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Change

Change

Titel: Change
Autoren: Luisa Raphael
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zu sein, der Außenseiter zu sein. Und ich glaubte nicht, dass es hier anders sein würde.
    Ich hatte mir gedacht, wenn ich von Anfang an im Hintergrund bleiben würde, dann könnten sie mich übersehen und ich würde in Ruhe gelassen. Ich wollte nicht von anderen in eine bestimmte Rolle gezwängt werden. Da wählte ich mir lieber selber die Rolle des Außenseiters. Und so suchte ich nie die Freundschaft der anderen. Ich hielt mich stets zurück - denn es gefiel mir, allein zu sein. Ich fühlte mich nie einsam - ich hatte ja meine Musik, die mich in jeder Sekunde meines Lebens begleitete.
    Musik, das war das, was mir am wichtigsten war in meinem Leben. Sie war mein Halt, das Beständigste in meinem sich oft schnell veränderten Leben. Die Musik war in gewisser Weise für mich das, was für andere der Glaube an Gott war. Ich glaubte auch an Gott - wenn auch nicht in der Art, wie er in der Bibel beschrieben wurde, denn da besaß er mir zu viele menschliche Eigenschaften, war zu sehr von den Autoren der ‚Heiligen Schrift’ geprägt worden. Doch der Glaube war nichts, an dem ich mich festhalten konnte. Denn ich bezweifelte, dass es Gerechtigkeit gab - ich war ja das beste Gegenbeispiel dafür.
    Ich bezweifelte, dass Gott sich groß für mein Leben, mein Schicksal und meine Ansichten interessieren würde. Und noch mehr bezweifelte ich, dass er eingreifen und es verändern würde. Ich wusste ja nicht, dass er sich tatsächlich dafür interessierte, selber zwar nicht eingriff doch seinen gefallenen Engel Luzifer mit meinem Leben spielen ließ. Denn er war es ja, der mir sämtliches Unglück und Leid bescherte.
    Ich war niemand, der gerne im Mittelpunkt stand - dazu war ich zu unsicher, zu schüchtern. Um in den ersten Tagen an meiner neuen Schule klarzukommen, hatte ich zwar die Hilfe einiger hilfsbereiter Schüler in Anspruch nehmen müssen und war dementsprechend auch annähernd freundlich zu ihnen - doch sobald ich mich selbstständig zu Recht fand und mich einigermaßen eingelebt hatte im Alltag dieser Schule, distanzierte ich mich von den anderen. Das einsetzende Gerede über mich ignorierte ich, indem ich meine Musik so laut stellte, dass nichts durch die aggressiven Gitarren, betäubenden Bässe und kreischenden Stimmen drang.
    Ich wusste auch so, über was sie redeten - es war immer dasselbe. Mein Aussehen gab ihnen aber auch genug Grund dazu. Angefangen von den hellblonden, hochgestylten Haaren - die übrigens gefärbt waren - über mein Piercing an der Unterlippe, meine Brille ohne die ich so gut wie blind war - ich war kurzsichtig - bis zu den zerrissenen und abgenutzten Klamotten, die ich immer trug.
    Ich wusste, wie sie mich betitelten: Aiden, der Freak. Ich war kein Punk oder so etwas. Zumindest nicht wirklich. Ich mochte es halt, genauso herumzulaufen. Wollte zum Teil die mich umgebenden Menschen auch schockieren mit meinem Auftreten. Es gab doch noch ein rebellisches Feuer in meinem Herzen, das brannte und Flammen schlug. Genau aus diesem Grund wechselte ich auch öfters meine Haarfarbe. Ich wollte mich ein bisschen von dem Rest abheben. Auch wenn ich dazu vermutlich all das gar nicht zu tun brauchte. Denn meine schmächtige Gestalt fiel so oder so auf und unterschied mich von den meisten eher großen, breiten Jungen meiner Schule, die sich dementsprechend über meine schmächtige Gestalt lustig machten. Aber solange sie nicht handgreiflich wurden, sollte mir egal sein, über was sie tuschelten.
    Wie ich die Situation diesmal unterschätzte, zeigte sich bald.
     
    Die ersten Wochen an der neuen Schule waren recht ereignislos - das Übliche, wenn man irgendwo neu war. Zuerst Neugier, dann Gerede, die wildesten Gerüchte machten die Runde, und schließlich abflauendes Interesse an mir. Ich wurde von allen ignoriert und in Ruhe gelassen. Eigentlich paradiesische Zustände - zumindest für mein Verständnis. Ich wollte nicht mehr als in Ruhe gelassen werden.
    Ich weiß nicht mehr genau, wann es anfing. Aber es dauerte ungefähr ein Vierteljahr, bis ich das erste Mal spürte, dass etwas anders war. Das Unglück war über mir aufgetaucht wie eine düstere Gewitterwolke.
     
    Luzifer, der bisher nur beobachtet hatte, meine Schwachstellen ausfindig gemacht und mich taxiert hatte, griff nun endgültig ein.
     
    Wenn ich in der Schule meist allein war, so hatte ich doch ein paar Freunde gefunden. Uns verband eine gemeinsame Leidenschaft - die Musik. Und wir spielten zusammen in einer Band - ‚Darker than Dust’
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