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Change

Change

Titel: Change
Autoren: Luisa Raphael
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und die weißen Flocken mit wegflogen.
    „Was ich davon habe? Ein besseres Gefühl. Keine Gewissensbisse mehr.“, antwortete ich mit müder Stimme.
    Luzifer blickte mich konzentriert aus dunklen Augen an, runzelte die Stirn. Der menschliche Körper, den er um sich herum erschaffen hatte, ließ in unschuldig und sympathisch wirken, ein Umstand, der so sehr täuschte wie alles an dem gefallen Engel. So auch seine zur Schau getragene friedliche Miene. Er wollte keinen Frieden. Er wollte Macht und das über einen kriegerischen Weg. Zum Glück war sein Einfluss begrenzt und er konnte es sich nicht erlauben, auf der Erde einen Krieg anzuzetteln, der in einer Apokalypse enden würde. Noch waren wir - damit meinte ich die Engel, die nicht zu Luzifer konvertiert waren, in der Überzahl.
    Jetzt gab der Höllenfürst ein missbilligendes Geräusch von sich und meinte abschätzend zu mir:
    „Seit wann besitzt ihr ein Gewissen? Wenn ich mich nicht irre, sind es nur die Menschen, die, da sie vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen gegessen haben, das Gute und Böse unterscheiden können. Und natürlich kann Er das auch.“
    Ein unsicheres Lächeln flackerte über das Gesicht des ehemaligen Diener Gottes, der nun dessen Namen nicht mehr gerne aussprach. Aber er hatte Recht - zumindest theoretisch.
    „Die Menschen besitzen diese Gabe, natürlich, ich weiß. Eine wahrlich fürstliche Belohnung für ihren ersten Ungehorsam. Aber wenn man lange genug unter ihnen ist, mit ihnen zusammenlebt und ihre Meinungen hört, dann erkennt man es mit der Zeit auch, was Richtig und Falsch ist.“, antwortete ich mit sanfter Stimme.
    Luzifer zischte, an meinen Worten zweifelnd und fasste mich noch konzentrierter ins Auge.
    „Denkst du dir das auch nicht aus?“, fragte er mich, den Kopf schief gelegt.
    „Wofür hältst du mich? Warum sollte ich lügen? Was hätte ich für einen Grund, dich zu belügen? Ich würde nie gegen eines der Gebote verstoßen.“
    Ich gab vor, empört zu sein. Tatsächlich war ich es nicht. Der Hinweis auf das himmlische Gebot ließ kurzzeitig Luzifers Miene erstarren. Meine Aufmerksamkeit wurde geweckt.
    „Wenn du von den Menschen dir das Gewissen abgeguckt hast, warum sollst du dir nicht auch ihr Fähigkeit zum Gesetz- und Gebote brechen oder zum Lügen abgeguckt haben?“, konfrontierte mich der gefallene Engel mit seiner Theorie.
    Ich zuckte mit den Schultern, dann setzte ich zu einer langatmigen Erklärung an.
    „Das sind ja zwei unterschiedliche Dinge. Lügner und Gesetzesbrecher sind Ausnahmeerscheinungen unter den Menschen. Über ein Gewissen verfügen dafür alle Menschen. Es kommt darauf an, was sie aus ihrem Leben machen, dementsprechend verändert sich ihr Verständnis über das Gute und Böse. Und ich habe mir bestimmt nicht die Eigenschaften verinnerlicht, die gegen den Willen des Herrn laufen. Das die Menschen über Erkenntnis verfügen, ist vom Herrn akzeptiert…“
    „Zumindest jetzt. Er musste sich ja damit abfinden.“, unterbrach mich Luzifer, der mir bis eben konzentriert zugehört hatte.
    Doch bevor ich weiter sprechen konnte, musste mir der Höllenfürst noch etwas anderes unter die Nase reiben - sprichwörtlich gesehen.
    „Ich glaube aber nicht, das es sinnvoll ist, das ihr selber entscheiden könnt, was ihr tut und nicht tut. Was, wenn ihr einen Auftrag bekommt, der eurem neuem Gewissen widerspricht? Was dann? Lehnt ihr euch auch auf? Gibt es dann die nächste Rebellion?“
    Das Lächeln Luzifers wurde diabolisch und enthüllte zum ersten Mal, wer sich hinter der schönen, reinen Fassade versteckte. Ich atmete tief durch. Denn tatsächlich hatte ich Luzifer unterschätzt. Der gefallene Engel war nicht dumm, er hatte den Schwachpunkt erkannt. Und leider entsprach seine Theorie ja der Wahrheit. Ich haderte mit meinem Gewissen. Ein unerträglicher Zustand für jemanden, der sonst nie Fragen gestellt hatte. Doch seit ich zu viel Zeit zum Nachdenken hatte, erkannte ich alle meine Fehler. Ich erkannte, wie falsch ich teilweise gehandelt hatte. Doch jetzt wollte ich alles richtig machen. Auch wenn das eine neue Rebellion heraufbeschwor.
    „Und wenn es so wäre?“, änderte ich meine Taktik.
    „Das fände ich … nun ja, amüsant.“, meinte Luzifer und grinste breit und widerlich. Ich blickte weg, da ich dieses widerliche Grinsen nicht sehen wollte, sah kurz zu den Menschen, die über den großen Platz eilten, auf dem Weg nach Hause oder in eines der vielen Geschäfte. Sie wussten nicht,
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