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Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo
Autoren: Jochen Till
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zwar sofort.
    Als ich mich durch die Menge schiebe, sehe ich gerade noch, wie die Tür zum Seiteneingang sich langsam schließt. Dort angekommen, öffne ich sie vorsichtig einen Spaltbreit und schiebe meinen Kopf in den Gang, der zu den Umkleidekabinen führt. Nichts zu sehen. Ich schlüpfe in den Gang und schließe die Tür leise hinter mir. Als ich ein paar Schritte vorwärtsgeschlichen bin, höre ich Stimmen, kann aber noch nichts verstehen. Ich schleiche weiter, bis ich kurz vor einer der Umkleidekabinen stehe.
    »Okay, haltet sie fest!«, höre ich Antoinette zischen.
    Dann ertönt ein regelmäßiges Klackern. Ich kenne dieses Geräusch. Das habe ich ganz sicher schon mal gehört.
    »So, du blöde Schlampe«, sagt Antoinette. »Du hast doch wohl nicht ernsthaft geglaubt, dass du ungeschoren davonkommst. Da hast du dich ganz eindeutig mit den Falschen angelegt.«
    »Ich habe mich mit überhaupt niemandem angelegt«, höre ich Leo sagen. » Du hattest von Anfang an ein Problem mit mir , obwohl ich gar nichts gemacht habe.«
    »Stimmt, da hat sie eigentlich Recht«, höre ich Nicole sagen.
    »Ey, spinnst du?«, knurrt Antoinette sie an. »Was soll das denn? Wenn du jetzt plötzlich auf ihrer Seite bist, sag’s lieber gleich. Hier ist genug für zwei drin.«
    Und erneut dieses Klackern.
    »Schon gut, schon gut!«, sagt Nicole abwehrend.
    Klacker, klacker, klacker.
    Oh, Mann, das macht mich echt verrückt. Woher kenne ich dieses Geräusch bloß? Ob ich es wagen soll? Ich beuge mich ganz langsam vor, bis ich mit einem Auge um die Ecke schauen kann. Okay, der Mönch namens Antoinette steht mit dem Rücken zu mir und verdeckt zum Großteil Viola und Nicole, die Leo an die Wand drücken. Leos Blick ist finster funkelnd direkt geradeaus auf Antoinette gerichtet.
    »Was soll das werden?«, fragt Leo.
    Antoinette hebt die Hand und schüttelt eine Dose vor Leos Gesicht.
    Klacker, klacker, klacker.
    Ich wusste, ich kenne dieses Geräusch. Es ist das Klackern einer Farbspraydose, wie sie diese Graffiti-Jungs immer benutzen.
    »Was das werden soll?«, sagt Antoinette. »Och, nichts Besonderes. Wir wollten dir eigentlich nur einen Gefallen tun.«
    Klacker, klacker, klacker.
    »Du stehst doch so auf Schwarz, nicht wahr?«, fährt Antoinette fort. »Na ja, und da haben wir uns gedacht, es wäre doch nett, wenn wir dir dabei helfen, noch mehr Schwarz in dein Leben zu bringen. In dein Gesicht, zum Beispiel. Das ist viel zu hell im Gegensatz zu deinen Klamotten. Und deine Haare auch. Aber keine Sorge, das kriegen wir hiermit schon hin.«
    Sie schüttelt erneut die Spraydose, dann zieht sie die Kappe ab und hält sie direkt vor Leos Gesicht.
    Du musst ihr helfen, Charlie Brown. Ja, das weiß ich doch! Ich muss dazwischengehen, sie irgendwie aufhalten, und zwar sofort. Aber ich bin wie gelähmt, meine Beine folgen mir nicht. Reiß dich zusammen, Charlie Brown. Das sind doch nur Mädchen, Charlie Brown. Schon klar, aber das sind verdammt böse Mädchen und gleich drei davon.
    »An deiner Stelle würde ich die Augen und den Mund lieber zumachen«, sagt Antoinette mit einem fiesen Grinsen. »Das Zeug soll giftig sein.«
    Sie legt ihren Zeigefinger auf das Ventil der Spraydose.
    »Bist du dir auch wirklich sicher, dass das Schwarz ist?«, fragt Viola mit skeptischem Blick auf die Spraydose.
    »Oh Mann, klar ist das Schwarz!«, erwidert Antoinette aufbrausend und hält Viola die Spraydose direkt vor die Nase. »Hier, steht’s doch dick und fett drauf! Schwarz, Black, Noir, sogar in drei Sprachen! Hast du sonst noch ’ne blöde Frage, oder kann ich jetzt endlich anfangen?«
    »Nein, kannst du nicht!«
    Habe ich das eben gerade wirklich gesagt? Offenbar ja, denn Antoinette dreht sich zu mir um und die anderen starren mich ebenfalls an.
    »Was will der Loser denn hier?«, sagt Antoinette und verzieht verächtlich das Gesicht. »Los, verpiss dich, Charlie Braun! Aber zackig! Das hier geht dich nichts an.«
    Sie dreht sich wieder um, so als wäre ich ihrem Befehl gefolgt und schon gar nicht mehr da.
    »Lass sie in Ruhe!«, rufe ich laut und gehe auf Antoinette zu.
    »Ich hab gesagt, du sollst dich verpissen!«, schreit sie, ohne mich anzusehen. »Ich hab hier zu tun, siehst du das nicht?!«
    »Hast du nicht schon genug Ärger am Hals?«, erwidere ich und versuche dabei an ihre Vernunft zu appellieren. »Wenn Billwerder das erfährt, fliegst du mit Sicherheit.«
    »Ach ja?«, sagt sie und dreht sich nun doch zu mir um. »Und von wem sollte er
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