht den geringsten Funken Begeisterung auf. Ich vermißte Troy und Redfield, die uns den Übergang hätten erleichtern können. Die anderen sahen ebenso erschöpft aus wie ich. Die arme Marianne hatte es am schwersten. All ihre Sorgen, die technisch betrachtet eine Milliarde Jahre in der Vergangenheit lagen, waren ihr noch frisch im Gedächtnis.
    Wir sahen uns Müller gegenüber, einem recht stämmigen Schweizer mit Stahlbrille und blondem Bürstenschnitt, der auf dem Rand der Luke seines gedrungenen und häßlichen Tauchboots hockte und offensichtlich von unserem Anblick entsetzt war.
    »Welches Datum haben wir?« fragte ich ihn hustend und nach Luft ringend. Stammelnd sagte er mir das Jahr. Ich unterbrach ihn jedoch. »Nein, nein. Welchen Monat, welchen Tag?« Er sagte es mir.
    Es war das Datum, das ich hatte hören wollen. Es war der Tag, an dem wir die Erdbahn in unserer Zeit gekreuzt hatten.
    »Nach oben!« rief ich – was Müller so verängstigte, daß er teilweise wieder in seiner Luke verschwand. Zu den anderen sagte ich: »Wenn Sie ebenso empfinden wie ich, dann wollen Sie auch noch einmal die Erde und den Himmel riechen – wenn dies tatsächlich der letzte Augenblick unserer Wirklichkeit sein sollte.« Natürlich konnten sie unmöglich begreifen, was ich damit gemeint hatte, dennoch ließen sie mich gewähren …
    Ich stieg zurück ins Wasser, lange genug, um mit unseren unsichtbaren amaltheanischen Begleitern zu sprechen, die, wie ich gespürt hatte, die Medusa in ihrer Sprache aus Poltern und Pfeifen gesteuert hatten.
    Wir kamen genau zu Sonnenuntergang oben an, durchbrachen die Wasseroberfläche und schwebten vor der Küste über der Bucht. Das Auftauchen der riesigen Medusa war eine Sensation – die in zahlreichen Lokalnachrichten beschrieben wurde – doch erst gegen Morgen hatten die örtlichen Verteidigungskräfte einen Helikopter beschafft, der herausgeflogen kam, um uns aus der Nähe zu betrachten. Die Nacht über hatten sie andere Sorgen gehabt: Unruhen von fast panikartigen Ausmaßen, politische und religiöse Hysterie, hervorgerufen durch die Vielzahl der verspiegelten Objekte am Himmel …
    Durch die klare Kabinenhaube der Medusa sahen wir diesen phantastischen Himmel, der sich über uns ausbreitete. Die leuchtendrote Sonne war noch nicht ganz untergegangen. Noch war es nicht dunkle Nacht, und der Himmel war voller funkelnder Rundkörper, die heller leuchteten als die Sterne und einen Feuerschweif hinter sich herzogen. Und alle hielten genau auf die untergehende Sonne zu.
    »Göttin!« hörte ich mich fluchen – eine Angewohnheit, die ich vermutlich in der Bronzezeit aufgeschnappt hatte. Ich war mir der seltsamen Blicke der anderen durchaus bewußt. »Wo kommen die denn alle her?«
    »Was ist das?« wollte Joy Walsh wissen.
    »Weltenschiffe«, sagte ich, denn plötzlich waren mir die entsetzlichen Folgen dessen, was Thowintha getan hatte, bewußt geworden.
    Ich erinnere mich, wie jemand mit großem Nachdruck sagte: »Die Heisenbergsche Unschärferelation dürfte eigentlich nur für die Mikrowellen gelten!«
    Ein anderer warf ein: »Wir sind durch ein schwarzes Loch geflogen – immer wieder. Dadurch haben wir die mikroskopische Unschärferelation zu makroskopischer Größenordnung aufgeblasen. Hier manifestiert sich die Unschärfe und wird sichtbar.«
    Dann fragte mich jemand anders (Joy war es, glaube ich): »Haben Sie damit gerechnet, Forster?«
    »Ich hatte mit dem gerechnet,
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