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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition)
Autoren: Lily Brett
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Lanza.«
    »Luciano Pavarotti war in eurem Restaurant, und du hast ihn über Mario Lanza ausgefragt?« sagte Ruth.
    »Ja«, sagte Edek.
    »Edek wollte es wissen«, sagte Walentyna, die ein halbes Dutzend Gläser hereintrug.
    »Man sollte meinen, die meisten Leute wollten etwas über Pavarotti selbst wissen«, sagte Ruth.
    »Dann ist es gut für ihn, daß Edek ihn über jemand anderen ausgefragt hat«, sagte Zofia.
    »Zofia hat recht«, sagte Walentyna. Walentyna fand immer, daß Zofia recht hatte. Ruth hatte noch nie erlebt, daß Walentyna Zofia widersprochen hätte.
    »Ich glaube auch, daß Zofia hat recht«, sagte Edek. Edekschien ebenfalls zu finden, daß Zofia immer recht hatte. In diesem speziellen Fall, dachte Ruth, hatte Zofia wahrscheinlich wirklich recht. Berühmtheiten waren es notgedrungen gewöhnt, stets im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Vielleicht war es gut für Luciano Pavarotti, über Mario Lanza ausgefragt zu werden.
    Ruth las einen Zeitungsartikel über Klobrillen. Eigentlich hätte sie einen Beschwerdebrief für einen Kunden schreiben sollen. Der Brief richtete sich an einen Freund des Kunden, und der Gegenstand des Briefs war eine Beschwerde über die Art und Weise, in der ein gemeinsamer Besitz veräußert worden war. Mit diesem Brief versuchte Ruths Kunde, rechtliche Schritte zu vermeiden. Ruth war der Ansicht, daß Beschwerdebriefe knapp und klar sein sollten. Daß sie von unmißverständlich gutem Willen künden sollten und von der Zuversicht, daß das Problem gelöst werden könne, ohne daß Beziehungen oder Freundschaften beeinträchtigt wurden. Ruth schrieb nicht gern Beschwerdebriefe. Manchmal hätte sie auf den versöhnlichen Ton am liebsten verzichtet und statt dessen gesagt: »Sie haben sich wie ein Arschloch benommen.« Ruth fragte sich, ob die Worte »Sie sind ein Arschloch« als Grußkarte Erfolg haben könnten. Vermutlich hing es ganz davon ab, was auf der Innenseite der Karte stand.
    Sie wollte an diesem Vormittag nicht weiterschreiben. Sie hatte Kopfschmerzen und wieder einmal schlecht geschlafen. In ihrem Traum hatte sie in der Unterwäscheschublade ihrer Mutter gekramt. Beim Aufwachen hatte Ruth darüber nachgedacht, daß Rooshka wahrscheinlich mehr Büstenhalter besessen hatte als Zofia. Rooshka hatte trägerlose Büstenhalter besessen und Büstenhalter für rückenfreie und trägerlose Kleider. Büstenhalter aus Spitze und aus Satin. Büstenhalter mit Trägern in der Mitte und Trägern an einerSeite. Ruth war sich nicht sicher, was die Büstenhalterverbindung zwischen Zofia und Rooshka bedeuten mochte. Sie dachte nicht gern an beide im gleichen Satz. Eine der beiden war sehr lebendig. Die andere war vermutlich eine Mischung aus zersetzter Knochen- und Zahnsubstanz. Ruth zuckte zusammen. Sie wollte an solche unerträglichen Bilder nicht denken.
    Der Artikel, den Ruth gerade las, handelte von einem Pharmazeuten, der eine tragbare Klobrille erfunden hatte. Der Sitz hatte Scharniere, vier verstellbare Beine und war zusammenklappbar. Die Höhe der Beine konnte man an die Höhe der jeweiligen Toilette anpassen. Die tragbare Klobrille war dazu gedacht, wenige Zentimeter oberhalb des eigentlichen Toilettensitzes angebracht zu werden. Sie wurde inklusive Transportbehälter geliefert und wog ungefähr drei Kilo. Ruth dachte sich, daß sie so etwas nicht kaufen wollte. Sie käme sich albern vor, wenn sie mit der eigenen Klobrille herumspazieren würde. Und es wäre keine besonders hygienische Vorstellung, essen zu gehen und dabei eine Klobrille auf dem Schoß zu haben. Oder an der Stuhllehne hängen zu haben.
    Ruth stattete »Klops braucht der Mensch« einen Besuch ab. Sie wollte Edek sehen. Seit dem Traum von den Büstenhaltern ihrer Mutter empfand sie ein wachsendes Gefühl des Unbehagens. Es war vier Uhr nachmittags. Das Restaurant war fast leer. Zofia, Edek und Walentyna saßen an einem der Tische in Thekennähe. Sie aßen und waren in ihr Essen vertieft. Sie sahen so behaglich aus. Wie eine Familie. Ruth runzelte die Stirn.
    Zofia erblickte Ruth. »Hallo, Ruthie, Liebling«, sagte sie, stand auf und holte einen Stuhl für Ruth.
    »Iß auch etwas, Ruthie«, sagte Edek. »Wir essen jeden Tag um diese Zeit eine Kleinigkeit«, sagte Zofia.
    Ruth sah auf ihre Teller. Zofias und Edeks Teller waren beladen. Mit mehreren Scheiben von etwas, was aussah wie ein Hackbraten aus Rindfleisch und Kalbfleisch, ein paar Karotten-Honig-Klopsen, Krautsalat und Salzkartoffeln. Sogar
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