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City - V3

Titel: City - V3
Autoren: Clifford D. Simak
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Ackerlandes gleich Null werden
ließ, ist eine riesige Fläche Land bereits für weniger Geld zu haben, als vordem ein Bauplatz in
der Stadt. Atomkraftbetriebene Familienflugzeuge haben auch das Verkehrsproblem gelöst.«
Als er innehielt, verharrten die Zuhörer schweigend. Der Bürgermeister zeigte alle Anzeichen
eines Nervenschocks.
Kings Lippen bewegten sich lautlos. Griffin lächelte.
»Und wie sieht es jetzt aus?« fragte Webster. »Ich will es Ihnen sagen: ganze Straßenzüge
verlassener Häuser. Häuserblocks, die von den Bewohnern aufgegeben wurden, ohne daß sie sich
weiter darum kümmerten. Warum hätten sie auch bleiben sollen? Was hatte die Stadt noch zu bieten?
Alles, was sie früher an Vorteilen aufzuweisen hatte, war durch den Fortschritt der Technik
einfach weggewischt worden. Gewiß, die Menschen mußten einen finanziellen Verlust hinnehmen, als
sie ihre Häuser einfach verließen. Aber sie konnten für den halben Preis ihres alten Hauses ein
ungleich besseres in einer Landgegend erwerben, wo sie nach ihrem Geschmack leben und an die
Tradition wohlhabender Leute früherer Jahrhunderte anknüpfen konnten. Der Verlust ihres alten
Hauses wurde damit reichlich aufgewogen.
Und was ist uns geblieben? Einige Blocks mit Geschäftshäusern. Einige Morgen industrieller
Anlagen. Eine Stadtverwaltung, umfangreich genug für eine Millionenstadt, aber es fehlt die
Million Einwohner. Ein Haushaltsplan, der die Steuern so hoch getrieben hat, daß uns
wahrscheinlich auch noch die wenigen, noch verbliebenen Geschäftsunternehmungen abwandern werden,
um den untragbaren Steuern zu entgehen.
Steuerpfändungen, die uns nur mit wertlosem Grundbesitz belasten. Das ist alles, was uns
geblieben ist.
Wenn Sie glauben, daß man etwa mit Hilfe der Handelskammer oder gar irgendwelcher
marktschreierischer Reklametricks einen Ausweg finden kann, dann sind Sie verrückt. Um zu einer
Lösung dieser Probleme zu kommen, müssen wir uns vor Augen halten, daß die Stadt tot ist. Sie mag
noch einige Jahre dahinvegetieren, aber das ist auch alles.«
»Mr. Webster«, machte sich der Bürgermeister bemerkbar.
Aber Webster kümmerte sich nicht um ihn.
»Wäre es nicht um die heutigen Ereignisse gegangen, wäre ich wahrscheinlich still geblieben und
hätte weiterhin in eurem Puppenspiel mitgewirkt. Ich hätte auch weiterhin so getan, als wäre die
Stadt ein lebensfähiges Gebilde. Ich hätte mich selbst weiterhin zum Narren gehalten. Sie und
mich. Aber, Gentlemen, es gibt so etwas wie Menschenwürde.«
Das eisige Schweigen wurde nur durch das Rascheln von Papier und dem Verlegenheitshüsteln der
Zuhörer unterbrochen.
Aber Webster hatte seine Ausführungen noch nicht beendet.
»Die Stadt hat versagt«, fuhr er fort, »und das ist gut so. Statt hier zu sitzen und den
Zusammenbruch der Stadt zu beweinen, sollten Sie sich erheben und Ihren Dank in die Welt
hinausschreien, daß es so gekommen ist.
Denn wenn diese Stadt, genau wie jede andere, nicht ihren Sinn verloren hätte, wenn die Menschen
sie nicht verlassen hätten, dann wäre sie zerstört worden. Es hätte einen Krieg gegeben,
Gentlemen, einen Atomkrieg. Haben Sie die Jahre 1968 und 1970 vergessen? Haben Sie vergessen, daß
Sie nachts aufwachten und auf die Bomben horchten, die jeden Augenblick zu erwarten waren? Sie
horchten, obwohl Sie wußten, daß Sie nichts hören würden. Daß Sie überhaupt nichts mehr hören
würden, wenn sie einmal wirklich kommen würden!
Aber die Städte wurden verlassen, die Industrie zerstreut. Es gab kein Angriffsziel und damit
auch keinen Krieg.
Viele von Ihnen, Gentlemen, sind nur am Leben geblieben, weil die Menschen die Städte verlassen
haben.
Um alles in der Welt, lassen Sie die Stadt, wie sie ist. Seien Sie glücklich, daß sie tot ist! Es
ist das Beste, was in der ganzen Geschichte der Menschheit jemals geschehen ist.«
John J. Webster drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.
Draußen auf der breiten Steintreppe blieb er stehen und blickte auf zu den Tauben, die um die
Spitzen und Türmchen des Rathauses kreisten.
Zweifellos war er ein Narr. Jetzt mußte er sich eine andere Stellung suchen, was immerhin einige
Zeit dauern konnte, denn für den Arbeitsmarkt war er schon etwas alt.
Trotz dieser Gedanken drängte sich eine kleine Melodie auf seine Lippen. Leise vor sich hin
pfeifend, ging er mit raschen Schritten weiter.
Jetzt war es vorbei mit aller Heuchelei. Vorbei war die Zeit, da er nachts im Bett
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