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Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff

Titel: Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Autoren: Paul Preuss
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unserem Fall jedoch bedeutet jeder Zeitpunkt vor dem Ursprung einen weiteren Aufenthalt innerhalb der Raumzeitkrümmung. Sobald Nemo das versucht, existieren all die anderen Pfade bereits, bevor wir den Spiegel erreicht haben …«
    Er hielt inne, und wir alle sahen, wie sich auf seinem Gesicht die Erkenntnis abzeichnete. Er hatte sich selber darauf gebracht. »Der Augenblick des Ursprungs«, sagte er. »Der Augenblick, wenn das Photon auf den Spiegel trifft …«
    Troy und Redfield – und auch Thowintha – wußten ebenso gut wie Nemo, wann es zum Showdown kommen mußte. Das Ergebnis würde im statistischen Bereich liegen, ohne Garantien. Aber sie nahmen an, daß wir möglicherweise überleben konnten. Was sie mit einem praktischen Problem konfrontierte. Wo sollten wir uns verstecken?
    Das tiefste Gewässer auf der Erde ist die Challenger-Tiefe im Marianengraben. Der Grund liegt dort 10 915 Meter unter dem Meeresspiegel, also in knapp elf Kilometern Tiefe. Das Weltenschiff hat einen Durchmesser von dreißig Kilometern.
    Eine Version – das Ur-Schiff oder eine seiner späteren Manifestationen – befand sich bereits im Orbit um den Jupiter. Unseres indessen versteckte sich im Mainbelt, wo es sich unter einer dicken Schicht wertlosen Regoliths verbarg. Dennoch blieb seine Größe beträchtlich. Es gehörte zu einem der ersten Asteroiden, die mit einem primitiven Teleskop entdeckt worden waren. In unserer Zeit hatte dieser Asteroid zwei Forschungsexpeditionen widerstanden – und ging beide Male als wertlos im kommerziellen Sinne durch.
    Dort hatten sich Thowintha und seine/ihre unzähligen Begleiter erneut zum Schlaf niedergelegt. Hier im Indischen Ozean – dem am wenigsten bevölkerten Teil der Erde – versanken wir in der Medusa in einen ähnlichen Schlaf. Wobei wir darauf achteten, unsere Vorkehrungen an einem Ort und in einer Zeit zu treffen, in der uns Nemo aller Wahrscheinlichkeit nach nicht stören würde.
    Wir mußten etwa zweitausend Jahre auf den Ausgang der Dinge warten … Unsere amaltheanische Mannschaft erwachte als erste.
    Wie ich bereits betont habe, leben und atmen die Amaltheaner Kommunikation – vielleicht kann man sogar behaupten, daß diese großartigen Intelligenzen durch die Abwesenheit ihrer Kameraden ein wenig aus der Fassung gerieten. Während wir Menschen noch friedlich in völliger Bewußtlosigkeit schliefen, gingen die beiden Mannschaftsmitglieder auf Entdeckungsreise. Schon bald begannen sie sich für das wärmeproduzierende Gitter des Trincomalee-Energieprojekts zu interessieren. Und der Bericht von Klaus Müller vermittelt einen ungefähren Eindruck davon, was als nächstes geschah …
    Ein paar Tage später, als unsere tentakelbewehrten Freunde auf Müllers Tauchboot stießen, machten sie Bekanntschaft mit einem Gefühl, das Panik gleichkam. Die Menschen an Bord der Medusa schliefen noch immer fest und hilflos. Würden die anderen Menschen eine Flotte Unterwasserfahrzeuge losschicken und uns angreifen? Die Amaltheaner sorgten sich, vielleicht ihr Versprechen zu brechen, das darin bestand, uns bis zum Zeitpunkt der Zustandvektorreduktion zu konservieren.
    Hastig riefen sie die Medusa herbei. Sie sollte Müller zuvorkommen. Bei seinem nächsten Tauchgang warteten sie bereits auf ihn, um ihn und seinen Hummer festzusetzen. Von seinen letzten auf Kommlink gesprochenen Worten wissen wir, daß er das Ding, das ihn angriff (es muß in seinen Augen entsetzlich ausgesehen haben!) mit einem Riesentintenfisch verwechselte. Dem armen Müller blieb nur noch Zeit, eine Notkommunikationskapsel abzuwerfen, bevor seine Maschine eingefangen wurde …
    Aber der letzte Versuch, unsere mißliche Lage zu verstehen, geriet endgültig ins Stocken. Leuchtende Streiflichter überzogen den sternenübersäten Himmel über uns. Wie Kometen hielten sie alle auf die Sonne zu, die endlich hinter dem palmbesetzten westlichen Horizont unterging.
    Zum erstenmal meldete sich Marianne zu Wort. Es war Nacht, und es klang wie ein stilles, trauriges Flüstern. »Wann werden wir wissen, daß wir tot sind?« fragte sie.
    Ich wandte mich Klaus Müller zu, der uns die ganze Zeit oben von seinem Hummer angestarrt hatte, als wären wir die außergewöhnlichsten Exemplare exotischer Unterwasserfauna, die er je zu Gesicht bekommen hatte. In diesem Augenblick schloß ich ihn ins Herz – ich bin zwar nicht gerade berühmt für mein psychologisches Einfühlungsvermögen, dennoch erkannte ich, welche Mühe es ihn kostete,
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