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Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf

Titel: Caius, der Lausbub aus dem alten Rom.pdf
Autoren: Henry Winterfeld
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konnten sie ihm nicht das Gegenteil beweisen. Das sei gegen das Gesetz, meinte Julius, und gegen das Gesetz dürfte selbst ein Zauberer nicht verstoßen. Julius' Vater war nämlich ein bedeutender Richter, und daher kannte sich Julius mit Gesetzen und solchen Sachen gut aus.
    Merkwürdigerweise hatten die Jungen Lukos noch niemals gesehen. Er schien aus irgendwelchen Gründen sein Haus nicht zu verlassen.
    Eines Tages, als sie gerade Frühstückspause in der Schule machten, hatte Antonius kühn behauptet, daß Lukos sein Haus nicht verlasse, weil er keine Beine habe. Das hatte Publius geärgert, der sowieso ein Meckerer war und immer gerne widersprach, und er hatte eingewendet: „Dann kann er sich von seinen Sklaven tragen lassen." Worauf Antonius erklärt hatte: „Er hat keine Sklaven." Publius war wütend geworden und hatte gerufen: „Nun mach aber, daß du wegkommst! Lukos ist ungeheuer reich. Bei uns ist mal ein Konsul zu Besuch gewesen, der hat erzählt, daß Lukos mit seiner Hellseherei Millionen verdient. Alle Bonzen rennen zu ihm hin, weil sie durch seine Prophezeiungen viel Geld verdienen können. Sie zahlen ihm große Summen dafür. Er soll sogar schon die geheimsten Pläne des Kaisers erraten haben. Der Kaiser weiß da-von nichts, aber die Senatoren und Konsuln wissen es. Und da willst du mir einreden, daß Lukos keine Sklaven hat, wo doch jeder Millionär mindestens hundert Sklaven hat. Wir haben sogar zweihundert."
    „Wir haben noch viel mehr", hatte Antonius geschrien. „Wir haben allein zwei Sklaven nur für unsere Goldfische. Lukos hat aber keine Sklaven, das hat mein Vater mir gesagt, und der weiß das besser als dein Konsul. Hast du schon jemals einen Sklaven aus Lukos' Haus rauskommen sehen, he?"
    „Nein, komisch —", hatte Publius verdutzt zugeben müssen, und Antonius hatte triumphierend gesagt: „Siehst du! Es kommen keine raus, weil keine drin sind."
    Flavius, der andächtig zugehört hatte, hatte gefragt: „Aber wer holt ihm was zu essen?" „Niemand", hatte Antonius gesagt. „Wenn er Hunger kriegt, zaubert er sich einfach den schönsten Braten."
    Das war Mucius zu dumm geworden, und er hatte gesagt: „Lächerlich. Kein Mensch kann sich etwas zu essen zaubern. Lukos geht wahrscheinlich immer nachts aus und holt sich was."
    „Ohne Beine?" hatte Caius erstaunt ausgerufen. Und darüber hatten sie alle sehr gelacht.
    Aber diese Unterhaltung hatte vor mehreren Wochen stattgefunden. Augenblicklich waren die Jungen weniger gut gelaunt. Sie warteten ungeduldig auf Xantippus, und Antonius hatte sie mit seinem dummen Verdacht, daß Xantippus vielleicht ermordet worden sei, auch noch ängstlich gemacht.
    Mucius schaute Antonius streng an und fragte mißtrauisch: „Wie bist du darauf gekommen, daß gerade Lukos Xantippus ermordet haben soll?"
    „Oh, das ist ganz einfach", sagte Antonius eifrig. „Lukos hat eine große Wut auf die Xanthosschule, weil wir immer so 'n Krach machen. Das stört ihn beim Hellsehen."
    „Deswegen braucht er Xantippus nicht gleich umzubringen", warf Julius ein.
    „Er hat ihn auch nicht ermordet", sagte Antonius. „Er hat ihn in ein Schwein verzaubert, was dasselbe ist."
    „Oho!" riefen die andern, und Julius sagte: „Wenn Xantippus in ein Schwein verwandelt worden ist, müßten wir ihn nebenan grunzen hören."
    „Er hat ihn in ein stummes Schwein verwandelt", sagte Antonius.
    „Stumme Schweine gibt's nicht", widersprach Julius.
    Nun fingen sie an, sich zu zanken, ob es stumme Schweine gebe oder nicht, und Publius setzte sich auf, weil ihn das Problem interessierte. Dabei fiel sein Blick auf die Wand hinter Xantippus' Pult, und er rief erstaunt: „Die Schreibtafel ist weg!"
    Die andern verstanden zuerst nicht, was er meinte, aber dann erinnerten sie sich an die Schreibtafel, auf die Rufus CAIUS IST EIN DUMMKOPF geschrieben hatte. Sie war verschwunden, und sie überlegten, wo sie geblieben sein könnte.
    Mucius meinte, Xantippus habe sie wahrscheinlich weggeworfen, weil er sich so über sie geärgert hatte.
    Dodh Julius sagte: „Er hat sie bestimmt aufgehoben, um sie Rufus' Mutter zu zeigen, als Beweis dafür, daß Rufus an der Prügelei mit Caius schuld ist."
    „Das stimmt", pflichtete Antonius ihm bei. „So ein berühmter Mathematiker wie Xantippus tut nichts ohne Beweise."
    „Der arme Rufus", sagte Flavius seufzend, und eine Weile herrschte Schweigen. Draußen war es inzwischen heller geworden, aber es war noch immer lange hin bis zum Sonnenaufgang, und
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