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Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo
Autoren: Jochen Till
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das bitte schön erfahren? Hm?«
    Sie kommt langsam auf mich zu.
    Klacker, klacker, klacker.
    »Na, von mir zum Beispiel«, erwidere ich und bleibe standhaft.
    »Das würde ich mir an deiner Stelle aber noch mal gut überlegen«, knurrt sie und sprüht ohne jede Vorwarnung ein großes L mitten auf meine Jacke. »Oder willst du etwa auf allen deinen Klamotten deine zukünftige Berufsbezeichnung stehen haben?«
    »Charlie wird mal Landwirt?«, wundert sich Nicole. »Woher weißt du das denn?«
    »Oh, Mann, Loser !«, stöhnt Antoinette gereizt auf. »Das L steht für Loser, Nicole! Das weiß doch nun echt jeder!«
    Stimmt, das weiß sogar ich. Aber ich bin kein Loser. Ich bin der Farblose Ritter. Ein Held. Vielleicht kein Superheld, aber immerhin ein Held. Und was macht ein Held in so einer Situation? Was würde Batman jetzt zum Beispiel machen? Wahrscheinlich würde es keine fünf Sekunden dauern, bis er die drei Mädels mit ein paar gezielten Tritten und Faustschlägen ausgeknockt hätte. Okay, vergessen wir die Batman-Taktik, dafür bin ich nicht stark und erst recht nicht durchtrainiert genug. Doch um einem Mädchen eine Spraydose aus der Hand zu reißen, dafür sollte es eigentlich reichen.
    Meine Hand schnellt nach vorn und kriegt tatsächlich die Spraydose zu fassen. Zu blöd nur, dass Antoinette sie nicht einfach so loslässt, sondern fest umklammert hält.
    »Ey, geht’s noch?!«, schreit sie. »Lass sofort los!«
    Ich versuche meine zweite Hand an die Dose zu kriegen und schaffe es soga r – Antoinette leider auch. Wir ringen um die Spraydose, es geht hin und her und hoch und runter, keiner ist bereit loszulassen. So lang, bis Antoinettes Knie plötzlich zwischen meinen Beinen einschlägt und ich einfach loslassen muss, weil ich beide Hände brauche, um mir in den Schritt zu fassen, während ich langsam zu Boden sacke. War zum Glück kein Volltreffer, aber scheißweh tut es trotzdem.
    Antoinette steht schnaufend über mir und streckt mir triumphierend die Spraydose entgegen.
    »Na, reicht das?!«, keift sie mich an. »Wenn du uns bei Billwerder verpfeifst, kannst du das gern jeden Tag haben! Und jetzt verpiss dich endlich!«
    Sie stapft wütend zu Leo zurück, hält ihr die Spraydose ins Gesicht und drückt ohne ein weiteres Wort auf das Ventil.
    Scheiße, das war’s dann wohl. Der Farblose Ritter hat kläglich versagt. Er hat gegen ein Mädchen verloren und schämt sich unendlich, dass er seine Prinzessin nicht retten konnte. Ich kann gar nicht hingucken.
    Ein spitzer, hysterischer Schrei ertönt.
    »Ey, pass doch auf, du blöde Kuh!«
    Moment mal, das klingt aber nicht nach Leo. Jetzt muss ich doch mal hingucken. Und ich sehe, dass Nicoles Gesicht plötzlich tiefschwarz gesprenkelt ist.
    »Selber blöde Kuh!«, keift Antoinette zurück. »Das war doch keine Absicht! Ich hab in der Hektik nur die Dose falsch gehalten, kann doch mal passieren! Außerdem hab ich doch gesagt, du sollst dich wegdrehen, du blöde Zicke!«
    »Blöde Zicke?!«, kreischt Nicole sie an. »Na, das sagt ja die Richtige! Wer ist denn hier die Weltmeisterin im Rumzicken?! Du hast uns doch schließlich alle in die Scheiße gezickt! Und warum? Weil du es nicht ertragen kannst, dass eine andere vielleicht mehr Aufmerksamkeit kriegt als du!«
    »Ach, ja?«, kreischt Antoinette zurück. »Soll ich dir mal zeigen, wie man ganz viel Aufmerksamkeit kriegt?«
    Sie drückt wieder auf das Ventil der Spraydose, Nicole stürzt sich auf sie, schnappt sich ihren Arm und biegt ihn um, was zur Folge hat, dass Viola, die immer noch Leo festhält, eine volle Ladung Farbe ins Gesicht kriegt.
    »Ey, spinnt ihr?«, kreischt sie hysterisch, lässt Leo los und stürzt sich auf ihre vermeintlichen Freundinnen.
    Ein wildes Gerangel, begleitet von ohrenbetäubend spitzen Schreien, entsteht. Immer wieder geht die Spraydose los und versprüht schwarze Farbe.
    Leo löst sich von der Wand, sprintet plötzlich an mir vorbei um die Ecke und weg ist sie. Wie jetzt? Sie lässt mich einfach so hier zurück?
    Vorsichtig versuche ich aufzustehen. Der Schmerz hat nachgelassen. Ich betrachte den Fleck auf meiner Jacke, die Farbe hat sich richtig in den Stoff gesaugt, das geht bestimmt nicht mehr raus. Ich öffne die Jacke, um zu sehen, ob die Farbe bis auf mein T-Shirt durchgefärbt hat, ist aber nicht so.
    Die Mädels bilden mittlerweile einen undefinierbaren Haufen auf dem Boden.
    »Du blöde Schlampe!«, kreischt Nicole und zieht Antoinette an den Haaren.
    »Selber
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