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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Autoren: Gillian Philip
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müsste sterben. Fast hätte mich der Aufprall vom Rad geschleudert, aber ich fasste nach, packte die Speichen fester. Das, was da von meinem Hals herabhing und mich fast erwürgte, war ein neunjähriges Kind. Mein Lachen war nur ein krächzendes Gegurgel.
    Na also. Wozu wachsen und an Gewicht zulegen, wenn man so einen Giftzwerg dabeihat, der einem unter die Arme greift. Das Rad drehte sich ächzend so weit, dass ich gleich zwei, drei Speichen weiter hinaufgreifen konnte. Keuchend hangelte ich mich voran, auch wenn mich das Gewicht des Kindes in die Tiefe zu reißen drohte. Das Mädchen hatte seine Beine um meine Taille geschwungen und hing nun an mir wie ein menschlicher Enterhaken.
    Immer weniger Pfeile zischten uns um die Ohren. Die Schützen konnten sich nicht mehr nur auf uns konzentrieren, da Conals Gefolge bereits das Tor aufgestemmt hatte und sich nun einen Weg durch Calman Ruadhs Truppen schlachtete. Aus dem Augenwinkel, durch all den Schweiß und das Blut in meinem Gesicht, sah ich nur das Blitzen herabsausender Klingen und eine Masse wogender, kämpfender Leiber.
    Ich hörte Schreie, Schreckensschreie und Todesschreie, und über allem war laut und deutlich Calman Ruadhs aufgeregtes Kreischen zu vernehmen.
    „Das Kind, zum Teufel, das Kind! Schnappt euch das verdammte Kind!“
    Langsam wurden mir die Arme schwer.
    „Tapferes Mädchen“, sagte ich mit einem Lächeln. „Danke.“
    „Ich glaube, mein Vater ist tot.“
    Ich überlegte kurz, ob ich sie anlügen sollte, entschied mich aber dagegen. „Ja, das ist er. Aber er ist sehr stolz auf dich.“
    Und dann rutschten meine schweißnassen Hände von der Speiche ab und wir stürzten in die Tiefe.
    Es gelang mir, mich im Fall umzudrehen, sodass ich als Erster auf den Boden schlug und das Mädchen weich auf mich fiel. Für meine gestauchte Lunge war das eine Katastrophe. Wenn die Kämpfer um mich herum mich jetzt bemerkt hätten, wäre es um mich geschehen gewesen. Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich wieder Luft bekam. Das Mädchen und ich lagen da wie zwei Tote, sie obenauf und ich darunter, alle viere von mir gestreckt. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum uns niemand Beachtung schenkte. Endlich schaffte ich es, etwas Luft in meine Lunge zu pumpen, stemmte mich hoch und fasste das Mädchen am Arm.
    „Lauf“, sagte ich. „Und tu diesmal, was man dir sagt!“
    Mit einem schelmischen Grinsen rannte es los und war sofort in einer der verwinkelten Gassen der Festung verschwunden. Das Kind war fürs Erste gerettet, jetzt musste ich mich um mich selbst kümmern. Ich robbte zu einem der leblosen Krieger und wand ihm das Schwert aus den Händen.
    Zum Glück kommt irgendwann immer der Moment, in dem der Instinkt die Kontrolle über den Körper gewinnt. Erst in der Morgendämmerung sollte ich feststellen, dass der Streifschuss an meinem Oberschenkel doch ernster war, als ich gedacht hatte. Aber zu jenem Zeitpunkt merkte ich nichts davon und die Verletzung war nicht tief genug, als dass ich daran verblutet wäre. Ich kämpfte wie seinerzeit gegen Carney. Ich ließ mich von meinem Instinkt treiben, als wollte ich Carney die Abreibung seines Lebens verpassen, als würde mein gesamter Clan mir zuschauen und darauf warten, dass ich wieder einmal geschlagen wurde, als würde ich mich ein für alle Mal vor ihnen beweisen wollen. Ich war wie in Trance. Wie in Ekstase.
    Später dachte ich: Ist es das, was ein Lammyr fühlt? Aber wie gesagt, der Gedanke kam mir erst später und das war sicherlich auch gut so. Gewiss hätte er mich sonst auf der Stelle erstarren lassen.
    Ich sah Fox und Eili, die ihre Bewegungen mit solch tödlicher Präzision aufeinander abgestimmt hatten, als wäre einer das Spiegelbild des anderen. Ich sah Angus, Rionna und Sonia, Craig, Ryan und Sinead. Von Torc waren keine flinken Manöver zu erwarten gewesen, er schlug einfach jeden Gegner kurz und klein, der ihm vors Schwert lief. Die meisten von Conals Kriegern waren vom Pferd abgestiegen. Auf dem Pferderücken waren sie beim Eindringen in die Festung im Vorteil gewesen, aber jetzt dürstete es sie nach der direkten Konfrontation. Und keines unserer Pferd e – weder meines noch Conals noch Torc s – brauchten einen Reiter, um sich am Kampf zu beteiligen. Mein Pferd packte einen von Calman Ruadhs Kriegern bei der Kehle und schüttelte ihn durch wie ein Hund eine Ratte.
    Ich musste Conal finden.
    Rionnas Blockade war endgültig fort, sie hatte mich wieder mir selbst überlassen, was mir
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