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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition)
Autoren: Lily Brett
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sagte Edek. »Es ist so schrecklich schade, daß sie nicht hat miterlebt, was für großartige Enkelkinder die Enkelkinder sind. Und was für eine liebe Tochter du bist geworden.«
    »Ich bin froh, daß du mich für eine liebe Tochter hältst«, sagte Ruth.
    »Sowieso du bist eine liebe Tochter«, sagte Edek.
    Ruth nahm ihren Vater in den Arm. Wieder sah er aus, als kämen ihm die Tränen. Ruth brachte das Gespräch zurück auf Entführer und Erpresser, und Edek ging sofort darauf ein. Es entspann sich ein weiteres irrwitziges Gespräch, bis Edek ein Licht aufging. »Warum redest du von entführen?« sagte er. »Wenn du gleich hättest gesagt, daß du sagen willst, daß jemand könnte versuchen, uns wegzunehmen Cheryl, hätte ich dich verstanden. Du hast gesagt das falsche Wort«, stellte er mit einem unverhohlen zufriedenen Ausdruck in der Stimme fest.
    Zofia hatte begonnen, Gästen ihres Lokals Ruths Firma zu empfehlen. »Zofia empfiehlt dich nur Kunden, was sind reich«, erklärte Edek Ruth. Ruth fragte sich, wie Zofia erkennen wollte, wer reich war und für Rothwax Correspondence als Klient in Frage kam, während sie mit Klopsen und Hackbraten und Saucen jonglierte. Zofia unterteilte die Kundschaft in verschiedene Kategorien. Zofias Kategorien ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. »Das ist der Typ Mensch, der nett zu denen ist, die wichtig sind«, sagte sie. Oder »der Typ Mensch, der nicht nett zu seiner Frau ist«. Oder »der dünne Menschentyp«. Es gab den Typ Mensch, der rundum nett war. Und den, der einen Igel in derTasche hatte. Den, der gerne aß. Den, der großzügig war. Den, der so tat, als sei er nett. In Zofias Lexikon gab es für jeden Menschentyp einen Menschentyp. Zofia hatte recht, dachte Ruth. Jeder Mensch gehörte zu einem Menschentyp. Ruth dachte das auch von sich selbst. Sie hoffte, daß sie nicht zum Typus des nichtswürdigen Jammerlappens gehörte.
    Unter den Kunden, die Zofia ihr vermittelte, war eine Hellseherin.
    »Ich glaube nicht an Medien oder Wahrsager oder Hellseher«, hatte Ruth gesagt.
    »Ich glaube auch nicht daran«, hatte Zofia gesagt. »Aber die Leute zahlen ihr eine Menge Geld. Dafür müssen sie etwas von ihr bekommen, wonach sie suchen.«
    Das Medium, das dank Zofia zu Ruth gekommen war, hatte sich nicht entscheiden können, was in dem Brief stehen sollte, den Ruth schreiben sollte. Das hatte Ruth für ein schlechtes Zeichen gehalten. Das Medium hatte Ruth mehrmals angerufen, um Änderungen oder Zusätze für den Brief zu besprechen. Vielleicht waren Medien zu vielen Informationen aus zu vielen verschiedenen Quellen ausgesetzt. Vielleicht hatten sie zu viele Optionen oder Wahlmöglichkeiten, dachte Ruth. Ruth wußte, wie das war. Es konnte ein Gefühl qualvoller Enge im Kopf des Betreffenden bewirken.
    Ruth saß in der Küche von »Klops braucht der Mensch« und aß zu Abend. Es war kein Tisch frei gewesen, und Zofia hatte sie nicht gehen lassen wollen. Ruth hatte eingewendet, daß es in der Küche schon voll genug sei. Aber Zofia hatte sich nicht beirren lassen. Zofia war in Rock und Büstenhalter gekleidet. Und Schürze. Das schien ihre neue Uniform zu sein. Der Büstenhalter war knallgrün. Allerdings wirkte Zofia nicht nackt. Mit ihrem knallgrünen Büstenhalter wirkte sie eher wie der letzte Schrei aus East Village. José und Juan und Vincente waren unbeeindruckt. Sie hatten zuviel zu tun. Sie kochten und garnierten Teller und stapelten und spültenGeschirr. Sie arbeiteten wie ein eingespieltes Team, beinahe wortlos. Ruth aß Rübenklopse.
    »Luciano Pavarotti war gestern hier«, sagte Walentyna nach mehreren Stippvisiten in der Küche zu Ruth.
    »Luciano Pavarotti?« sagte Ruth.
    »Ja«, rief Zofia. »Zusammen mit seiner Frau.«
    Edek kam in die Küche. »Seine Frau ist eine ganze Menge jünger, als was er ist«, sagte Edek.
    »Es ist gut, wenn man eine jüngere Frau hat«, sagte Zofia, die sich umwandte, um Edek ein sehr kokettes Lächeln zu schenken.
    Selbst schweißüberströmt und in Küchenschürze konnte Zofia noch kokett aussehen. Zofia konnte kokett aussehen. Und gleichzeitig glutvoll. Edek bedachte Zofia mit einem langen Blick. Ruth widmete sich eingehend einem ihrer Rübenklopse.
    »Ich habe Mr. Pavarotti gefragt, ob er gekannt hat Mario Lanza«, sagte Edek, als er den Blick wieder von Zofia abgewendet hatte. »Ich habe gesagt, daß Mario Lanza war Mums Lieblingssänger. Mr. Pavarotti hat gesagt, daß sowieso er weiß, wer war Mario
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