Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht
Autoren: Ally Condie
Vom Netzwerk:
nicht, Menschen zu sortieren. Ich bin fast zu gut darin und befürchte, dass mir das immer mehr Spaß macht. Das Talent habe ich von meinem Vater geerbt. Doch wenn man sich einmal falsch entschieden hat, wird die Gabe schnell zu einer Last.
    Dennoch muss ich es darauf ankommen lassen. Ich muss Cassia diese Dokumente zukommen lassen. Sie könnte sie brauchen.
    »Hallo«, grüße ich. Der Mann ist noch nicht reisefertig – er ist einer von denen, die bis zum Ende hierbleiben müssen, aber nicht hochrangig genug, um an den spätabendlichen Meetings teilzunehmen, bei denen über die Strategie verhandelt wird. Also ein Mann, der sich nützlich macht, aber auf unauffällige Weise, der kompetent, aber nicht herausragend erscheint. Die perfekte Stellung für jemanden, der Archivar ist oder war.
    »Hallo«, antwortet er mit nichtssagender, höflicher Miene und gefälliger Stimme.
    »Ich würde gerne mehr über die ruhmreiche Geschichte der Erhebung erfahren«, sage ich.
    Rasch verbirgt er seine Überraschung, aber nicht schnell genug. Und er ist klug. Er weiß, dass ich ihm angesehen habe, wer er ist. »Ich bin kein Archivar mehr«, behauptet er. »Ich gehöre zur Erhebung und treibe keinen Handel mehr.«
    »Machen Sie eine Ausnahme«, schlage ich vor.
    Schließlich kann er nicht widerstehen. »Was haben Sie für mich?«, fragt er und blickt sich unauffällig um.
    »Dokumente aus den Canyons«, flüstere ich und bilde mir ein, seine Augen aufleuchten zu sehen. »Sie befinden sich ganz in der Nähe. Ich werde Ihnen sagen, wo Sie sie finden, und Sie müssen sie einer jungen Frau namens Cassia Reyes zukommen lassen, die gerade nach Central geschickt wurde.«
    »Und was verdiene ich dabei?«
    »Ein Dokument Ihrer Wahl«, antworte ich. »Sie können sich ein beliebiges aussuchen. Aber ich kenne alle ganz genau und werde es merken, wenn Sie mehr als eines genommen haben. Dann verpfeife ich Sie bei der Erhebung.«
    »Archivare sind ehrliche Händler«, erwidert er. »Das gehört zu unseren Grundsätzen.«
    »Ich weiß«, sage ich, »aber Sie haben doch behauptet, kein Archivar mehr zu sein?«
    Da lächelt er. »Einmal Archivar, immer Archivar.«
     
    Durch das Treffen mit dem Archivar ist es spät geworden, und ich schaffe es nicht, mich von Indie zu verabschieden. Das Flugschiff, mit dem sie fliegt, hebt im letzten Sonnenlicht ab, und als es aufsteigt, sehe ich, dass es auf der unteren Seite verbrannt und beschädigt ist. Als wäre es bei der Landung angegriffen worden. Die Geschütze der Lockvögel richten allerdings keine solchen Schäden an.
    Wahrscheinlich ist es eines der Flugschiffe, die die Farmer abzuschießen versuchten.
    »Was ist mit dem Flugschiff geschehen?«, frage ich jemanden neben mir.
    »Ich weiß es nicht«, antwortet der Mann. »Vor ein paar Tagen ist es rausgeflogen und in diesem Zustand wieder zurückgekehrt.« Er zuckt mit den Achseln. »Du bist neu, stimmt’s? Du wirst noch feststellen, dass du nur über deinen eigenen Aufgabenbereich genau informiert wirst. Bei einer Gefangennahme ist das sicherer.«
    Das ist bestimmt richtig. Und selbst wenn ich recht hätte mit meiner Spekulation darüber, wie das Schiff beschädigt wurde, könnte es sich anders verhalten, als ich denke. Vielleicht wollten die Rebellen den Farmern helfen, aber diese hielten das Schiff für eines der Gesellschaft.
    Vielleicht auch nicht.
    All diese Rätsel kann ich nur lösen, wenn ich in das Innere der Erhebung vordringe.
     
    Ein paar Stunden später wendet sich der Archivar an mich, kurz vor meiner Abreise. Ich löse mich aus meiner Gruppe und wechsele ein paar Worte mit ihm. »Wir haben die Bestätigung«, berichtet er. »Sie ist in Central eingetroffen. Ich werde die Sendung sofort vorbereiten.«
    »Gut«, sage ich. Sie ist in Sicherheit. Sie sagten, sie würden sie zurück in die Gesellschaft bringen, und sie haben es tatsächlich getan. Ein Punkt für die Erhebung. »Hatten Sie irgendwelche Schwierigkeiten?«
    »Nein, nicht die geringsten«, antwortet er. Dann reicht er mir den Stein, in den ich die Schuppen eingraviert habe, und sagt: »Ich hätte es zu schade gefunden, den hier zurückzulassen, obwohl ich weiß, dass Sie ihn nicht mitnehmen können.« Die Regeln der Erhebung gleichen denen der Gesellschaft: kein überflüssiger Besitz. »Es ist eine wunderbare Arbeit.«
    »Danke«, sage ich.
    »Nicht viele Leute können solche Buchstaben schreiben«, fährt er fort.
    »Buchstaben?«, frage ich. Dann sehe ich, was er meint. Was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher