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Change

Change

Titel: Change
Autoren: Luisa Raphael
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mit der Zunge über die Schneidezähne, aus Angst, welche verloren zu haben. Zum Glück hatte ich heute früh auf mein Piercing verzichtet, sonst hätte der Sturz bestimmt noch größere Auswirkungen auf mich gehabt.
    Meine Zähne schienen nicht so viel abbekommen zu haben, ganz anders als meine Knie und Handinnenflächen, die fürchterlich brannten, sodass es mir Tränen in die Augen trieb. Doch weinen durfte ich nicht, nicht hier vor diesen verdammten Hurensöhnen. Wenn sie merkten, dass ich eine Heulsuse und Memme war, hatten sie wahrscheinlich noch mehr Lust, mich fertig zu machen. Ich verstand nicht, was sie plötzlich gegen mich hatten - ich hatte ihnen nie etwas getan. Bisher hatte ich rein gar nichts mit ihnen zu tun gehabt. Weshalb ich auch ihre Namen nicht kannte.
    „Dem seine Hackfresse hat endlich mal die Behandlung gekriegt, die sie brauchte! Du wolltest doch nicht abhauen, du Missgeburt!“, schrie mich jetzt der bullige Kerl an, der mir vorhin den Schlag verpasst hatte. Und als ob ich noch nicht genug litt, trat er mir kräftig vors Schienbein. Ich stieß einen zischenden Schmerzenslaut aus und krümmte mich noch mehr zusammen.
    „Noch nicht genug? Na warte, du kannst noch mehr haben!“ bot mir ein anderer an und zielte auf meine empfindlichste Stelle. Als ich das sah, zuckte ich ruckartig weg, sodass er mich in den Bauch traf. Von dem Schmerz, der sich wie eine Feuerwalze in mir ausbreitete, wurde mir schwarz vor Augen und ich musste mich zusammenreißen, um ihnen nicht sofort vor die Füße zu kotzen. Nicht, dass ich etwas gegessen hatte, das ich herauskotzen konnte. Mein Magen war so leer, sodass mir glücklicherweise diese Schmach entging. Durch die anhaltend starken, endlos scheinenden Schmerzen litt meine Aufmerksamkeit, sodass ich nicht mehr bemerkte, wie sie mich weiter beleidigten. Irgendwann spürte ich noch einen Tritt am Oberkörper, den meine Arme abfingen, doch dann kehrte endlich Ruhe ein.
    Ich lag noch eine Weile so da, auf dem harten Pflaster des Fußwegs, bis meine Schmerzen etwas abklangen. Dann richtete ich mich ächzend auf und lehnte mich heftig atmend an die Wand eines Hauses. Langsam ließ der Schmerz nach, bis ich ihn ignorieren konnte. Als ich mein Handy aus der Hosentasche nestelte, stellte ich fest, dass es unbeschadet war. Zum Glück war es ein altes, stabiles und nahezu unverwüstliches Exemplar, das ein paar heftige Erschütterungen und Schläge wegsteckte. Ganz anders als ich, dachte ich mir und kniff meine sich mit Tränen füllenden Augen zusammen.
    Eine Kurzwahltaste drückend wählte ich die Nummer meines Kumpels Ashton aus der Band an, um ihm mitzuteilen, dass sie heute auf mich verzichten mussten. Ash wollte natürlich wissen, warum, doch ich speiste ihn mit ein paar banalen Worten ab. Ich wollte nicht, dass irgendjemand das hier eben mitbekam, es war so schon fürchterlich erniedrigend genug.
    Ich stieß mich von der Wand ab und biss die Zähne zusammen, um nicht laut aufzustöhnen vor Schmerz, der wild durch meinen geschundenen Körper zuckte.
    Mich umherblickend fand ich sogar nach einer ganzen Weile meine durch ein Wunder intakt gebliebene Brille. Ich hatte mir die Richtung gemerkt, in die sie gestürzt war und musste so nicht halb blind - zum Teil auch wegen der Tränen, die meine Sicht verschleierten - und auf dem Boden herumtastend stundenlang danach suchen.
    Langsamen Schrittes machte ich mich auf den Weg nach Hause, wachsam nach Evan und den anderen Ausschau haltend, doch sie liefen mir zum Glück nicht mehr über den Weg.
    Die Qualen flammten bei jeder Bewegung wieder neu auf, zusätzlich brannten meine Knie und Handinnenflächen so stark, dass ich ein paar mal wieder auf den Boden sank oder mich an einer Mauer abstützen musste und kurz wartete, bis ich wieder weiter gehen konnte. Die ganze Zeit über riss ich mich arg zusammen, um nicht laut zu schreien oder zu heulen. Denn so war mir zu Mute. Zuhause begab ich mich ins Bad, um mein Gesicht und die anderen Verletzungen zu behandeln.
    Während ich das tat, liefen mir ununterbrochen Tränen aus den Augen, so schrecklich und abscheulich verletzt fühlte ich mich. Warum hatten sie das mit mir getan? Warum nur? Sie hatten keinen Grund dazu. Wer lenkte ihr Handeln? Warum musste ich so leiden? Und war das heute eine einmalige Situation oder würde es sich wiederholen? Würde es Dauerzustand werden?
     
    Am nächsten Tag in der Schule bekam ich die Antwort. Kaum war ich ohne weitere Zwischenfälle zu meinem
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