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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache
Autoren: A. J. Lake
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lesen, in der Hoffnung, seinen Wissensdurst bei noch älteren Gelehrten, als wir es waren, zu befriedigen. Er lieh sich von uns Bücher voller alter Weisheiten aus und las Tag und Nacht darin. Nur ein Buch bekam er nicht: ein Buch über Nekromantie, das unser Anführer Thrimgar für sehr gefährlich hielt und daher niemandem geben wollte.«
    Elsa sah Aagard verständnislos an.
    »Ein Buch mit Zaubersprüchen«, flüsterte Adrian.
    »Wie zum Beispiel Wetterzauber?« Elsa verstand immer noch nicht recht.
    »Das Buch gehörte einem alten, mächtigen Zauberer«, erklärte Aagard. »Man kann mit seinen Zaubersprüchen Gutes, aber auch Schlimmes bewirken. Die meisten Sprüche handelten davon, wie man Drachen beschwört … Eines Tages verschwand das Buch.«
    Die Augen des Alten funkelten, in seiner Stimme schwang unterdrückter Zorn. »Thrimgar und ich überraschten Orgrim dabei, wie er neben der Kiste kniete. Das Zauberbuch lag aufgeschlagen neben ihm. Das Zimmer war voller Rauch und am Schloss der Kiste klebte Blut. Als Orgrim uns sah, eilte er wortlos aus dem Zimmer. Wir beriefen noch am selben Tag den Rat ein und beschlossen, König Beotrich darum zu bitten, Orgrim wegen Vertrauensmissbrauch und der Verwendung von Schwarzer Magie aus dem Rat zu entlassen. Doch als wir zum König kamen, hatte Orgrim dessen Ohr bereits vergiftet.«
    Aagards Stimme zitterte. »König Beotrich bezichtigte uns des Verrats. Er sagte, Orgrim habe eine Verschwörung aufgedeckt, wir hätten ihn stürzen wollen. Der Rat sei hiermit aufgelöst und wir seien verhaftet. Er stand so vollständig unter dem Einfluss Orgrims, dass er nicht auf unsere Einwände hören wollte. Er ließ uns durch Soldaten abführen, doch die Soldaten waren ehrbare Männer und wussten, dass wir zu Unrecht angeklagt wurden. Einer ließ Thrimgar und mich entkommen. Was mit den anderen vier geschah, habe ich leider nie erfahren.«
    »Und die Kiste?«, fragte Elsa.
    »Wir wagten nicht, sie zurückzulassen! Deshalb nahmen wir sie auf die Flucht mit und schworen, sie unter Einsatz unserer Leben zu verteidigen. Ich wollte sie hierherbringen, aber Thrimgar bestand darauf, dass das Schwert in Wessex bleiben müsse, weil es diesem Königreich heilig sei. Ich kam also vor zwei Jahren hierher und Thrimgar versteckte sich mit der Kiste in Wareham. Jetzt hat er sich anscheinend doch von ihr getrennt. Das heißt, er muss eine Gefahr vorausgesehen haben, gegen die er das Schwert nicht schützen konnte. Wenn Orgrim das Zauberbuch noch besitzt, kann er damit Unheil anrichten, gegen das unsere Zaubersprüche machtlos sind.«
    »Eins verstehe ich nicht«, sagte Adrian. »Wenn Orgrim mit dem Kristallschwert nicht Wessex und seinen König verteidigen will, was will er dann damit anfangen?«
    »Ich weiß es nicht genau«, meinte Aagard. »Ich will es mir auch gar nicht vorstellen. Von einigen Übeln spricht man am besten erst, wenn sie da sind.«
    »Aber warum glaubte Beotrich Orgrim und nicht Euch?«, beharrte Adrian. »Ihr seid von Geburt an Gefolgsleute des Königs. Sagtet Ihr nicht, Orgrim sei Ausländer gewesen, eine ausländische Geisel?«
    Aagard starrte ins Feuer. »Das gehört wohl zu den bittersten Lektionen des Lebens.« Er seufzte. »Ihr beide werdet diese Lektion auch noch lernen, bevor diese Sache überstanden ist. Das Böse nähert sich uns in vielerlei Gestalt, am gefährlichsten in der Gestalt des charmanten, schönen und klugen Jünglings.« In seinen Augen lag tiefe Trauer. »Wir alle bewunderten Orgrim. Er war tapfer und für sein Alter ungewöhnlich klug. Aber das war noch nicht alles. Orgrim hatte uns anderen eine ganz bestimmte Fähigkeit voraus, und sie machte ihn zum wichtigsten Ratsmitglied von uns allen. Als er dem König sagte, er hätte eine Verschwörung aufgedeckt, brauchte er sich nicht auf Gerüchte oder auch Fakten zu berufen. Er konnte einfach sagen, er wisse es. Er habe durch unsere Augen gesehen und unseren Verrat gespürt.«
    Adrian fröstelte. Er hatte genug gehört. Aagards Blick brannte auf seinem Gesicht. »Orgrim war ein Dunkelauge.«
     
    Adrian lag auf seinem Strohlager und sah zu, wie der Schein des Feuers über die Decke der Höhle flackerte. Er hörte, wie Elsa sich neben ihm ruhelos hin und her warf. Er hatte Mitleid mit ihr und war zugleich neugierig. Die Götter hatten ihr ein grausames Schicksal bestimmt: zuerst den Verlust des Vaters und jetzt das leuchtende Schwert, das ihrer Miene nach zu schließen genauso schmerzte wie wirkliche
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