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Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen

Titel: Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Autoren: Gillian Philip
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niemand schaute in seine Richtung. Ich schenkte ihm ein Lächeln, das es nicht erwiderte.
    Bitte, dachte ich und sah zu den Wachen, gebt mir noch dreißig Sekunden. Als ich neben dem Mädchen auf die Knie ging, streckte es mir auch schon seine Hände entgegen und ich schnitt vorsichtig seine Fesseln auf. Ungeduldig zappelte es mit den Händen, sodass meine Dolchklinge es am Handgelenk erwischte, bevor ich es verhindern konnte. Es gab keinen Laut von sich, sondern starrte mich nur mit einem vielsagenden Blick an. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und sägte weiter an den Stricken herum. Ein paar Sekunden und einen weiteren Kratzer später waren die Hände endlich frei. Nun erwiderte es mein Lächeln, nur für einen kurzen Moment, dann wurde sein Gesicht wieder ernst. Es hob eine Augenbraue.
    Ich schüttelte unmerklich den Kopf und blickte zum Burghof hinüber.
    Der Platz war still und leer, nur ein gelangweilter Wachposten stand dort, gähnte, trat einen Stein vor sich he r – und drehte sich zu uns um.
    Mir wäre fast das Herz stehen geblieben. Das Mädchen drückte sich eng an mich, sodass ich instinktiv den Arm um es legte. Aber die Wache hatte keine Gelegenheit mehr, uns zu entdecken. Aus dem Hof drangen Rufe und Wutschreie und das Klirren von Schwertern. Die wenigen Wachen, die nicht sofort hinunter in den Hof stürmten, blieben mit gezücktem Schwert auf der Brüstung stehen und schauten nach unten. Sonias sirenenartiger Kampfschrei durchschnitt die Stille der Nacht und die befreiten Kämpfer, die ihr folgten, stimmten mit Wut- und Triumphgeheul ein. Dann prallten die verfeindeten Lager aufeinander.
    Das Regiment, das Sonia schnell zusammengestellt hatte, war dem Feind zahlenmäßig unterlegen. Aber sie waren auch verdammt wütend und gedemütigt und rachsüchtig. Eine günstigere Gelegenheit würde es nicht geben.
    „Na los, lauf!“, rief ich dem Kind zu, packte es beim Arm und schubste es zur Treppe. Die Kleine brauchte nur ein paar Minuten Vorsprung und die Kämpfer im Innenhof waren zu beschäftigt, um auf sie zu achten. Ich selbst eilte zu dem Rad, um das Tor zu öffnen.
    Trotz des Ablenkungsmanövers entdeckten mich die Wachen. Einer schrie noch auf und riss das Schwert hoch, aber da verschwand mein Dolch auch schon in seinem Leib. Ich zog ihn gerade noch rechtzeitig wieder heraus, bevor sein Freund sich auf mich stürzen konnte. Ich wich mit einem Sprung und einer Rolle aus, gelangte so hinter ihn und stach ihm ins Bein, ehe er sich zu mir umdrehen konnte. Ich lief zurück zum Stützbalken und sprang unterwegs über einen dritten Wachposten hinweg, der sich vor mir duckte. Ich rannte auf das Rad z u – und sprang ins Leere.
    Dabei musste ich wohl die Augen geschlossen haben, was sicher nicht gerade die klügste Idee war. Ich krachte gegen massives Holz, fan d – mehr durch Zufall als Geschic k – einen Halt, strampelte mit den Beinen in der Luft und zog mit einem Ruck an einer der vorstehenden Speichen. Das daran befestigte Seil spannte sich und ich schlug wie ein Besessener mit meinem Dolch darauf ein. Endlich hatte ich mit der Klinge eine Kerbe ins Seil geritzt, an der ich ansetzen konnte. Ich begann zu sägen.
    Das Seil riss schneller, als ich erwartet hatte, und ich schwang wild herum. Einerseits versuchte ich so, das Rad in Bewegung zu setzen, andererseits kein allzu leichtes Ziel für die Pfeile abzugeben, die inzwischen um mich herum und an mir vorbeipfiffen. Jenseits der Tore hörte ich den Lärm von Conals Kriegern, die über den Torfboden auf die Festung zustürmten. Oh Götter, das Tor musste sich öffnen, es musste sich öffnen!
    Das Problem war die Hebelwirkung. Die Ketten, mit deren Hilfe das Rad normalerweise in Gang gesetzt wurde, hingen rund fünf Meter unter mir. Sicher, mein Gewicht zog das Ding durchaus auch nach unten, aber eben nicht schnell genug. Ich strampelte und fluchte, dann fühlte ich endlich, wie das Rad nachgab. Ich griff nach der nächsten Speiche, strampelte wieder und so drehte sich das Rad Zentimeter um Zentimeter. Plötzlich streifte ein Pfeil meinen Oberschenkel. Das versetzte mich in blinde Wut, ich schrie das Rad an, trat wild um mich, packte die nächste Speiche. Das Donnern der Pferdehufe kam näher. Zu schnell, sie kamen zu schnell. Das Tor stand erst einen Spalt weit offen, weit genug für ein Frettchen vielleicht, aber auf keinen Fall für ein Pferd.
    Ich würde es nicht schaffen.
    Etwas knallte mit voller Wucht gegen mich. Ich dachte, ich
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