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Club der gebrochenen Herzen

Club der gebrochenen Herzen

Titel: Club der gebrochenen Herzen
Autoren: Deborah Moggach
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zusammen vier Wochenenden in Burford verbracht. Beim ersten war sie eine Geschäftsreise nach Rouen gewesen. Beim nächsten eine Konferenz in Scarborough. Auch als Besuch seines alten Schulkameraden musste sie herhalten. Und das letzte Mal … Monica konnte sich nicht mehr erinnern, bloß, dass es das letzte Mal war.
 
    Monica parkte vor dem Hotel neben einer Reihe von Geländewagen und einem Porsche. Lorbeerbäume in Kübeln säumten die vertraute Vorderseite. Sie stellte den Motor ab. Ihre Treffen mit Malcolm, jedes so kurz, jedes so leidenschaftlich, waren eingesargt in ihrem Gedächtnis wie Votivgaben in einem Grab.Etliche Male hatte sie den Deckel abgenommen und sie überprüft, aber sie blieben in Formaldehyd konserviert. Wie konnte sie jenes alte Hotel unversehrt im Sinn bewahren, wo sie seinem Millionen von Pfund teuren Umstyling gegenüberstand?
    In ihrer Zeit war das Yew Tree ein schäbiges Etablissement gewesen, das nach Rosenkohl roch, wild gemusterte Teppiche und ein Barometer im Empfangsraum hatte – genau die Art von Lokalität, die keiner ihrer Bekannten je besuchen würde, was den Ausschlag gab. Die Speisekarte war lachhaft altmodisch, selbst für damalige Verhältnisse – Krabbencocktail und Schwarzwälder Kirschtorte. Der letzte Laden auf der Welt, wo noch Melba-Toast serviert wurde.
    »Ich ernenne dies zum Gegenstand archäologischen Interesses«, sagte Malcolm und nahm eine Toastscheibe.
    »Und dazu den Kellner«, flüsterte Monica.
    Sie lächelten einander an, ihre Füße unterm Tisch verhakt. Wie seriös die anderen Speisenden aussahen, Männer in Blazer mit ihren Gemahlinnen! Wie gleichmütig verheiratet. Und dennoch waren sie Monica lieb, eingeschlossen in ihrer Liebe, erwärmt in ihrer Umlaufbahn. Unwissentlich waren sie ihre Mitverschworenen.
    »Ich wünschte, ich hätte dich früher gekannt« – Malcolm hielt inne. Er brach ein Stück vom Melba-Toast ab, bestrich es mit Makrelenpaste und steckte es ihr in den Mund. »Reden wir doch über sie.« Er zeigte auf einen anderen Gast. »Meinst du, der ist ein russischer Spion?«
    Großer Gott, sie hatte ihn geliebt.
    Und jetzt war sie hier. Joe, der Geschäftsführer, geleitete sie hinein.
    »Das Ganze war total heruntergekommen«, sagte er. »Diereinste Bruchbude, um es nicht schönzureden, überall Hausschwamm. Die Leute müssen verrückt gewesen sein, hier zu übernachten.«
    Joe zeigte ihr das Foyer. Graue Wände, angestrahlte Lilien in Kübeln, Vergrößerungen von Fotos mit amerikanischen Kabrios, die in der Wüste verrosteten. Die Angestellten, jung und schick in Schwarz, bewegten sich grazil wie Gazellen.
    Joe sagte: »Es gibt ein freies Hotelzimmer, wenn Sie es vor dem Mittagessen inspizieren möchten.«
    Es war eines ihrer Zimmer von damals. Das musste ja sein. Nummer 12, mit Blick auf die Kirche.
    »Mit State-of-the-art-Entertainment-Zentrum«, sagte Joe und wies auf eine Reihe blinkender Lichtchen. »Bang und Olufsen. WiFi natürlich, Heimkino.«
    Der Raum war sehr dunkel – anthrazitfarbene Wände, bordeauxrote Bettdecke mit einer Menge schwarzer Satinkissen. An der Wand das Foto einer Fabrikruine.
    »Mit unserer Farbpalette zielen wir auf ein außergewöhnliches, hippes, sexy Flair.« Joe wies auf das Foto. »Wir sind besonders stolz auf die Rust-Belt-Kunst. Findet enorme Resonanz.«
    Monica versuchte sich zu erinnern, wie es gewesen war. Sie und Malcolm nackt auf den zerwühlten Laken, Flock-Tapete, ein brauner Fleck an der Decke von einem alten Wasserschaden, ein Feuerlöscher, falls sie in Flammen aufgingen. Kirchenglocken, die Rechtschaffene zum Gebet riefen. Sie erinnerte sich, dass sie Wein aus ihrer hineingeschmuggelten Flasche tranken. Malcolm war zu geizig, die Mini-Bar zu benutzen, doch das war ihr schnuppe, seine Fehler waren die Sorge seiner Frau, und sowieso, wen kümmerte es, wenn er sie an sich zog und die Lippen an den ihren öffnete und der Wein in ihren Mund floss?
    »Genug gesehen?«, fragte Joe. Er führte sie ins Bad – bruchrauer Kalkstein, Toilettenartikel von Cowshed, ein zweiter Flachbildfernseher. »Wir bieten die Intimität eines kleinen Luxushotels mit der Kapazität, die Ihre Organisation erfordert.«
    Er wartete auf ihren Kommentar. Monica bemerkte ihn zum ersten Mal – er hatte das Aussehen eines Models, wahrscheinlich schwul, verschwitzt im schwarzen Rollkragenpulli. Es war ein drückend heißer Tag. Er behandelte sie mit einem dreisten Mangel an Interesse. Bestimmt sah er sie als eine
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