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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache
Autoren: A. J. Lake
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Schwertgriffs. Sie ballte die Faust, um das Gefühl loszuwerden, und musterte den Alten böse.
    »Das Schwert soll sich jemand anders auswählen!«, rief sie. Der Alte sah sie so gütig an, dass ihr Tränen in die Augen traten. »Entschuldigung«, murmelte sie. »Ihr wart gut zu mir und ich kann es Euch nicht vergelten. Ich gebe Euch das Schwert zurück … denn ich habe dafür keine Verwendung. Ich fahre zur See und ziehe nicht in den Krieg.« Sie wischte sich die Tränen ab. »Und ich muss meinen Vater suchen. Wenn er nicht in Medwel ist, muss ich nach Kent zurück und den Menschen in Dubris erzählen, was passiert ist.«
    Doch Aagard hatte sich schon an Adrian gewandt. »Und du?«, fragte er. »Willst du auch gehen? Auch deine Gabe ist ein unheilvolles Omen, aber wenn du bleiben willst, helfe ich dir, damit umzugehen, so gut ich es vermag.«
    Elsa runzelte die Stirn. Was für eine Gabe besaß der Junge? Sie sah, wie Adrian erstarrte und sein blasses Gesicht vor Anspannung ganz durchscheinend wurde. Als er sprach, klang er höflich, doch in seiner Stimme schwang wieder der alte Hochmut.
    »Ich danke Euch vielmals, Herr, doch auch ich muss fort. Ich habe Angehörige in Noviomagus. Sie werden mich für tot halten, wenn die Nachricht vom Schiffbruch eintrifft.«
    Aagard seufzte. »Wenn ich euch doch umstimmen könnte«, sagte er ernst. »Denn ich fürchte, ihr wisst gar nicht, in was für eine Gefahr ihr euch begebt. Aber euer Schicksal folgt euch sowieso, wohin ihr auch geht. Vielleicht ist es tatsächlich am besten, ihr kehrt erst einmal nach Hause zurück.« Er ging durch die Höhle zu zwei großen Vorratsbehältern, nahm aus jedem eine Handvoll heraus und füllte sie in zwei Lederbeutel. »Proviant für unterwegs«, murmelte er wie zu sich selbst. »Ich begleite euch, so weit ich kann, und dann müssen eure Götter auf euch aufpassen.«
     
    Die Sonne zeichnete bereits einen hellen Strich an den Horizont, als die Kinder den Küstenweg nach Medwel hinunterstiegen. Aagard ging voraus. Weder das Alter noch der steinige Pfad konnten seinen Schritt verlangsamen. Rechts unter ihnen lag das Meer ausgebreitet. Es hatte sich beruhigt und leckte über den Sand wie die Zunge eines geduldigen Hundes. Der Sturm der vergangenen Nacht wirkte bereits so fern und unglaublich wie ein längst vergangener Albtraum.
    Aagard hatte Adrian und Elsa Beutel mit getrocknetem Fisch und Gerstenbrot und die Decken der vergangenen Nacht gegeben. Elsa hatte ihm als Bezahlung ihr Messer geben wollen, doch er hatte nur abgewinkt. Adrian hatte sich furchtbar geschämt, weil er dem Alten nicht einmal ein Messer anbieten konnte. Er biss die Zähne zusammen. Seit der Fahrt mit der Spearwa war alles anders.
    Ich hätte Aagard von dem Traum erzählen sollen. Er war so echt – das Dorf, das Feuer, die Soldaten, das rohe Gemetzel, der Mann, den ich getötet habe – bei der Erinnerung an die ausgelassene Freude, die ihn dabei erfüllt hatte, begann sein Herz zu klopfen. Mochten die Götter ihn retten! Dasselbe Gefühl, dieselbe grausame Freude hatte er verspürt, als er auf die sinkende Spearwa hinabgeblickt hatte … durch die Augen des Drachen …
    Adrian ballte die Fäuste. Nein! Nicht einmal denken wollte er das Wort. Er merkte, wie Elsa ihn besorgt musterte. Immer beobachtete sie ihn, verdammt noch mal. Er bückte sich rasch, um den Stachel eines Stechginsters aus seiner Hose zu ziehen. Er durfte sich nicht wieder feige verhalten wie auf dem Schiff, nicht in ihrer Anwesenheit. Schließlich war er der Sohn eines Königs. Wenn seine Freunde ihn jetzt im Bankettsaal seines Vaters sehen könnten … Adrian, den Schwächling! Adrian, die verängstigte Maus!
    Er holte tief Luft, wie sein Onkel Aelfred es ihn vor Jahren gelehrt hatte, als er aus einem schlimmen Albtraum aufgewacht war. »Denk dran, kleiner Gänserich«, hatte Aelfred gesagt, »wenn du so tust, als seist du tapfer, dann bist du es auch!«
    Adrian streckte seinen wunden Rücken und straffte die Schultern. Er hatte den Sturm, den Schiffbruch, den Drachen und das stürmische Meer überlebt. Jetzt musste er so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren, damit seine Mutter ihn nicht für tot hielt und um ihn trauerte.
    Entschlossen ging er weiter.
    Sie umrundeten eine Landzunge. Doch als Adrian die Hütten des Dorfes oberhalb der steinigen Bucht sah, schlug wieder die Angst über ihm zusammen. Er hörte Aagard noch »Medwel« rufen, doch was der Alte noch sagte, wurde von dem Tosen in Adrians
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