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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht
Autoren: Ally Condie
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kontaminiert sind. »Ihr seid sauber«, sagt sie anschließend. »Gut, dass es geregnet hat und das Gift verdünnt wurde.« Dann führt sie uns durch das Lager. Ich versuche, mir so viel wie möglich zu merken, aber ich sehe nicht viel mehr als Blockhäuser, kleine Zelte und ein großes Gebäude, das etwas Riesiges beherbergen muss.
    Die junge Frau führt uns in ein kleineres Gebäude und öffnet eine der Türen, die von einem Flur abgehen. »Bitte gehen Sie da hinein«, sagt sie zu Indie, »und Sie hier.« Sie öffnet eine zweite Tür für mich.
    Sie wollen uns trennen. Und wir waren so sehr damit beschäftigt, zu überleben, dass wir nicht einmal ausgemacht haben, was wir nach unserer Ankunft sagen würden.
    Ich erinnere mich an das Gefangenen-Dilemma. Damit kriegen sie einen, dadurch finden sie heraus, ob man die Wahrheit sagt. Ich hätte davon ausgehen können, dass die Erhebung damit arbeitet.
    Wir haben keine Gelegenheit, etwas zu besprechen. Indie sieht mich mit einem leichten Lächeln an, und ich denke daran, wie sie mir im Flugschiff geholfen hat, die Tabletten zu verstecken. Wir haben es schon einmal geschafft, gewisse Dinge verborgen zu halten. Wir können es wieder tun. Ich erwidere ihr Lächeln.
    Ich hoffe nur, dass es dieselben Dinge sind, von denen wir glauben, sie blieben besser im Dunkeln.
     
    »Bitte nennen Sie mir ihren vollen Namen«, sagt ein Mann mit angenehmer Stimme.
    »Cassia Maria Reyes.«
    Nichts. Er verzieht keine Miene. Kein Zeichen des Wiedererkennens, keine Erwähnung von Großvater oder dem Steuermann. Ich hätte nicht damit rechnen sollen, aber einen kleinen Stich der Enttäuschung versetzt es mir schon.
    »Gesellschaftlicher Status.«
    Jetzt muss ich schnell entscheiden, wie viel ich verraten will. »Bürgerin, soweit ich weiß.«
    »Wie sind Sie in die Äußeren Provinzen gelangt?«
    Ich möchte Großvater und seine Gedichte nicht erwähnen, ebenso wenig die Archivare. »Ich bin durch ein Missverständnis hierhergeraten«, lüge ich. »Ein Wächter in meinem Arbeitslager befahl mir, zusammen mit anderen Mädchen an Bord des Flugschiffes zu gehen, und glaubte mir nicht, als ich ihm sagte, dass ich eine Bürgerin bin.«
    »Und dann?«, fragt der Mann.
    »Dann flüchteten wir in die Canyons. Ein Junge hat uns begleitet, aber er ist umgekommen.« Ich schlucke. »Wir sind zu einer Niederlassung gelangt, aber sie war verlassen.«
    »Was haben Sie dort gemacht?«
    »Wir haben ein Boot gefunden«, antworte ich. »Und eine Karte. Ich habe den Code entschlüsselt, und sie hat uns zu Ihnen geführt.«
    »Wie haben Sie von der Erhebung erfahren?«
    »Durch ein Gedicht. Und dann noch einmal in der Niederlassung.«
    »Ist noch jemand mit Ihnen aus den Canyons gekommen?«
    Die Fragen hageln zu schnell hintereinander auf mich ein, als dass ich gründlich über die Antworten nachdenken könnte. Was ist besser? Ihnen von Ky zu erzählen oder nicht? Doch mein Zögern, auch wenn es nur ganz kurz war, hat mich verraten, und ich antworte ehrlich, weil ich mich darauf vorbereite, im Hinblick auf etwas anderes zu lügen. »Noch ein Junge«, sage ich. »Er kam auch aus einem der Dörfer. Da wir nicht zu dritt in das Boot passten, ist er zu Fuß gegangen.«
    »Wie heißt er?«
    »Ky.«
    »Und wie heißt Ihre andere Begleiterin, die junge Frau, die mit Ihnen gekommen ist?«
    »Indie.«
    »Und wie lauten die Nachnamen der beiden?«
    »Ich weiß es nicht.« Auf Indie trifft das zu, auf Ky teilweise. Wie hat er geheißen, als er hier aufgewachsen ist?
    »Haben Sie irgendeinen Hinweis darauf gefunden, wo die Leute aus dem Canyon hingegangen sein könnten?«
    »Nein.«
    »Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich der Erhebung anzuschließen?«
    »Nach dem, was ich gesehen habe, glaube ich nicht mehr an die Gesellschaft.«
    »Das genügt im Augenblick«, sagt der Mann freundlich und schaltet das Miniterminal aus. »Wir werden uns Zugang zu den Gesellschaftsdaten verschaffen und daraufhin entscheiden, wie wir Sie einsetzen können.«
    »Sie kommen an die Gesellschaftsdaten?«, frage ich erstaunt. »Hier draußen?«
    Er lächelt. »Ja. Und obwohl wir die Daten anders interpretieren, haben wir festgestellt, dass sie oft verlässlich sind. Bitte warten Sie hier.«
     
    In dem kleinen Zimmer mit den vollkommen nackten Betonwänden muss ich unwillkürlich an die Kaverne zurückdenken. Dort war die Gesellschaft fühlbar anwesend – in den Reagenzgläsern, der Organisation, den getarnten Türen. Sogar der Riss in der
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