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Im Zeichen der Wikinger

Im Zeichen der Wikinger

Titel: Im Zeichen der Wikinger
Autoren: Clive Cussler
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Juni 1035
Irgendwo in Nordamerika
    Sie glitten durch den Morgennebel wie Gespenster, lautlos und in schaurig anzuschauenden Geisterschiffen. Hoch und anmutig geschwungen wie ein Schlangenleib, ragten Vor- und Hintersteven auf, gekrönt von kunstvoll geschnitzten Drachenhäuptern mit drohend gefletschten Zähnen, als spähten sie auf der Suche nach Opfern selbst durch den dichtesten Dunst.
    Angst sollten sie sämtlichen Feinden einjagen, aber die Besatzung glaubte auch, dass die Drachen Schutz vor den bösen Geistern boten, die im Meer hausten.
    Über eine grimmige See war die kleine Schar mit ihren langen, schnittigen schwarzen Schiffen gekommen, die elegant wie Bachforellen über die Wellen glitten. Lange Ruder ragten aus den Pforten zu beiden Seiten des Rumpfs, tauchten ins dunkle Wasser und trieben die Schiffe durch die Dünung.
    Schlaff hingen die rechteckigen, rotweiß gestreiften Segel in der Flaute am Mast. Kleine Klinkerboote, rund fünf Meter lang, in denen zusätzliche Fracht befördert wurde, waren am Heck vertäut.
    Sie waren die ersten Einwanderer in diesem Landstrich, Vorläufer all jener, die viel später noch kommen sollten – Männer, Frauen und Kinder mitsamt ihrem Vieh und all ihrer kärglichen Habe. Die gefährlichste aller Routen, auf der die Nordmänner die Meere durchkreuzten, die große Fahrt über den Nordatlantik, hatten sie gemeistert. Ungeachtet aller Schrecken, die sie auf dem weiten, unbekannten Ozean erwarteten, waren sie losgesegelt, hatten Treibeisfelder überwunden und orkanartigen Winden getrotzt, gegen mächtige Wogen gekämpft und heftige Stürme aus Südwest durchgestanden. Die meisten hatten überlebt, doch die See hatte auch ihren Tribut gefordert. Zwei der acht Schiffe, mit denen sie in Norwegen aufgebrochen waren, waren auf Nimmerwiedersehen verschollen.
    Nach langer, beschwerlicher Fahrt erreichten die Kolonisten schließlich die Küste von Neufundland. Doch statt bei L’Anse aux Meadows zu landen, dort, wo einst Leif Eriksson eine Siedlung gegründet hatte, wollten sie weiter nach Süden, in wärmere Gefilde vordringen und sich dort niederlassen.
    Nachdem sie eine riesige Insel umsegelt hatten, steuerten sie in Richtung Südwest und stießen auf eine lange Landzunge, die sich vom Festland aus gen Norden zog. Sie umrundeten zwei flache Inseln und fuhren dann geschlagene zwei Tage an einem weiten Sandstrand vorbei – ein wundersamer Anblick für diese Menschen, die ihr Lebtag lang nur schroffe Felsenküsten gekannt hatten.
    Eine weite Bucht tat sich vor ihnen auf, als sie um die äußerste Spitze des endlos langen Sandstreifens segelten. Unverzüglich nutzte die kleine Flotte die einlaufende Flut und fuhr in Richtung Westen, in ruhigere Gewässer. Doch kurz darauf geriet sie in eine Nebelwand, die sich wie eine dumpfe Decke über das Gewässer breitete. Fahl und verschwommen stand die orangefarbene Sonnenscheibe über dem unsichtbaren Horizont.
    Mit lauten Zurufen beratschlagten die Bootsführer miteinander und verständigten sich schließlich darauf, hier vor Anker zu gehen, bis zum nächsten Morgen abzuwarten und darauf zu hoffen, dass sich der Nebel bis dahin verzogen hatte.
    Als der neue Tag anbrach, hing nur mehr ein leichter Dunst über der Bucht, die gen Westen hin zusehends schmäler wurde und in einen Fjord überging, aus dem ein Fluss ins Meer mündete. Die Männer legten die Ruder aus und pullten in die Strömung, während ihre Frauen und Kinder schweigend auf die düsteren Felswände starrten, die am Westufer hoch über den Masten aus dem dünner werdenden Nebel ragten. Unglaublich riesig kamen ihnen die Bäume in dem bewaldeten Hügelland hinter dem Kamm vor. Zwar hatten sie bislang noch keine Menschenseele zu Gesicht bekommen, doch sie nahmen an, dass zwischen den Bäumen Späher verborgen waren. Jedes Mal, wenn sie an Land gegangen waren, um Wasser zu fassen, waren sie von Skrälingarn behelligt worden, wie sie die Eingeborenen dieses fremden Landes nannten, das sie besiedeln wollten. Allzu freundlich waren ihnen diese Skrälingar offenbar nicht gesonnen, denn mehr als einmal schon hatten sie ihre Schiffe mit einem Pfeilhagel eingedeckt.
    Bislang hatten sie ihre übliche Kampfeslust bezähmen müssen, hatte ihnen doch Bjarne Sigvatson, der Führer ihrer fahrenden Schar, keinerlei Gegenwehr erlaubt. Er wusste wohl, dass auch andere Kolonisten aus Vinland und Grönland von den Skrälingar angegriffen worden waren, woran die Wikinger schuld waren, die aus purer
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