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Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Titel: Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Autoren: Paul Preuss
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wenigstens einen Rest seines gesunden Geisteszustands zu bewahren.
    »Wie spät ist es?« wollte ich wissen. Er war der einzige von uns, der es wissen würde. Er blickte auf seinen Chronometer und sagte es mir, auf die Sekunde genau. »Wir sind nicht tot«, wandte ich mich an Marianne. »Wie es scheint, ist die Angelegenheit zu unseren Gunsten entschieden worden.«
    »Wir leben?« fragte sie.
    »Wollen sie damit sagen, das hier ist die eine Realität?« bedrängte mich Angus.
    »Ich will damit sagen, wir werden es nie herausfinden. Wir alle werden mehrfach eines natürlichen Todes gestorben sein, bis die multiplen Versionen der Realität Nemesis erreicht haben.«
    Alle dachten sie ein paar Sekunden darüber nach. Nur Angus und Joy kamen mir schnell genug auf die Schliche, glaube ich, denn als Hawkins wieder anfangen wollte, zu diskutieren – nicht etwa aus Überzeugung, sondern aus reiner Sturheit –, schnitt Angus ihm das Wort ab. »Ich denke, wir machen uns jetzt ein wenig zurecht und holen uns einen Drink.«
     
    In all den Jahrhunderten, in denen ich – wenn auch nur für ein paar Tage – gelebt habe, habe ich nur selten ein Gärungs- oder Destillationsprodukt abgelehnt. Diesmal jedoch ließ ich Angus, Joy, Bill und Marianne ohne mich an Land gehen. Ich war noch nicht so weit, mich ihnen auf der Suche nach einem Drink oder ihrer Begegnung mit dem Zoll anzuschließen. Klaus Müller teilte meine Zurückhaltung offenbar.
    »Ich muß Ihnen etwas erzählen, Professor«, sagte er, als die anderen gegangen waren.
    »Nennen Sie mich Forster«, sagte ich.
    »Forster?«
    »Forster, ja. Tun Sie einfach so, als sei das mein Name.«
    »Wenn Sie wollen.« Müller schwieg wieder, und ich befürchtete, meine Ungeduld hätte ihn verschreckt.
    »Nun?« sagte ich und versuchte dabei freundlich und nicht bedrohlich zu wirken.
    »Was meinen Sie, wie ich an Bord dieses Schiffes gekommen bin?« fragte er.
    »Haben die Amaltheaner Sie nicht hereingeholt?« fragte ich müde. Ich erwartete keine Überraschungen.
    »Als dieses Etwas, das Sie Medusa nennen, auf meinen Hummer zukam, dachte ich, es handele sich um einen von Joes Riesenkalmaren, der mich jeden Augenblick verschlingen wollte. Ich hatte praktisch schon mein Testament gemacht.«
    »Ja, das sagten Sie schon.«
    Er sah mich durch seine dicken runden Brillengläser an, und zwar auf eine Art, die mir verriet, daß ich längst nicht so schlau war, wie ich dachte. »Dann habe ich die Frau gesehen«, sagte er.
    »Wen?«
    »Die Frau. Der Mann kam ein wenig später dazu. Und dann die anderen.«
    Ich glaubte seine Worte zu verstehen, aber ganz bestimmt wußte ich nicht, wovon er sprach. »Wo ist das passiert?«
    »Bei ungefähr achthundert Metern. Die Frau war sehr dünn. Was bestimmt größtenteils auf den Druck zurückzuführen war. Erst hatte ich keine Ahnung, wie sie dort überleben konnte – um ganz ehrlich zu sein, ich war überzeugt, Halluzinationen zu haben –, doch als ich die dunklen Schlitze seitlich an ihrem Brustkorb sah und die Wassereinlässe unterhalb ihres Schlüsselbeins, begann ich zu begreifen.«
    »Und der Mann?« fragte ich.
    »Genau dasselbe. Er hatte die gleichen Einlässe und die Schlitze an der Seite.«
    »Kiemen.«
    »Sie kennen diese Leute?«
    »Wir haben den ganzen Abend über sie gesprochen.« Ich betrachtete ihn voller Mitleid. Ich habe keine Ahnung, was er aus meinem Gesicht las. »Troy und Redfield.«
    »Aha.« Er schwieg. Wahrscheinlich fragte er sich, ob es ein Fehler gewesen war, das Thema anzuschneiden. Wer sollte diese Geschichte glauben?
    »Was geschah dann?« blieb ich hartnäckig.
    »Sie gaben mir durch das Glas ein Zeichen. Zusammen mit den Kalmaren schleppten sie mich zu dem Boot. Die Menschen blieben genau vor mir, schnitten Gesichter, machten Zeichen … ich glaube, sie haben versucht, mich davon zu überzeugen, daß sie Menschen sind. Und dann war ich im Boot selbst. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Sie sagten etwas von den ›anderen‹«, sagte ich.
    Er betrachtete mich; seine Augen wirkten hinter den runden Gläsern größer. »Sie hielten sich sehr im Hintergrund. Ich konnte sie erst sehen, als ich meine Scheinwerfer eingeschaltet hatte. Sie drückten sich ganz hinten in die Dunkelheit.«
    »Können Sie mir etwas über diese Menschen erzählen?«
    »Nur, daß sie genauso aussahen, wie die ersten beiden.«
    »Ganz genau?«
    »Ganz genau. Männer und Frauen, die ihre Zwillingsgeschwister hätten sein können. Sie fühlten
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