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Chaplins Katze, Clintons Kater

Chaplins Katze, Clintons Kater

Titel: Chaplins Katze, Clintons Kater
Autoren: Helga Dudman
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Mutter von Xerxes, der im fünften Jahrhundert vor Christus erfolglos versuchte Griechenland zu erobern.
    Wenn man versucht, Atossas persische Ahnentafel zu entwirren, kommt man ohne den gebildeten Herrn Arnold allerdings in Teufels Küche. Denn sie erscheint in der Geschichtsschreibung auch als Tochter von Artaxerxes II. des ältesten Sohnes von Darius II. der 359 v. Chr. starb. In bester Katzentradition verbrachte Artaxerxes seine letzten Lebensjahre »mit den Freuden seines Harems«. Noch komplizierter wurde die Angelegenheit, weil er sich zu allem Überfluss in seine Tochter Atossa verliebte (bei den alten Persern galt wie bei den neuzeitlichen Perserkatzen eine Ehe zwischen nahen Verwandten nicht als Inzest). Und Katzen sollen unmoralisch sein?
    Aber damit ist Arnolds kleine Unterrichtsstunde für uns Heutige beileibe noch nicht zu Ende. Atossa taucht nämlich auch in Alexander Popes ›Moral Essays‹ auf, einer Sammlung von vier »ethischen Gedichten«, die um 1730 erschien. Pope (der seine Dänische Dogge innig liebte) hatte mit seiner Darstellung der Atossa die Herzogin von Marlborough gemeint. Es ging das allerdings nie bewiesene Gerücht, Pope habe größere Geldbeträge eingestrichen, um die Darstellung der Atossa zwanzig Jahre lang nicht zu veröffentlichen.
    Arnold besaß auch eine Katze, die schlicht Blacky hieß, und eine Perserkatze namens Toss. Allerdings können wir sicher sein, dass es sich dabei nicht um eine weitere Katze, sondern nur um eine Abkürzung von Atossa gehandelt haben muss. Wir schließen mit den letzten Zeilen aus Arnolds Katzen-Papagei-Gedicht – kristallklar und nachdenkenswert für jeden Katzenliebhaber. Arnold bezog sich damit auf Atossa, die viktorianische Katze, und ihre Angewohnheit, mit unendlicher Geduld beim Käfig des Papageis zu verharren, macht dann aber mit uns einen gewaltigen Sprung aus Persien ein paar Jahrhunderte weiter zu einem römischen Kaiser, der nicht gerade fiir seine Menschenfreundlichkeit berüchtigt war: So hätte wohl Tiberius gelauert und gesessen,
    Wäre Tiberius ein Katzentier gewesen.

    BALTHUS (*1908), in Paris geborener Maler mit einem Faible für die Aristokratie, der sich selbst »König der Katzen« nannte.
    Als er 13 Jahre alt war, fertigte er eine Reihe von vierzig Tuschezeichnungen an, die die Geschichte seiner kleinen Katze Mitsou erzählten. Die Zeichnungen des Jungen wurden 1921 von einem deutschschweizerischen Verlag veröffentlicht.
    Das warmherzige, wenn auch ein wenig mystische Vorwort in französischer Sprache stammte aus der Feder des Dichters Rainer Maria Rilke.
    Der schmale, elegante Band war schon bald eine echte Rarität. 1984 gab ihn das Metropolitan Museum of Art in englischer Sprache neu heraus. Die Illustration auf dem Rückumschlag des Buches zeigt ein Selbstporträt des erwachsenen Balthus, künstlerisch hager und nicht sonderlich glücklich dreinblickend. Eine Katze reibt zärtlich ihren Kopf am Knie des Malers. Eine (in englischer Sprache) abgefasste Inschrift unten rechts im Gemälde lautet: »Porträt Seiner Majestät des Königs der Katzen, gemalt von Ihm
    höchstpersönlich« und trägt in römischen Zahlen das Datum 1935.
    Balthus, der König der Katzen, bezeichnete sich selbst stets als Herzog mit dem klingenden Namen Balthasar Klossowski de Rola. Aber, wie wir gleich sehen werden, war der Adel frei erfunden.
    Balthus, der Knabe, hat nur sehr wenig formelle
    Schulbildung genossen. In seinem kleinen Buch sehen wir ihn in kurzen Hosen, wie er die ganze traurige Geschichte, das kurze Idyll mit Mitsou, durchlebt. Der Junge findet in der Nähe seines wunderbar eingerichteten Zuhauses im Château de Nyon, das von Dienstboten nur so wimmelte, ein kleines Kätzchen. Er nimmt es mit nach Hause, gewinnt es von Herzen lieb, füttert und verhätschelt es. Maler fürchten sich offensichtlich nicht vor Bazillen: Mitsou schläft auf Balthus’
    Kopfkissen und sitzt mit der Familie am Esstisch. Natürlich nimmt der Junge Mitsou auch mit auf eine Familienreise nach Genf.
    Die Aufregung ist groß, als Mitsou das erste Mal verloren geht. Aber nach unermüdlicher Suche findet der Junge sie wieder. Und dann läuft die Katze fort, und diesmal ist sie für immer verschwunden. Die letzte der vierzig Zeichnungen zeigt den bitterlich weinenden kleinen Buben.
    Rilkes Vorwort zur Erstausgabe hat der altkluge Balthus sicherlich immer und immer wieder gelesen – auch wenn Rilkes Schriften, eine Fundgrube für die akademische Analyse, sonst
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