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Anschlag Auf Die Goetter

Anschlag Auf Die Goetter

Titel: Anschlag Auf Die Goetter
Autoren: Stephen Goldin
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»Ebenso, wie ein Kind seine Eltern braucht, benötigt eine unausgegorene, unreife Gesellschaft ihre Götter. Die Geburt der Freiheit ist immer schwer, und die Bürde der Verantwortung kann immer nur der tragen, der ein gewisses Maß an Reife und Weisheit erreicht hat.«
     
    Anthropos: Die göttliche Menschheit.
     
     
     
I
     
    Die Straße, wenn man sie so nennen wollte, bestand nur aus den Spuren, die die Daryeks, sechsbeinige Tiere, die eine gewisse Ähnlichkeit mit terranischen Pferden hatten, und die wackligen Karren, die sie zogen, auf dem Boden hinterließen. In den tiefen Radspuren stand zentimeterhoch das Wasser, die sogenannte Straße war ein einziger Schlammsee. Zu dieser Nachtzeit war sie wie ausgestorben, Ardeva Korrell hatte sie ganz für sich. Der Planet Dascham besaß keine Monde, kein Stern glitzerte am bedeckten Himmel. Die tiefschwarze Nacht um sie herum wurde nur spärlich erhellt durch den gelblichen Schimmer der Handlaterne, die sie bei sich führte.
    »Auf einer Idealwelt«, murmelte sie vor sich hin, »hätte es ein Raumschiffkapitän nicht nötig, auf Kundschafterpatrouille zu gehen.« Und sie seufzte. Dascham war weit davon entfernt, eine Idealwelt zu sein, ebenso weit entfernt von der Wirklichkeit wie ihr Wunsch, ein eigenes Schiff mit einer erfahrenen Mannschaft ihr eigen nennen zu können.
    Die dunklen Wolken entleerten einen heftigen Regenschauer über sie, was sie jedoch nicht weiter störte. Es regnete fast jede Nacht in dem bewohnten Teil dieses Planeten. Ein schneidender Wind trieb die Wolken vor sich her, und trotz der dicken Raumkombination, die sie fast ganz einhüllte, glaubte sie zu spüren, wie ihr Verstand langsam einfror.
    »Hoffentlich sind Dunnis und Zhurat betrunken«, murmelte sie wieder, »dann entschädigt mich wenigstens morgen das Vergnügen, ihnen trotz ihres Katers Strafdienst aufzubrummen.« Der Gedanke erwärmte sie für einen Moment, doch sie unterdrückte ihn sofort wieder, dachte an ihre religiöse Erziehung. »Nur schwache und labile Charaktere entwickeln Rachegefühle«, zitierte sie halblaut. »Ein gesunder Charakter bedarf keines solchen Ausgleichs. Ich weiß, ich weiß. Manchmal glaube ich, daß das Leben viel leichter zu ertragen wäre, wenn ich weniger gesund wäre.«
    Vor ihrem geistigen Auge tauchte ihre warme, wenn auch enge Kabine an Bord der »Foxfire« auf, und sie dachte an die Mikrospulen, die dort auf sie warteten. Es entsprach keineswegs ihrer Vorstellung von Freizeitgestaltung, hier durch den Schlamm zu waten, um in dieser verrotteten Stadt zwei betrunkene Besatzungsmitglieder aufzuspüren und sie zum Schiff zu bringen. Doch es war leider notwendig. Sie hatte ihnen befohlen, in vier Stunden zurück zu sein, aber als sie nach sechs Stunden immer noch nicht aufgetaucht waren, hatte sie sich auf den Weg gemacht. Es war schon heikel genug, als weiblicher Raumkapitän eine Mannschaft von Männern zu befehligen, ohne daß sie ihre naturgegebene Unterlegenheit als Frau ausnutzten.
    Es war schon ein Glück, daß sie den Rückweg nicht zu Fuß zurücklegen mußte. Freundlicherweise hatten die Daschamesen der Raumschiffbesatzung einen klapprigen Wagen zur Verfügung gestellt, mit dem die beiden Männer jedoch zur Stadt gefahren waren. Die einzige andere Transportmöglichkeit war das Beiboot der »Foxfire«, doch es wäre zu umständlich gewesen, es bei diesem kurzen Weg von zwei Kilometern auszuschleusen.
    Mühselig setzte sie Schritt vor Schritt, lauschte dem saugenden Glucksen des Schlammes und dem eintönigen Plätschern des Regens, dachte an ihr Bett und die Mikrospulen an Bord des Schiffes, malte sich aus, was sie mit Dunnis und Zhurat machen würde, wäre sie eine weniger ausgeglichene, rachsüchtige Person.
     
     
    Plötzlich befand sie sich am Stadtrand. Schemenhaft erkannte sie die groben Umrisse der Hütten, in denen die Daschamesen lebten. Der Zustand der Straße hatte sich nicht verbessert, im Gegenteil, der Boden war noch aufgewühlter und schlammiger. In Devs Augen erschien die Siedlung aufs Geratewohl errichtet, ohne System, und bedrückend mittelalterlich – kurz, es gab keinen Unterschied zu den drei anderen Siedlungen, die sie gesehen hatte, seit die »Foxfire« eine Woche zuvor auf Dascham gelandet war. Die Häuser waren kaum größer als Hütten, erbaut aus einem schilfrohrartigen Material, etwa zu vergleichen mit Bambus. Die Spalten und Löcher waren mit Lehm verschmiert, um das Innere wenigstens einigermaßen warm und trocken
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