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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition)
Autoren: Lily Brett
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braucht der Mensch« einen Tisch zu reservieren.
    »Für die nächsten vier Wochen sind wir leider ausgebucht«, sagte Cheryl zu jedem Anrufer. Sie nahm bereits Vorbestellungen für den übernächsten Monat auf. Jeden Abend mußten unangemeldete Gäste weggeschickt werden.
    Edek verhandelte über die Räume, die dem Automechaniker gehört hatten. »Er will eine Menge Geld dafür«, sagte er zu Ruth. »Er sieht die ganzen Leute, was kommen in das Restaurant, und denkt, wir wären Millionäre. Ich habe gesagt zu Zofia, daß wenn wir müssen bezahlen ein bißchen mehr, wir es eben müssen tun. Die Werkstatt von diesemMechaniker ist perfekt für uns, weil wir dann können die Küche vergrößern. Die Installationen, was er hat, sind an der Stelle, wo sie auch sind bei uns. Das hat mir erklärt der polnische Installateur.«
    Ruth hatte Edek nicht fragen wollen, ob sie Geld verdienten. Ruth wußte, daß viele dem Anschein nach erfolgreiche Unternehmen keine schwarzen Zahlen schrieben.
    »Könnt ihr euch die höhere Miete denn leisten?« fragte sie Edek.
    »Sowieso«, sagte Edek. »Wir haben schon gesprochen mit dem Mann, was hält unsere Bücher. Er hat gesagt, daß wir schon fast sind in der Lage, dir zurückzugeben dein Geld. Alles, was du uns hast gegeben, Ruthie.«
    »Ich will es nicht«, sagte Ruth, der Tränen in die Augen stiegen.
    »Was ist los mit dir, Ruthie?« sagte Edek.
    »Ich glaube, ich freue mich so für dich«, sagte Ruth.
    »Du bist ein komisches Mädchen, Ruthie«, sagte Edek. »Du hast dich nie darüber beklagt, daß du mir Geld gibst. Und jetzt, wenn ich will dir dein Geld zurückgeben, du fängst an zu weinen.« Er sah Ruth an. »Ruthie, ich weiß, daß du dich für mich freust«, sagte er. Sie standen vor dem Restaurant auf der Straße.
    »Laß uns reingehen, Dad«, sagte sie.
    »Cheryl ist sehr, sehr gut«, sagte Edek. »Ich und Zofia und Walentyna sind sehr froh, daß wir haben Cheryl.« Edek sprach Cheryl nicht mit einem weichen »Sch«, sondern mit einem martialischen »Tsch« aus, aber Cheryl schien es nicht zu stören.
    Im Restaurant kümmerte sich Cheryl, die vormalige Zahnarztassistentin, um die Gäste. Sie hatte die Wärme und Anteilnahme und Geduld eines Menschen, der es gewohnt war, mit Leuten zu tun zu haben, die litten. Oder sich fürchteten. Oder nervös waren. Cheryl blieb auch unter den chaotischstenund unerfreulichsten Umständen die Ruhe selbst. Wenn Leute behaupteten, einen Tisch reserviert zu haben, verströmte Cheryl Entgegenkommen. Wenn jemand sich über seinen Tisch beschwerte, floß sie über vor Mitgefühl. Jeden zornigen Gast beruhigte sie im Handumdrehen. Nichts konnte Cheryl aus der Ruhe bringen.
    Marvin, Ruths Nachbar aus dem sechsten Stock, hatte Ruth angerufen. »Sagen Sie Ihrem Vater, daß er diese Cheryl auf keinen Fall gehen lassen darf«, hatte Marvin gesagt. »Früher oder später wird man sie ihm zu entführen versuchen. Sie ist mit Geld nicht aufzuwiegen. Ich kann es nicht fassen, daß ich gesagt habe, sie sollten die Finger von der Sache lassen, als Sie mich um meinen Rat gefragt haben. Das Gastronomiegewerbe ist doch immer für eine Überraschung gut. Da funktionieren Sachen, bei denen sich jeder an die Stirn getippt hätte. Und Sachen, die man für todsicher hält, erweisen sich als Schuß in den Ofen. Vergessen Sie nicht«, sagte er zuletzt, »Ihrem Vater einzuschärfen, daß er sich diese Cheryl von niemandem entführen läßt.«
    Ruth machte den Fehler, das Wort »entführen« zu verwenden, als sie Edek Marvins Rat ausrichtete. Edek konnte sich darunter nur eine kriminelle Handlung vorstellen. Ruth und Edek führten ein langes, umständliches und unverständliches Gespräch über die Wahrscheinlichkeit einer Entführung Cheryls. Schließlich sagte Edek entschieden: »Cheryl ist kein Millionär, was wird entführt, damit der Entführer bekommt eine Menge Lösegeld, und Cheryl ist nicht jemand Permanentes, was wird entführt, damit der Entführer kommt in die Zeitung.«
    »Du meinst: jemand Prominentes«, sagte Ruth.
    »Sowieso«, sagte Edek. »Das hat Mum auch immer zu mir gesagt, wenn ich gesagt habe ›permanent‹.«
    »Ich weiß«, sagte Ruth.Beide schwiegen für einen Augenblick. Edek sah aus, als wollte er in Tränen ausbrechen. Ruth hatte ebenfalls feuchte Augen. »Mum war ein liebes Mädchen«, sagte Edek.
    »Das war sie«, sagte Ruth. »Sie wird immer bei uns sein«, sagte Ruth. »Bei dir, bei mir, bei den Kindern, bei Garth.«
    »Hoffentlich«,
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